Am Morgen des 10. Julis warf Charlotte wie jeden Morgen seit dem Einsatzbeginns ihres Mannes einen Blick in den Briefkasten ihres alten Zuhauses. Luis würde schließlich an diese Adresse schreiben. Als sie die Klappe des alten Metallkastens an diesem Morgen öffnete, übertönte ihr rasender Herzschlag jeden einzelnen der milliarden Gedanken, die sich sofort in ihrem Kopf überschlugen.
Sie hatte Post.Sehr geehrte Frau Charlotte Hoffmann,
Mein Name ist Manuel Klinger,
Bevor Sie sich darüber wundern, dass Ihnen dieser Name nichts sagt; Wir sind uns nie begegnet.
Als Soldat wurde ich aussortiert, nun arbeite ich in der Zensur. Es ist meine Aufgabe die Feldpost nach ungewünschten Inhalten zu durchsuchen. Ich halte Ausschau nach den sogenannten Jammerbriefen.
Die Briefe, die Sie an Ihren Ehemann, Luis Hoffmann, geschrieben haben, habe alle ich erhalten. Leider sind die meisten davon in die Kategorie der unerwünschten Feldpost einzuordnen.Aus diesem Grund ist es mir leider nicht gestattet auch nur einen Brief an die Kasernen weiter zu schicken. Persönliche Sorgen und Nöte sollen nicht ausgeführt werden, dafür sollen die Soldaten vielmehr durch heitere aufmunternde Briefe in ihrem Mut bekräftigt werden.
Desweiteren ist die Gefahr, dass die Briefe in die Hände unserer Feinde kommen könnten bei Gefangennahme eines Soldaten sehr hoch. Diese würden sich daraus einen taktischen Vorteil machen.Eigentlich sollte ich Ihnen anbei Ihre Jammerbriefe schicken und Sie bitten darauf zu achten, nur noch aufbauende Briefe zu schreiben.
Aber das werde ich nicht tun.
Die vielen Briefe, die Sie an Ihren Mann adressiert hatten, sind nicht in einer Sammlung auf meinem Schreibtisch aufgetaucht. Ich muss zugeben, dass Ihre Geschichte mich lange beschäftigt hat, deshalb habe ich lange über diesen Regelverstoß nachdenken müssen.Seien Sie sich meiner Anteilnahme an den Dramatiken in Ihrer Familie und dem Verlust Ihrer Tochter gewiss. Ich habe mich letztendlich dazu entschieden meine Pflichten, was Ihren Fall betrifft, ein wenig zu verändern. Ich hoffe auf Diskretion Ihrerseits.
Vor ein paar Tagen habe ich einem Bekannten, der für die Verteilung der Soldaten mit verantwortlich ist, eine Nachricht schicken lassen. Er wird sich danach erkundigen, wo Ihr Mann sich derzeit aufhält. Darüber kann ich Ihnen in diesem Brief leider noch keine Auskunft geben, ich hoffe, dass ich Ihnen dann damit wenigstens etwas helfen kann.
Auch wenn es womöglich nicht nötig wäre es auszuführen: Dieser Brief ist weder offiziel noch in seiner Funktion in meinen Arbeitsbereich fallend. Ich bitte Sie ihn vertraulich zu behandeln! Lassen Sie mich dieses Schreiben nicht bereuen!
Auf bald mit hoffentlich guten Neuigkeiten,
Manuel Klinger
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Briefe an die Front
Historical Fiction"Dieser Krieg hat schon lange aufgehört nur das Leben der Männer in den Schützengräben zu zerstören!" Charlotte führte ein glückliches Leben. Ein bescheidenes, aber ein glückliches. Sie, ihr Mann Luis und ihre drei Kinder schafften es gerade so über...