You are mine!

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"Wie hat es dir gefallen, Lena?" "Sehr gut! Wirklich sehr gut, Hannibal..." Nach dem Opernbesuch waren Hannibal und ich auf dem Weg nach Hause. Ich hakte mich bei ihm unter und drückte mich an ihn. Wie sehr ich das doch vermisst hatte in den letzten achtzehn Jahren!
Er flüsterte mir ins Ohr: "Hast du überhaupt etwas von der Aufführung mitbekommen?" Ich sah in sein lächelndes Gesicht und spürte, wie mir die Röte in die Wangen kroch: "Nun ja... Eher teilweise... Ich war etwas, sagen wir, abgelenkt..." Sein Grinsen wurde noch breiter. Ich fügte hastig hinzu: "Ich habe aber schon mehr mitbekommen als damals!" "Na ja, immerhin. Damals warst du wirklich etwas abgelenkt, das tut mir leid..." Plötzlich zog ich ihn an mich und grinste: "Du Lügner! Das tut dir in keinster Weise leid!" "Woher weißt du das?" "Hannibal, du hast mich lange genug ausgebildet. Ich merke es, wenn man mich anlügt..." Er lächelte: "Kluges Mädchen." Dann senkte er sein Haupt zu mir herunter. Meine Hand wanderte zu seinem Stiernacken und zog ihn noch etwas weiter zu mir herunter. Es war mein sehnlichster Wunsch gewesen, dass alles so kommen würde! Sowohl Hannibal als auch Philip waren bei mir beiden ging es gut - was wollte ich mehr?
Plötzlich hörte ich zwei Stimmen: "Komm mit...", murmelte ich und zog Hannibal in eine kleine Gasse. Er sah mich fragend an, doch ich legte ihm den Zeigefinger auf die Lippen: "Ich höre Philip...", murmelte ich und er verstand. Wir sahen vorsichtig um die Ecke. Dort liefen gerade Philip und eine junge Dame in Philips Alter nebeneinander her und unterhielten sich angeregt: "... Und wie ist es so in New England?", fragte das Mädchen. "Auf jeden Fall ist es dort nicht so interessant wie hier..." Philips Augen funkelten, als er sie ansah. Ich musste ein Kichern unterdrücken. Scheinbar hatte mein Sohn bereits jetzt ein hehres Interesse an seiner Begleitung: "Jetzt sieh dir das mal an...", murmelte ich zu Hannibal. Er nickte: "Das ist die Tochter eines guten Freundes von mir. Ein reizendes Mädchen! Sehr höflich! Ich denke, sie würde sehr gut zu Philip passen..." Ich sah, wie sich die beiden an den Brunnen lehnten. Philip wirkte leicht schüchtern, nur sehr zaghaft und äußerst langsam schob er seine Hand näher zu ihrer. Instinktiv griff ich nach Hannibals Hand. Endlich fand Philips Finger hauchzart den Handrücken der Dame und er strich einmal kurz darüber. Dann räusperte er sich: "Nun denn... Ich denke, ich habe Ihre wertvolle Zeit nun lange genug für mich beansprucht... Vielleicht können wir dies ja beizeiten einmal wiederholen, was denken Sie?" "Ich würde mich sehr freuen, Signõre Fell." Ich neigte leicht den Kopf zur Seite, als Philip ihre Hand kurz zu seinem Mund führte: "Wunderbar. Dann wünsche ich Ihnen noch einen schönen Abend, Chiara de Sevilla..." "Ebenso, Anthony Fell... Auf ein baldiges Wiedersehen." Sie drehte sich um und ging davon. Philip sah ihr noch einen Moment hinterher und wirkte leicht verträumt, dann drehte er sich um und schlenderte in entgegengesetzter Richtung davon. Hannibal wollte ihm hinterher gehen, doch ich hielt ihn geschickt zurück: "Nein, Hannibal. Lass ihn... Er weiß genau, was er tut..." Hannibals rechte Augenbraue zuckte kurz, dann drückte ich ihn stürmisch gegen die Häuserwand: "Lena, was...?", setzte er an, dann küsste ich ihn. Sein Zeigefinger glitt langsam über meinen Rücken und meine Nackenhaare stellten sich auf, als ich ihn ganz leise fragte: "Was machst du nur mit mir?" Er grinste: "Was ist denn los, Lena? Wirst du etwa schon wieder unvernünftig?" Erneut spürte ich, dass ich rot wurde und Hannibal nickte: "Ich denke, wir sollten langsam nach Hause gehen... Was meinst du?" Er zwinkerte mir zu. Ich nickte ebenfalls: "Planen Sie schon wieder etwas, Doktor?", fragte ich spielerisch. Er küsste mich und murmelte: "Komm mit und du wirst es schon bald erfahren..." Paralysiert von seinen Worten ergriff ich erneut seine Hand und lies mich von ihm nach Hause führen...
Er glitt von mir, drehte sich auf die Seite, stützte sich mit dem linken Arm auf dem Kissen ab und grinste mich an. Keuchend rang ich um Fassung, versuchte mich zu sammeln: "Hannibal...", fing ich an. Doch mehr konnte ich nicht sagen. Er beugte sich zu mir herüber und küsste mich zärtlich, dann rutschte ich näher an ihn heran und nahm seine Wärme und seinen Duft tief in mir auf, während er die Decke über uns zog: "Bereust du irgendetwas?", fragte er leise. Diese Frage hatte ich mir sehr oft gestellt. Ich vergrub meine Nase an seiner Brust und lachte leise, weil mich sein Brusthaar kitzelte. Dann wurde ich ernst: "Nein, Hannibal. Ich bereue gar nichts. Ich bin überglücklich." Er legte seinen Arm um mich. Dann schwieg er. Sein Finger glitt immer wieder rhythmisch über meine Schulter. Ich flüsterte leise: "Ich danke dir, Hannibal..." "Wofür?" "Für alles. Für meine Ausbildung, deine Nähe - Und allen voran Philip..." Ich schloss die Augen und das letzte, was ich hörte, war sein leises Flüstern: "Ich liebe dich, Lena. Ich möchte dich bitten, eine Sache niemals zu vergessen." "Und die wäre?" Er drückte sanft seine Lippen auf meine Schläfe und hauchte mir ins Ohr: "Du gehörst nur mir! Mir ganz allein! Du bist mein!" ...

Früher. Früher war alles anders. Wie oft haben wir das schon gehört? Oft genug. Aber es ist nun einmal so. Früher war alles anders. Früher war ich anders. Aber heute, da habe ich mich verändert. Ich hatte mir ein Ziel gesetzt. Ich wollte, dass Hannibal stolz auf mich war und Philip mir eines Tages meinen Fehler verzeihen konnte. Dafür hatte ich sämtliches auf mich genommen, was in meiner Macht stand. Und nun lag ich hier, neben dem Mann, der mir all dies hier ermöglicht hatte. Ich war Hannibal so dankbar! Ich wollte für immer bei ihm bleiben! Er hatte recht: Ich war voll und ganz sein! Und das würde sich nie wieder ändern!
Früher. Früher war alles anders. Da war ich eine andere Lena, mit komplett anderen Moralvorstellungen und einem komplett anderen Wesen. Aber wann genau hatte ich mich eigentlich verändert?

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