Es gab zwei unterschiedliche Arten von Mädchen an einem Valentinstag: Jene, welche bereits bis über beide Ohren verliebt waren und mit ihrem Partner von einer romantischen Aktion in die nächste schlenderten. Und jene, welche spätestens nach Valentinstag eben dies erleben würden.
Und dann gab es da noch mich. Eine Person, welche es zwar bis zum Punkt des Dates geschafft, aber den Rest vollkommen in den Sand gesetzt hatte. Wobei: Wenn man es genau nahm, gab es im Endeffekt nicht einmal was in den Sand zu setzen, denn meine Verabredung war nicht aufgetaucht und hatte es auch nicht für nötig gehalten mir wenigstens kurz per Textnachricht abzusagen.
Ich hatte zwei Stunden damit verbracht mein Outfit auszuwählen, zu überlegen, welches Make-Up und welche Frisur ich tragen würde. Und das alles nur dafür, dass ich über eine Stunde auf der nahegelegenen Bank vor dem Kino in der Kälte gewartet hatte. Doch was hatte ich bei meinem Glück auch erwartet. Männer und ich, das war so eine Sache die nicht recht zusammenpassen wollte. Ich hatte aufgehört die sich anhäufenden Reinfälle zu zählen.
Resigniert seufzend schloss ich die Haustüre der kleinen Wohnung hinter mir und lehnte mich für einen kurzen Moment mit geschlossenen Augen an das Material hinter mir an, den Kopf gegen die Tür gestützt. Unterdessen streifte ich mir die Absatzschuhe von den Füßen. Ich machte mir nicht einmal die Mühe sie ordentlich nebeneinander zu stellen und den Eingangsbereich frei zu halten. Es würde ohnehin niemanden interessieren, wie es hier aussah.
Barfuß tapste ich hinüber in meinen Wohn- und Schlafbereich, streifte mir das lächerlich kitschige Kleid vom Körper und kuschelte mich in ein ausgeleiertes Clubshirt aus meiner Zeit in der Oberschule und eine verwaschene Jogginghose, steckte mir die Haare unordentlich hoch, kratzte mir das Make-Up von der Haut. Auch hier würde es niemanden interessieren, wie ich herumlaufen würde.
Ich war ohnehin mehr der Jeans-und-T-Shirt-Typ und fragte mich jedes Mal auf ein Neues, warum ich versuchte mich zu verbiegen. Das nächste Mal würde ich einfach in Turnschuhen aufkreuzen. Falls es denn überhaupt ein nächstes Mal geben würde. Im Moment war mir nämlich definitiv nicht danach.
In meinem Kühlschrank begrüßte mich gähnende Leere. Lediglich eine angebrochene Packung Vanilleeis und ein Naturjoghurt reihten sich neben zwei Flaschen Salatsauce. Erneut entwich ein Seufzen und ein genervtes Grunzen meine Lippen, als ich schließlich nach der Eispackung griff, mir einen Löffel aus der nahegelegenen Schublade schnappte und meinen Weg hinüber zu dem kleinen Balkon bestritt.
Die Wohnung war so klein, das man sich an jeder Ecke anstieß, lag im 7. Stock ohne Aufzug und wies auch ansonsten eher weniger gute Punkte auf. Allerdings war sie günstig und so ziemlich das einzige, was ich mir von meinem kleinen Lohn meines Halbtagsjobs neben der Uni leisten konnte. Und sie hatte einen Balkon. Zwar konnte man ihn im Sommer kaum bis gar nicht benutzen, da die Sonne dort fast den gesamten Tag über erbarmungslos brannte und im Herbst war man selten vor Regenschauern geschützt, aber an Tagen wie diesen war ich mehr als froh darum. Ich warf mir meine Winterjacke und eine Wolldecke um und trat hinaus in den winterlichen Februarabend. An das Geländer gelehnt ließ ich meinen Blick über die nächtlichen Lichter unter mir schweifen, spürte, wie der kühle Wind über meine Haut strich und dafür sorgte, dass mein Atem in kleinen Wölkchen in den Himmel stieg. Immer mal wieder steckte ich mir einen Löffel Eis zwischen die Lippen und klopfte kurz darauf mit dem Löffel nachdenklich an das Metall vor mir.
Plötzlich ertönte das Rattern einer zweiten Tür neben mir und aus den Augenwinkeln sah ich eine Gestalt auf den Balkon neben mir treten, machte mir allerdings nicht die Mühe aufzusehen oder irgendeine Reaktion zu zeigen und löffelte stattdessen weiterhin Eiscreme.
„Na so was, (l/n), bist du's?", erkundigte sich Terushima und zog fragend seine Augenbrauen in die Höhe, während er näher an das Geländer seines Balkons herantrat.
„Nein. Ein Einbrecher, der gerne auf anderer Leute Balkone Eis isst, welches er zuvor aus Kühlschränken in Kaufhäusern erbeutet hat", gab ich sarkastisch zurück und schnalzte mit der Zunge. Von allen Personen dieser Welt hätte ich am ehesten auf Terushima verzichten können, seines Zeichens mein nerviger Nachbar seit mehr als einem Jahr und dummerweise auch im selben Departement der Universität wie ich es war. Er war so ziemlich alles, was ich nicht mochte: Kindlich, laut, nahm nichts ernst und war verdammt hartnäckig, was ihn wiederum noch nerviger und anstrengender machte.
Aber irgendwie hatten wir uns dennoch angefreundet und ich erkannte alsbald, dass er eigentlich gar kein so schlechter Kerl war.
„Hui, kein Grund so angespannt zu sein", erwiderte er und hob abwehrend beide Hände in die Höhe, das typische Grinsen allerdings nicht einstellend.
Eigentlich.
„Dumme Fragen bekommen eben dumme Antworten."
„Meine Güte, (l/n). Was bist du denn so schlecht gelaunt, das macht ja überhaupt kein bisschen Spaß."
„Ich bin nicht schlecht gelaunt. Ich will bloß in Ruhe mein Eis essen und Valentinstag verfluchen", murrte ich zurück und stopfte mir demonstrativ eine weitere Ladung in den Mund, während ich gespielt liebkosend die Verpackung tätschelte. Offenbar schien es nun auch Terushima verstanden zu haben, dass mir nicht nach herumalbern zu Mute war. Stattdessen machte er sich daran über beide Geländer zu klettern, was recht abenteuerlich aussah, bis er schließlich mit einem Schwung auf meiner Seite angekommen war. Ich zog skeptisch die Augenbrauen in die Höhe, als ich ihn bei seinem Stunt beobachtete.
„Was wird das?"
„Na was wohl? Ich muntere dich wieder in bisschen auf", gab er wie selbstverständlich zurück und schnappte sich vor meiner Nase meinen beladenen Löffel, um ihn genüsslich selbst zu verspeisen.
„Teru, dir ist schon klar, dass du es nicht besser machst, indem du mir mein Eis weg futterst."
„Ist ja gut. Du kannst ganz schön unheimlich sein, wenns um dein Essen geht", schmollte er, nachdem er meinen strafenden Seitenblick wahrgenommen hatte. Doch, statt mir den Löffel wieder zurückzugeben, hielt er ihn erneut voll beladen vor meine Nase und mimte ein „Ah". Verwundert kräuselte sich meine Stirn, als ich zuerst ihn, dann den Löffel und schließlich wieder ihn ansah. Erst nachdem er das dritte mal wie bei einem kleinen Kind mit dem Löffel vor meinen Lippen herumgekreist war und in überspitzter Stimme „Ahhh" summte, gab ich nach, damit er endlich Ruhe gab.
„Besser?"
„Halb", erwiderte ich wahrheitsgemäß, wobei ich die nun geleerte Packung verschloss und vorsichtig neben mich auf das kleine Tischchen abstellte.
Entspannt lehnte der Blonde sich mit dem Rücken an das Geländer, die Arme lässig darauf abgestützt und musterte mich. „Wars denn so schlimm?"
Erneut seufzte ich resigniert, zuckte mit den Schultern und starrte nachdenklich hinab auf die Dächer der Siedlung. „Frag besser nicht. Er ist überhaupt nicht gekommen. Dabei war ich mir so sicher, dass es diesmal klappen würde."
Enttäuscht stemmte ich meinen Ellenbogen auf das Metall und stützte mein Kinn hinein. „Ich frage mich wirklich, was ich falsch mache..."
Erst, als es ein paar Augenblicke lang verdächtig ruhig neben mir wurde, hob ich den Blick und wandte meinen Kopf. Terushima lehnte nach wie vor auf seiner Position, bedachte mich allerdings mit einem ungewohnt ernsten und nachdenklichen Blick. Dann lehnte er sich leicht zu mir herüber. „Tu das nicht."
„Was?", hakte ich verwundert nach, wobei ein großes, überdimensionales Fragezeichen über mein Gesicht huschen musste.
„Du machst nichts falsch. Du bist die wunderbarste Person, die ich kenne. Deshalb sollte sich jeder Mann glücklich schätzen, der mit dir ein Date hat", erklärte er untypisch ruhig, keinerlei Spuren von Witz und Ironie auf seinem Gesicht. Ich spürte, wie mir das Blut angesichts dieser Worte in den Kopf schoss und wandte abrupt meinen Blick ab.
Schließlich brach der Blonde in Lachen aus und klopfte mir aufmunternd auf die Schultern, was mich verwirrt zusammenzucken ließ.
Konnte er sich eigentlich mal entscheiden? Er verwirrte mich. Wirklich.
„Siehst du, besser, oder? Vergiss den Typen und vergiss Valentinstag. Das macht doch ohnehin keinen Spaß", stellte er klar und drückte mich in einer halbherzigen Umarmung an sich.
„Ja. Da hast du wohl Recht", stimmte ich nach kurzem Zögern mit ein und lehnte meinen Kopf kurz auf seiner Schulter an, „Danke."
Mir entging nicht, dass er es diesmal war, der sich kurz versteifte und leicht rot wurde. Grinsend löste ich mich und steuerte auf meine Balkontür zu.
„Gute Nacht, Teru. Und fröhlichen Valentinstag."
Anmerkung der Autorin:
Ein kleines, verspätetes Geschichtchen zum Valentinstag. Ich bin ja nicht so der Valentinsmensch und verbringe den Tag eher entspannt, aber ich wollte es mir dennoch nicht nehmen lassen etwas kleines dazu zu schreiben. Auch, wenn es mehr Freundschaft als Romanze beinhaltet. ^^
(l/n) -> Nachname | (f/n) -> Vorname
Haikyuu!!: Haruichi Furudate
Reader: Du
Story: Meins
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Haikyuu!! - To Go [OS Sammlung]
Fanfiction»Einmal Fanfiction zum Mitnehmen, bitte!« [Reader Insert] [OS-Sammlung]