Facetten

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Clove POV:

Überfordert wische ich mir mit der Hand über das Gesicht. Die Sonne verschwindet langsam und nimmt ihre wärmenden, tröstenden Strahlen mit. Alles ist still. Das Einzige, dass ich höre ist mein pochendes Herz und das leise Ein- und ausatmen von mir. Mein Kopf ist noch ganz vernebelt und fühlt sich schwer und träge an. Die stickige Luft regt nicht gerade zum Denken an. 

Und jetzt? Was kommt jetzt? Was kann man bitte nach einem indirekten Liebesgeständnis schon großartig tun?

Plötzlich spüre ich Wut in mir aufsteigen. Nie hat es Zuhause auch nur die geringsten Anzeichen für Gefühle seinerseits gegeben und jetzt, wo klar ist, dass es einer von uns oder keiner von uns schafft fängt er an Klartext zu reden. Wahnsinn.

Vor allem weis ich immer noch nicht ob es überhaupt der Wahrheit entspricht. Ich meine, dass was er gesagt hat klang so ehrlich und aufrichtig, kann jemand so gut lügen?

 Vielleicht, vielleicht auch nicht. Ich weis es nicht. Ich weis vieles nicht was Cato angeht. Woher denn auch? Er hat mich ja gehasst. Oder?

Fragen über Fragen und keine einzige Lösung. Ich atme tief ein und keuche auf. Ein stechender Schmerz durchzuckt mich.

Langsam ziehe ich mein Oberteil nach oben und mustere meinen Bauch. Er ist voller Blutergüsse in allen erdenklichen Farben. Ich verziehe das Gesicht.

Da wären wir auch schon bei der nächsten Frage. Was hat Minho gegen mich? Ist es wirklich nur wegen dem Mädchen?

Stöhnend lasse ich mich wieder zurück auf die Matratze fallen und presse mein Gesicht ins Kissen.

Für einen kurzen Moment bleibe ich regungslos liegen und denke nach.

Ich habe jetzt mehrere Optionen:

1. in Selbstmitleid zu versinken, was im Moment mein absoluter Favorit wäre,

2. nach draußen gehen und herausfinden was Cato vorhat,

3. trainieren, was ich aber ganz sicher nicht tun werde,

4. mich mit dem extravaganten Essen des Kapitols vollzustopfen bis ich platze,

5. oder mich umsehen und nach Verbündeten suchen.

Ich presse die Lippen zusammen. Dann stehe ich langsam auf. Ich setze einen Fuß vor den anderen, immer weiter bis ich schließlich an der Zimmertür angelange. Meine Hand legt sich um den Türgriff, wodurch die Türe sofort geräuschlos aufschwingt.

Wenn ich daran denke, dass das vielleicht eines der letzten Male sein könnte, in denen ich durch eine Tür oder sonst was trete wird mir schlecht. Je näher die Hungerspiele rücken, desto mehr sitzt mir die Angst im Nacken und verfolgt jeden meiner Schritte.

Aus dem Augenwinkel nehme ich Giselle wahr, die sich vor dem Spiegel gerade ihre eisblaue Perücke zurechtschiebt. Sie musste nie mit dem Bewusstsein leben, dass es noch eine andere Welt gibt, in der Tod herrscht, obwohl sie doch irgendwie allgegenwärtig ist.

Nachdenklich schüttele ich den Kopf und verlasse das Apartment. Meine Schritte hallen im Gang umher, meine Schuhe geben quietschende Geräusche auf dem Marmor wieder. Wie konnte es wohl so weit kommen. Sogar meine anfängliche Euphorie und das Selbstbewusstsein sind weg. Einfach so. Wenn ich so drüber nachdenke kann ich sagen... meine ganze Persönlichkeit hat sich mit einem Schlag verändert.

Ich beschleunige meine Schritte. Ich brauche die Bewegung einfach. Die Treppenstufen sprinte ich fast schon herunter. Immer weiter, immer schneller. Meine Atmung beschleunigt sich, mein Puls steigt. Ich lasse die Marmorgänge hinter mir und komme ins Freie.

Die Tribute von Panem (Die Geschichte von Cato und Clove)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt