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Ich stehe im Türrahmen meiner kleinen Wohnung, die ohne Leo noch kleiner wirkt. Eigentlich müsste ich hier raus, ausziehen, aber leider geht das nicht. Von welchem Geld? Also muss ich wohl meinen Schmerz tief in mein Herz bohren. Ich muss lernen, dass er nie wieder kommt. Normalerweise dürfte ich darüber nicht einmal nachdenken...

„Leo, warum musste das passieren? Du warst alles in meinem Leben, mein Halt, meine Stütze. Und nun habe ich nichts mehr. Alles was mir geblieben ist, ist dieses Bild, was ich damals von dir gemalt habe. Aber das ist zu wenig. Genug wäre es, wenn du hier wärst. Ich kann nicht ohne dich. Ich bin alleine. Ich habe wirklich keinen Menschen auf dieser Welt. Seb denkt auch ich wäre hinterlistig und verlogen. Wo er Recht hat, hat er Recht. Ich bin ein schlechter Mensch. Aber ohne dich bin ich noch schlechter dran. Ich habe niemanden mehr zum reden. Wenn ich nicht eingehe, ist das ein Wunder. Ich darf nicht an dich denken, dann muss das klappen. Schlaf gut, Leo.", murmle ich unter Tränen.

Ich wische sie weg und sehe das Portrait über meinem Bett an. Diese Stelle hat er für dieses Bild ausgewählt. Als ob er wollte, dass er mich immer beim Schlafen beobachten und beschützen kann. Als hätte Leo gewusst, dass das geschehen wird. Er hat mich damals dazu gedrängt.

Ich atme einmal tief ein und öffne meinen Kühlschrank. Mit Bedauern stelle ich fest, dass nichts mehr darin ist. Traurig schlurfe ich in mein Schlafzimmer, um meinen Geldbeutel zu holen. Ich muss nun leider Essen kaufen. Was ein Glück habe ich, dass meine „Eltern" wenigstens noch monatlich Geld für mich überweisen. Als Student bist du ein armer Schlucker.

Meine Wohnung verlasse ich somit und gehe zum Supermarkt. Ich hoffe innig, dass ich keinem begegne, der mich kennt. So wie ich aussehe, könnte man mich auch mit einer Leiche verwechseln. Meine Augenringe sind riesig und generell sind meine Augen vom ganzen Weinen angeschwollen. Generell bin ich schlapp und müde. Das Ganze muss ich einfach schnell hinter mich bringen, dann wird das schon, hoffentlich.

Als ich vor dem ersten Regal stehe, greife ich nach den ersten Lebensmitteln. Ausgerechnet jetzt ist das was ich haben will ganz unten einsortiert. Ich bücke mich und sehe im nächsten Moment Schuhe, die mir bekannt vorkommen. Schnell springe ich hoch, in der Hand das Essen und will weggehen.

„Katha?", höre ich seine Stimme klar und deutlich. Er spricht ernst, klar, wütend. Sofort sammeln sich Tränen in meinen Augen, also antworte ich nichts und gehe einfach weiter. Doch falsch gedacht. Er ist schneller und joggt an mir vorbei, um mich am Weiterlaufen zu hindern. Ich kann ihn nicht so ansehen, nicht das er denkt, dass ich wegen ihm weine. Ich würde niemals für ihn eine Träne verlieren! Seine Hand hält mich fest und ich bleibe stehen und beiße auf meine Lippe. Showtime.

„Was?", sage ich stark, so stark wie es nur geht. Als er mein verheultes Gesicht sieht, lässt er mich los. Er sieht sichtlich geschockt aus.

„Geht es dir nicht gut?"

Nein, weißt du ich weine einfach so gerne mal. Ist mein Hobby.

Ich schniefe einmal und sehe nur weg.

„Ich muss gehen."

„Nein, warte. Ist es wegen mir?"

Nein, Mister. Es dreht sich nicht immer alles um dich.

„Nein.", sage ich klar und deutlich und gehe zur Kasse, bezahle und verschwinde von hier. Warum muss ich ihm auch immer hier begegnen?

Er ist sauer auf mich, das hat seine Reaktion gezeigt. Aber als er mich gesehen hat, war er ganz anders. Soll er halt denken was er will.

~

„Guten Appetit." Stille. Ohrenbetäubende Stille. Drei Tage sind vergangen. Drei Tage, in denen nichts geschehen ist. Ich bin immer in meiner Wohnung, gehe nicht raus. Ich bewege mich kaum. Mein Lieblingsort? Mein Bett. Was ich mache, ist in meinen Tagträumen zu versinken, in denen ich nicht alleine bin und Leo noch neben mir liegen würde.

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