Kapitel 34 - Schmerzhafte Erinnerungen

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Savenna's Sicht (nächster Morgen, halb 10)

Mein Wecker klingelte, doch ich reagierte nicht sofort. Ich war noch so müde. Normalerweise stand ich erst um elf Uhr oder um halb zwölf auf. Den Wecker schien das aber nicht zu beeindrucken. Im Gegenteil. Er wurde nur noch lauter und begann schriller und in kürzeren Abständen zu piepsen.

Genervt schlug ich in Richtung Wecker, doch ich traf mein Wasserglas und der gesamte Inhalt übergoss sich auf meinem ganzen Nachttisch und tropfte auf den Fußboden. Na super! Der Tag fing ja gut an. Naja, etwas gutes hatte die kleine Überschwemmung aber; mein Wecker war, dank dem Wasser, endlich aus. Er war jetzt zwar kaputt, aber ich konnte mir ja einen neuen besorgen.

Während ich das Wasser aufwischte, was dank dem Holzboden in meinem Zimmer sehr leicht war, fiel mein Blick auf eine Vase mit Rosen die gegenüber auf einem Regal stand und schlagartig viel mir wieder ein, warum ich so früh aufgestanden war. Heute war es wieder soweit. Heute vor 12 Jahren war es geschehen. 12 Jahre ohne sie.

Das Handtuch viel mir aus der Hand und ich schloss die Augen. Ich wünschte, ich wäre noch drei Jahre alt. Damals war alles noch so einfach. Wir lebten, mehr oder weniger, glücklich zusammen in München, mit vielen gleichaltrigen Kindern in unserer Straße. Mein Bruder und ich spielten oft in unserem Garten oder mit den anderen auf dem Feld in der Nähe von unserer Villa. Alles war so friedlich und harmonisch. Ich konnte mir nicht vorstellen, jemals anders zu leben. Doch es ging, wie ich ein Jahr später feststellen musste, aber es war grausam. Wie ein Albtraum, in dem man gefangen war und nicht mehr aufwachen konnte. So lebte ich seit 12 Jahren und es war schrecklich. Ich wollte meine alte Familie wieder!

Tränen schossen mir in die Augen, als ich wieder daran dachte. Es war der schlimmste Tag meines Lebens gewesen. Nein, die schlimmste Woche meines Lebens. Ich erinnerte mich nur teilweise daran, doch diese Erinnerungen reichten aus, um mir heute noch Albträume zuzufügen.
Ich sah ihn neben mir liegen, tot und ich sah sie vor mir liegen, ebenfalls tot. Und ich hörte die Schreie meines Bruders:"Venni, bleib hier! Geh da nicht rein!"

Das war zu viel für mich. Ich setzte mich auf mein Bett und begann zu heulen. Ich konnte mich gar nicht mehr an sie erinnern. Wenn ich die Albträume hatte sah ich nur schemenhafte Gestalten. In München und Berlin hingen Bilder von ihnen, aber sie sahen mir gar nicht ähnlich was mich an manchen Tagen sehr traurig machte. Mein Bruder hatte mir manchmal Geschichten von früher erzählt, schöne, und traurige.

Ich hatte unseren Butler und meine Bodyguards früher oft gefragt aber Bernd hatte gemeint ich sollte nicht in der Vergangenheit leben, sondern im Hier und Jetzt. Das war zwar nett von ihm aber viel mehr erfuhr ich auch nicht über sie. Phillip und Lukas redeten nicht oft mit mir, da mein Bruder meinte, dass sie nur da waren, um mich zu 'beschützen'. Was ich aber für totalen Unsinn hielt. Außerdem waren sie zu diesem Zeitpunkt noch nicht da gewesen; genauso wie Bernd, doch er war schon immer ein Freund der Familie gewesen. Das alles begriff ich aber erst viel später.

Wenn mein Bruder auf irgendwelchen Fußballspielen war, fühlte ich mich oft sehr einsam. Freunde durfte ich auch nicht zu mir einladen, da keiner wissen sollte, dass ich Mario Götzes kleine Schwester war. Sie wollten mir das Leben so normal wie möglich machen. Pff. Normal. Ein Leben ohne sie, mit einem berühmten Bruder der sogut wie nie da war und einem Butler, einem Chauffeur, Bodyguards, Köchen... war alles andere als normal.

Ich wünschte mir schon immer eine ganz normale Familie die immer für mich da war und... Oh mein Gott ich vermisste meine alte Familie so!

Ich wusste nicht, wie lange ich geweint hatte, ich wusste nur, dass es lang war. Als ich mich wieder einigermaßen beruhigt hatte, ging ich in mein Bad, das an meinem Zimmer angrenzte und wusch mir erstmal gründlich das Gesicht und zog mich an. Dann nahm ich die Blumen in die Hand und ging langsam die Treppe hinunter, bis ich in dem Flur ankam, der zum Wohnzimmer führte. Ich stellte die Blumenvase ab, atmete noch einmal tief ein und aus und drückte dann die Türklinke herunter.

Als ich das Esszimmer betrat, saßen sie schon alle am Esstisch und frühstückten. Miro war auch noch da und saß neben Mia. Wahrscheinlich hatte er hier übernachtet, da die beiden erst spät vom Imagine Dragons Konzert zurück gekommen waren.

"Morgen Venni", begrüßte mich Sophie, "Gut geschlafen?" Ich schluckte. Am liebsten hätte ich 'Nein' gesagt, doch dann müsste ich erklären warum und darauf hatte ich wirklich keine Lust. Also nickte ich kurz, während ich auf meinen Bruder zuging, der zwischen Sarah und Sandy am Tischende saß. "Ich gehe Mum und Dad besuchen", sagte ich so leise wie möglich, doch trotzdem hatte Mia es gehört und fragte natürlich sofort:"Wo sind eigentlich eure Eltern? Ich meine, wieso wohne sie nicht bei euch? Du bist ja noch minderjährig, Venni. Ist das überhaupt erlaubt?"

Alle Gespräche am Tisch hatten aufgehört und alle schauten Mario und mich an. Wahrscheinlich hatten sie sich das alle hier auch schon mehrmals gefragt, hatten aber Angst, es auszusprechen. Meine Unterlippe begann zu zittern und ich krallte mich an der Tischkante fest um nicht umzufallen. Ich merkte, wie sich meine Augen erneut mit Tränen füllten und rannte aus dem Zimmer. Ich hatte gewusst, das diese Frage irgendwann kommen würde. Sie war immer gekommen, doch darauf vorbereitet, war ich dennoch nicht. Ich wollte nur noch weg von hier!

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