Säuerlich gestimmt murmelte ich vor mich hin, die kleine Tasche mit den angeforderten Sachen in der rechten Hand zur Turnhalle der Schule gehend. Statt nun auf meinem Bett zu liegen und die heiß ersehnte neue Folge meiner Lieblingsserie verfolgen zu können musste ich Bote für meinen Bruder spielen, der mich händeringend angerufen hatte und mich anbettelte, dass ich ihm seine Sporttasche vorbeibrachte, welche er aus Versehen mit der meinen vertauscht hatte und nun einige wichtige Dinge für das tägliche Volleyballtraining vermisste. Ein Grummeln überkam meine Lippen, während ich über das Schulgelände stapfte.
Ich hatte die Halle gerade betreten und erkundigte mich bei Inuoka, welcher gerade dabei war ein paar Bälle einzusammeln, nach meinem Bruder. Deshalb sah ich auch den auf mich zu kommenden Ball erst viel zu spät und, kaum dass ich mich in die angedeutete Richtung umgewandt hatte, traf mich das Geschoss auch schon gefolgt von einem „Achtung!" mit voller Wucht am Kopf.
Stirn und Nase trafen auf hart gepfefferten Volleyball. Keine gute Kombination, wie ich eine Sekunde später feststellte, da ein stechender Schmerz kurz nach dem Aufprall durch die getroffene Gegend zog und mich zum straucheln brachte. Meine Sicht wurde unscharf durch die unmittelbar aufsteigenden Tränen, welche ich tapfer zurückzukämpfen versuchte. Allerdings mit nur mäßigem Erfolg.
Ich taumelte ein paar Schritte zurück, blinzelte verwundert und betastete vorsichtig mit meinen Fingern die schmerzenden Nase. Das letzte woran ich mich erinnern konnte war die rote Flüssigkeit, welche auf meinem Fingerkuppen zu sehen war, ehe meine Beine ungewollt unter mir nachgaben wie Gummi.Ächzend röchelte ich und blinzelte ein paar Mal, bis sich meine Umgebung aufklarte und ich deutliche Umrisse erkennen konnte. Mein Blick war geradewegs Richtung Hallendecke gerichtet, weshalb ich vermutete, dass ich auf einem der Bänke neben dem Spielfeld lag. Mit einem leisen Stöhnen richtete ich mich auf, wurde jedoch von einem leichten Schwindelgefühl erfasst, welches mein Umfeld für einen kurzen Moment zum Drehen brachte.
„Oh, (f/n)-chan? Na, geht's wieder?"
Ein fragendes Grunzen entwich meinen Lippen, als ich meinen von der harten Unterlage steifen Nacken langsam in die Richtung wandte, aus welcher die Stimme kam. Inuoka saß schräg neben mir auf der Bank, eine Wasserflasche in der einen und ein seltsam rot beflecktes Taschentuch in der anderen Hand und musterte mich fragend. Immer noch nach Luft ringend, da es sich irgendwie verdammt schwer durch die Nase atmen ließ, lehnte ich meinen sich schwer anfühlenden Kopf gegen die Wand hinter mir.
„Yaku-san, sie ist wieder wach!", ließ Shibayama informierend verlauten, als er sich zu uns gesellte und sich neben Inouka sinken ließ, „Wie geht's dir?"
Was hatten denn alle plötzlich mit meiner Gesundheit?
„Soweit gut...denke ich mal...", erwiderte ich zögernd und hob meinen Finger, um mich am Nasenbein zu kratzen. Als ich dort allerdings seltsam verkrustete Stellen und ungewöhnlich schmerzende Partien ertastete und kurz darauf auf zwei Wattestückchen in meiner Nase traf, ließ ich die Hand sogleich wieder sinken. „W-was genau ist passiert?"
Verwundert betrachtete ich die provisorischen Wattepads in meiner Handfläche, nach deren Entfernen ich auch gleich wieder viel besser atmen konnte und meine Stimme sich nicht mehr ganz so näselnd anhörte. Das Ende beider war blutverschmiert, an manchen Stellen war es heller, an manchen dunkler. Dass das Luft einatmen durch die Nasenflügel nun aber ungemein schmerzte verwunderte mich noch mehr.
Shibayama kratzte sich am Hinterkopf. „Tja, schätze mal du wurdest ziemlich übel von einem Ball getroffen..."
„..auf die Nase...", fuhr Inuoka fort, was demnach auch die blutigen Taschentücher in seiner Hand erklärte, und verzog kurz das Gesicht.
„Ja, Lev hat wieder einmal bewiesen, dass er nie das Ass sein wird, wenn er nicht mal den Ball richtig lenken kann", posaunte Yamamoto schließlich und grinste, als winselnder Protest aus der Richtung des Genannten kam, „Allerdings schätze ich, dass Yaku ihn das nie vergessen lassen wird."
Langsam dämmerte es mir wieder. Der Weg in die Turnhalle, der Ball, der Zusammenstoß. Tatsächlich! So was konnte aber auch nur mir passieren! Ich kippte wortwörtlich aus den Latschen, weil mich ein Ball im Gesicht begrüßte! Wie peinlich!
Inzwischen hatte sich fast das gesamte Team um die Bank versammelt und erkundigten sich nach und nach nach meinem Wohlbefinden. Kurz darauf drängelte sich die vertraute Gestalt meines älteren Bruders zwischen seinen Teamkameraden hindurch, gefolgt von einem betroffen aussehenden Halbrussen, welcher zugleich auch reichlich mitgenommen wirkte. Ich konnte mir allzu gut vorstellen, was passiert war und er tat mir wirklich dafür Leid, dass er den Ärger Morisukes auf sich gezogen hatte. Zumal die beiden ohnehin öfter aufgrund Levs wirklich unpassender Aussagen aneinander rasselten und mit seinem Gemüt in mancher Hinsicht nicht zu spaßen war. Das wusste ich aus eigener Erfahrung.
„(f/n), du hast mir einen ganz schönen Schreck eingejagt."
Besorgt musterten die braunen Augen meines Bruders mich einmal von oben nach unten. Er ließ erst davon ab, als er feststellen konnte, dass alles noch an mir war, wo es sein sollte. Mit einer ruckartigen Kopfbewegung forderte er den Übeltäter auf nach vorne zu treten. Der Mittelblocker folgte dieser Geste nur zögernd und hielt den Kopf beschämt gesenkt.
"Lev, entschuldigen, sofort!"
„I-ich...äh...tut mir Leid?", gab er betreten von sich, vermied es aber mich gänzlich anzusehen.
Es war in gewisser Weise amüsant den sonst so lauten und beinahe schon hyperaktiven Erstklässler so still und unsicher zu erleben. Er wirkte wie ein verunsicherter Streuner im Regen, was bei seiner Größe ziemlich paradox erschien.
„Das sollte es auch gefälligst", grummelte Morisuke ungehalten und warf seinem Kouhai einen strafenden Blick zu, welcher einem das Blut in den Adern gefrieren lassen konnte.
„Ist schon okay, Mori", versuchte ich zu schlichten und tätschelte leicht den Arm meines Bruders als Bestätigung, „Ich lebe noch."
Nachdem sich jeder versichert hatte, dass es mir auch wirklich gut ging, scheuchte Kuroo den Rest zurück zum alltäglichen Training und alsbald flogen wieder munter Bälle durch die Halle, begleitet vom Quietschen der Schuhsohlen auf dem Boden. Nur noch Morisuke und Lev standen vor mir, wobei Ersterer dem Hellhaarigen erneut eine gezischte Standpauke hielt und ihn zu Extratraining mit ihm zusammen verdonnerte.
„Yaku! Lev! Training, jetzt!"
Mit einer scheuchenden Bewegung bedeutete ich Morisuke der Aufforderung des Coaches nachzukommen, welcher am Rand des Spielfeldes stand und auf die auf beider Seiten des Netzes aufgestellten Mannschaften verwies.
„Du solltest trotzdem mal zur Krankenstation. Nur, um sicherzugehen", rief er mir noch über die Schulter zu, „Lev. Am besten, du begleitest sie. Aber diesmal passt du auf!"
Mit diesen Worten begab er sich endgültig zurück auf das Spielfeld, wobei er kurz vorher noch etwas mit dem Coach absprach. Ich vermutete, es handelte sich um Levs Erlaubnis mich zu begleiten. Seufzend griff ich nach meiner Tasche, die einer der Jungs sorgfältig neben die Bank auf dem Boden abgestellt hatte, und zog den daneben liegenden Blazer wieder an.
Der Hellhaarige wartete bereits am Halleneingang auf mich, nach wie vor etwas unentschlossen, ob er sich mehr schuldig oder beschämt fühlen sollte, wie man anhand seiner dauerhaft wechselten Miene erkennen konnte.
Als die Hallentür hinter uns ins Schloss fiel und das Rufen der Teammitglieder dahinter verschwand, kam Ruhe auf. Neben den fröhlich vor sich her zwitschernden Vögeln in den am Wegrand gelegenen Büschen und Sträuchern herrschte Stille zwischen uns, während wir langsam nebeneinander den Steinweg entlang wanderten, um zum Hauptgebäude zu kommen. Lev hatte es sich nicht nehmen lassen mir meine Tasche abzunehmen und meine Widerworte gekonnt ignoriert. Ich vermutete, dass er sich nicht noch mehr Ärger mit meinem Bruder einfangen wollte, als er ohnehin schon hatte. Nichtsdestotrotz freute es mich irgendwie und ich konnte mir ein seichtes Grinsen nicht verkneifen.
Es dauerte nicht lange bis wir in das Innere der Schule eintraten und das Krankenzimmer bereits auch schon erreicht hatten. Ich wandte mich zu dem Hellhaarigen um, um meine Sachen wieder in Empfang zu nehmen, bevor ich das Zimmer betreten würde. „Danke, Lev", meinte ich, während ich ihm meine Habe aus der Hand nahm, meine Tasche über meine Schulter legte und meine Blusenärmel sorgfältig unter den Ärmeln des Blazers verstaute, „Du hättest mich aber nicht so weit begleiten müssen. Ich hätte Mori schon nichts gesagt. Großes Indianerehrenwort." Scherzend hielt ich meine rechte Hand in die Höhe, Zeige- und Mittelfinger verschwörerisch gekreuzt und zwinkerte ihm zu.
„Ach, was. Hab ich doch gerne gemacht. Wenn ich noch irgendwas tun kann..."
Etwas verlegen kratzte er sich ungelenk am Hinterkopf und starrte auf einen unbestimmten Punkt hinter mir.
„Da wäre tatsächlich etwas", setzte ich nach kurzem Überlegen an, während ich von unten zu ihm herauf blickte. Ein fragendes „Ach?" war seine Reaktion, wenngleich er es immer noch vermied mir direkt ins Gesicht zu blicken. Ich nickte bestätigend: „Ja. Du könntest mich nach dem Training zum Eiscafé begleiten."
Für einen kurzen Augenblick war es still und er schien Pro und Contra im Innere abzuwägen, inwiefern es eine gute Idee war mein Angebot anzunehmen, während sich zusehendst ein Rotschimmer auf seine Wangen schlich. Abwartend kreuzte ich die Arme vor meinem Oberkörper, um zu verhindern, dass ich mit meinen Fingern spielte und meine aufkeimende Nervosität damit gefördert wurde.
„Ich kann natürlich verstehen, wenn du dann keine Lust mehr hast...", schob ich rasch hinteher, nachdem er mir zu lange zu ruhig gewesen war, wurde allerdings von einem Nuscheln mittendrin unterbrochen und hielt inne, „Was?"
Lev straffte seine Schultern: „Ich sagte, geht klar."
Ein breites Grinsen huschte über meine Lippen. „Super!", brachte ich erfreut hervor, ehe ich mich auf die Zehenspitzen stellte und ihm, soweit es mir möglich war, einen Kuss auf die Wange hauchte, „Dann bis später! Ich freu mich!"
Mit diesen Worten wandte ich mich um und verschwand im Inneren des Krankenzimmers.
Anmerkung der Autorin:
Etwas, woran ich schon etwas länger gebastelt habe, wenngleich ich mir auch hier nicht so sicher bin, inwieweit ich Levs Charakter getroffen habe. Im Übrigen musste ich bei dem Titel immer an das Lied denken und habe jetzt einen verdammten Ohrwurm. ^^''
Viel Spaß beim Lesen. :3(l/n) -> Nachname | (f/n) -> Vorname
Haikyuu!!: Haruichi Furudate
Reader: Du
Story: Meins
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Haikyuu!! - To Go [OS Sammlung]
Fanfiction»Einmal Fanfiction zum Mitnehmen, bitte!« [Reader Insert] [OS-Sammlung]