„Verdammt!"
Erschrocken wandten sich einige der umstehenden Personen um und starrten mich an, was mich gleich darauf meinen kleinen Ausbruch bereuen ließ. Beschämt wandte ich meinen Blick ab und vergrub meine Nase weiter in meinen Schal. Ich hörte eine verwunderte Kinderstimme, welche sich bei ihrer Mutter erkundigte, was denn mit dieser seltsam lauten und unfreundlichen Frau war. Schätze, man meinte mich.
Die Augenlider kurzzeitig geschlossen atmete ich einmal tief ein und versuchte meine Gedanken zu sammeln und mich einigermaßen zu beruhigen.
Allerdings stellte sich das als schwieriger heraus, als gedacht. Aber konnte man es mir übel nehmen?
Es war gerade einmal zehn Uhr am Morgen und der Tag hatte bereits seinen möglichen Tiefpunkt erreicht. Zuerst hatte ich verschlafen, dann war mein Kaffee aufgebraucht und mein Kühlschrankinneres verwaist, da ich am Vortag vergessen hatte einzukaufen. Also kippte ich das letzte Bisschen Orangensaft hinunter, was ich noch finden konnte, verschüttete davon aber noch die Hälfte über meine Lieblingsbluse. Aus Zeitmangel entschied ich mich also notgedrungen dafür die Kleidung vom gestrigen Tag anzuziehen. Ich bemerkte allerdings erst auf dem Weg zur Bahnstation, dass ich mein Oberteil falsch herum angezogen und zwei Paar unterschiedlicher Halbschuhe trug.
Damit musste ich mich eben nun arrangieren, denn es war zu spät, um nochmal umzukehren, wenn ich nicht noch später als ohnehin schon sein wollte. Also Augen zu und durch.
Die Unglücksreihe an diesem Morgen wurde glücklicherweise von einer pünktlich eintreffenden Bahn abgeschwächt. Mein Zeitplan entstraffte sich etwas und ich konnte wieder ein bisschen aufatmen. Aber nur für die Dauer der Zugfahrt, wie ich feststellen sollte.
Auf dem Weg zu meiner Universität befand sich ein kleines, freundliches Café. Wenn man es so wollte, war ich sogar Stammkunde dort, denn einmal am Tag schneite ich vorbei, um mir meinen üblichen Kaffee zu bestellen. Sozusagen etwas, das meine Laune immer wieder etwas aufbaute. Das war aber nicht das einzige, was mir an dem fröhlich eingerichteten Geschäft so gefiel.
Jeder einzelne der Mitarbeiter war stets freundlich und zuvorkommend, doch einer von ihnen strahlte immerzu eine angenehme Sonnenscheinaura aus, dass es mich besonders entspannte in seiner Nähe zu sein.
Sein Name war Sugawara Kōshi und, wie ich erst kürzlich herausgefunden hatte, besuchten wir sogar die selbe Universität. Nicht, dass ich mich je getraut hätte ihn außerhalb der sicheren Wände des Cafés einmal anzusprechen. Er erschien mir wie der extrovertierte Typ mit vielen Freunden. Ich hingegen war nicht direkt introvertiert, aber hielt mich gerne im gewohnten Terrain auf. Neues überforderte mich oft, weshalb ich nur auf einen kleinen Freundeskreis vertraute.
Jedenfalls stand ich gerade in der Reihe der wartenden, um meine Bestellung aufzugeben, als ich bemerkte, dass ich zu meinem Unglück auch noch meinen Geldbeutel auf meinem Tisch hatte liegen lassen. Das bedeutete nicht nur kein Kaffee, sondern auch kein Mittagessen und ausgerechnet heute war der längste Tag der Woche und ich würde erst gegen halb neun zurück sein. Ja, ich würde eines armseligen Hungerstodes sterben. Traurig, aber wahr.
Resigniert versuchte ich mich also so unauffällig wie möglich aus der Schlange zu entfernen und den Ausgang anzusteuern. Dabei entgingen mir die fragenden, verwunderten Blicke Sugawaras nicht. Ich zuckte entschuldigend mit den Achseln, wandte mich um und wagte es erst wieder aufzuatmen, als die gläserne Tür des Ladens hinter mir ins Schloss gefallen war.
Draußen begrüßte mich die typisch winterliche Kälte und fröstelnd versenkte ich meine Hände in meiner Jackentasche.
Dieser Tag war eindeutig der schlimmste Tag aller Tage. Man sollte ihn vom Kalenderblatt streichen.
„(l/n)!", hörte ich eine Stimme unmittelbar hinter mir rufen, als mich bereits einige Schritte vom Café entfernt hatte. Verwundert vom Klang meines Namens wandte ich mich um und erblickte den Hellhaarigen winkend auf mich zukommen, in der einen Hand einen Pappbecher, wie man ihn für einen „Coffe-to-go" verwendete.
„J-ja?"
Ich blieb so abrupt stehen, dass er beinahe in mich gerannt wäre und nur mit Mühe eine Kollision verhinderte. Das Heißgetränk im Becher schwappte bedrohlich und einige Tropfen rannen bereits den Rand des Deckels hinab.
„Gut, dass ich dich noch erwischt habe", keuchte er, da er sich trotz der kurzen Distanz ziemlich beeilt hatte, um meine Gestalt einzuholen. Anschließend drückte er mir mit einem breiten Lächeln den Becher in die Hände. „Hier, für dich, wie immer mit extra Sahne."
„Eh?" Verdutzt blinzelte ich erst ihn an, dann den Behälter in meiner Hand, dann wieder ihn. „Ich hatte doch gar nichts bestellt...", gab ich verwirrt von mir.
Er lachte leise und kratzte sich verlegen am Hinterkopf.
„Stimmt schon. Aber ich dachte mir, du könntest das ganz gut gebrauchen. Schlechter Tag, was?", erklärte er, während er einen Schritt zur Seite trat, um die vorbeiströmenden Passanten durchzulassen. Ich stieß lange die angestaute Luft aus und nickte.
„Ja, kann man so sagen. Beschissen trifft es noch besser", erwiderte ich und lachte trocken.
Abwartend blickte er mich durch seine braunen Augen an, so, als ob er darauf wartete, dass ich ihm davon berichtete. Mir fiel jetzt das erste Mal auf, dass er ein Muttermal unterhalb seines Auges hatte und sich kleine Grübchen um seine Mundwinkel bildeten, wenn er lachte. „Na ja, lange Geschichte kurz: Es ist so ziemlich alles schief gelaufen, was schieflaufen kann", setzte ich hinzu, woraufhin er verständnisvoll nickte.
Hinter uns erklang eine auffordernde Stimme, welche ihn wieder ins Innere des Cafés rief. Entschuldigend wandte er sich zu mir: „Ich muss los. Die Arbeit ruft."
„Oh, ja", gab ich lediglich von mir zurück und klang etwas enttäuscht, wie ich erschrocken im Nachhinein feststellte. Es war das erste Mal, dass ich mich länger mit ihm unterhalten hatte und es gefiel mir. „Dann...sehen wir uns."
„Ja."
„Danke für den Kaffee. Ich hab aber leider kein Geld dabei..."
Der Hellhaarige machte eine abwinkende Bewegung. „Das macht nichts. Wie wär's, wenn du mir das nächste Mal einen Kaffee ausgibst und wir unterhalten uns nochmal über deinen schlechten Tag."
Ein spitzbübisches, wenngleich auch etwas verlegenes Grinsen huschte über sein Gesicht, was mich wiederum dazu brachte, rot anzulaufen.
„O-okay", stimmte ich stammelnd und etwas überrumpelt zu.
„Na dann. Ich freue mich auf den Kaffee, (l/n)."
Und mit diesen Worten verabschiedete er sich endgültig und drehte ab, um zurück zu seiner Arbeit zu kehren. Etwas überfordert mit der gesamten Situation blickte ich seiner Gestalt einen Moment lang nach, ehe ich realisierte, was passiert war.
„H-hey warte mal! Woher kennst du meinen Namen?", brachte ich verzögert hervor und starrte vor mich hin. Ich konnte mich nicht daran erinnern ihm diesen jemals gesagt zu haben.
Stirnrunzelnd warf ich einen Blick auf den Becher in meiner Hand und erst jetzt fiel mir auf, dass auf der Pappe etwas in schwarz geschrieben stand:Du bist nicht die Einzige, die nachforschen kann. Wenn du mal Lust zu reden hast, kannst du mich gerne anrufen.
(XXX)-XXXX-XXXXEin verdutzter Laut überkam meine Lippen, ehe mein Gesicht noch eine Nuance dunkler wurde und ich verlegen in meinen Schal grinste, einen Ton der Freude von mir gebend. Bis ich herausfand, dass ich noch mehr getrödelt hatte, als ohnehin schon und viel, aber auch wirklich viel zu spät dran war.
„Ach verdammt!",rief ich aus und nahm die Beine in die Hand.
Dass diese Aktion meinen Tag allerdings gerettet hatte, dürfte wohl klar sein. So schlimm war es gar nicht mehr.Anmerkung der Autorin:
Wem geht es noch so? Also ich kenne das nur allzu gut. Wäre schön, wenn ich einen Suga hätte, der mich mal so aufmuntern würde. ^^
(l/n) -> Nachname | (f/n) -> Vorname
Haikyuu!!: Haruichi Furudate
Reader: Du
Story: Meins
DU LIEST GERADE
Haikyuu!! - To Go [OS Sammlung]
Fanfiction»Einmal Fanfiction zum Mitnehmen, bitte!« [Reader Insert] [OS-Sammlung]