Der letzte Brief

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Sehr geehrte Frau Hoffmann,

Es kommt nicht oft vor, dass ich mich persönlich eingebunden fühle. Um ehrlich zu bleiben, ist es das noch nie. Aus diesem Grund habe ich, wie angekündigt, durch Eigeninitiative und ein paar guter, verlässlicher Kameraden den Aufenthaltsort ihres Mannes gesucht.

Ich bitte Sie, falls Sie das noch nicht tun, Platz zu nehmen. Ich habe nichts erfreuliches herausfinden können.

Zu meinem und Ihrem Bedauern, habe ich nur erschütternde Antworten gefunden.

Ihr Ehemann, der Soldat Luis Hoffmann, verstarb bei einem mehrtägigen Angriff unserer Feinde, irgendwann im Zwischenraum von zwölften bis fünfzehnten April 1917.

Ich erspare Ihnen den mühsamen Weg, den ich hinter mich legen musste, um genaueres zu erfahren.
Laut einem überlebenden und verlässlichen Leutnant befand sich Ihr Ehemann auf einem der Transportwagen, als der Angriff begonnen hatte. Während einer Feuerpause sollte die Kompanie Ihres Mannes mit den Transportern schnell in Frontnähe gebracht werden, um dort unsere Kameraden zu unterstützen und unser Land zu verteidigen.

Die Wagen wurden bombadiert von Fliegern. Es gab kein Anzeichen für das Erscheinen der Flieger und keine Möglichkeit die Soldaten zu retten.

Ich weiß ehrlich nicht, was ich noch hinzufügen kann, außer mein herzliches Beileid. Es tut mir aufrichtig leid, dass auch der Vater Ihrer Kinder in diesem immer blutrünstigerem Krieg gefallen ist. Ich vermeide den Begriff Kriegsheld, denn für mich gibt es im Krieg keine Helden. Verzeihen Sie diese Ansicht, wenn Sie sie unangebracht finden. Nichts kann Ihren Verlust aufwiegen. Aber vielleicht hilft es Ihnen die Wahrheit über den zum Glück schnellen Tod Ihres Mannes zu kennen. Viele mussten schlimmer leiden.

Seien Sie sich meiner Anteinahme und der meiner Kameraden gewiss,

Manuel Klinger

Briefe an die FrontWo Geschichten leben. Entdecke jetzt