I dare you - Kuroo (Fortsetzung zu "Party Games)

2.6K 113 5
                                    

"Ist er weg?"
"Ja. Aber mal ehrlich (n/n): Findest du nicht, dass du dich ein bisschen albern verhältst?"
Während Ruki mich mit einem vorwurfsvollen Blick bedachte, tauchte ich mit einem Ton der Erleichterung unterhalb des Tisches, unter welchem ich mich versteckt hatte, wieder auf und ließ mich entspannt in den Stuhl davor sinken. "Ich weiß nicht, was genau zwischen Kuroo und dir vorgefallen ist, aber dein Verhalten ist mehr als fragwürdig."
"Ach findest du?", wiederholte ich ahnungslos und stocherte mit dem hölzernen Stäbchen im Schaum des Milchkaffees herum, welcher auf der Tischplatte vor mir stand und eigentlich seit zehn Minuten darauf wartete von mir getrunken zu werden. Wäre Kuroo nicht vorbeigekommen, sodass ich mich gezwungen sah für einen kurzen Augenblick abzutauchen. Seit der Party waren zwischenzeitlich fast fünf Tage vergangen. Fünf Tage, an denen ich es wirklich immer erfolgreich geschafft hatte dem Schwarzhaarigen aus dem Weg zu gehen, damit dieser keinerlei Chancen hatte das Gespräch dieser Nacht fortzuführen. Ich wusste nicht einmal wieso sich alles in mir gegen diese Konfrontation sträubte, aber alleine bei dem Gedanken daran, bekam ich Herzrasen und klamme Hände. Von den seltsamen Schmetterlingen, die vor Aufregung Loopings in meinem gesamten Körper zu fliegen schienen, ganz zu schweigen. Kurzum: Ich fühlte mich wie ein einziges Nervenbündel und ich wollte mich definitiv nicht mit diesen Gefühlen auseinander setzen. Jedenfalls noch nicht. So lange nicht, bis ich mich bereit dazu fühlte. Vielleicht auch nie. Ja, momentan tendierte ich tatsächlich zu Letzterem. Aber das würde Ruki mir mit Sicherheit nicht durchgehen lassen. Also beschränkte ich mich auf ein unbestimmtes Zeitfenster in der Gegenwart.
"Ja, finde ich", bestätigte meine beste Freundin, ungläubig darüber, dass ich mein Verhalten keineswegs seltsam zu finden schien. Es war seltsam. Und wie. Aber dafür musste ich mich ganz sicher nicht rechtfertigen.
"Na dann."
"(f/n), wirklich. Ich mache mir langsam Sorgen um dich und deine Verfassung. Nicht körperlich, aber geistig. Da läuft gerade einiges schief. Ist in dem Zimmer vielleicht doch etwas passiert, das ich wissen sollte?", hakte sie weiterhin nach und starrte mich quer über den Tisch hin undurchdringlich an. Fast so, als wollte sie meine Gedanken lesen, um eine Antwort zu erhalten.
Verneinend schüttelte ich leicht den Kopf. "Nein, nichts. Du brauchst dir auch keine Sorgen zu machen. Ich bin ein großes Mädchen und kann mir die Schuhe schon alleine binden."
In einem Zug leerte ich den bereits drastisch abgekühlten Kaffee, verzog kurz das Gesicht deshalb, während ich mich erhob und meine Sachen zusammenpackte. Den geleerten Pappbecher entsorgte ich achtlos in der nächstbesten Mülltonne. "Wir sehen uns, Ruki. Ich muss nochmal in die Bibliothek, sonst werde ich nie mit der Semesterarbeit fertig."

Ein Seufzen überkam meine Lippen, als ich mich etwas aufrichtete und ein leises Knacken durch meine steifen Glieder wanderte. Gesund war das stundenlange Beugen über Bücher definitiv nicht und mein Nacken brachte mich schier um. Stöhnend massierte ich den eingerosteten Schulterbereich, während ich im Schein der kleinen Lampe auf dem Tisch in einer Ecke der Campusbibliothek meine Mitschriften überflog. Vor mir türmten sich ein Duzend der unterschiedlichsten Nachschlagewerke auf, unterschiedliche Seiten und Passagen durch Papierfetzen oder Stifte, die ich achtlos dazwischen geschoben hatte, gekenntzeichnet, damit ich sie jederzeit weider schnell aufklappen konnte.
Ich wusste nicht wie lange ich schon in meiner kleinen Ecke saß, aber es mussten bestimmt ein paar Stunden vergangen sein, denn die Dämmerung hatte sich bereits über die Stadt gesenkt und die ersten Laternen leuchteten den Weg über den ausladenden Campus, während die Dunkelheit der Nacht langsam über den Horizont kletterte und den Himmel in ein dunkles Blau tauchte.
Langsam lehnte ich mich in dem Hartplastikstuhl zurück, um mein Handy zu entsperren und eine kleine Lernpause einzulegen, in der ich auf sämtlichen Social Media Seiten nachlas, was ich verpasst hatte. Langsam scrollte ich durch den Nachrichtenverlauf meiner Wohngruppe, ehe mein Blick an der Uhrzeit hängen blieb, welche am oberen Rand des Bildschirmes prangte. Nicht mehr lange und die Bibliothek würde ihre Pforten schließen, weshalb ich mich besser beeilen sollte, um noch die beiden anderen Bücher, die mir noch für meine Arbeit fehlten, zu suchen und nicht mehr gebrauchte Werke wieder wegzustellen.
Die Füße des Stuhles kratzten leise über den Boden, als ich mich erhob, drei der Bücher nacheinander zuschlagend, damit ich sie schließlich mitnehmen konnte. Mit zwei Fingern zog ich einen etwas zerknitterten Zettel aus meiner hinteren Hosentasche, um die richtigen Standorte der von mir benutzten Bücher ablesen zu können und zeitgleich somit nach den neuen Texten Ausschaue halten zu können. Zu meinem Glück waren die Standorte nicht allzu weit auseinander. Große Lust nun noch durch die halbe Abteilung der Bibliothek zu laufen hatte ich nämlich keine.
Leise den letzten Standort vor mich hin murmelnd klapperte ich eines der besonders hohen und unsortiert wirkenden Regale ab, in der Hoffnung das gewünschte Exemplar bald zu erhaschen. Und tatsächlich entdeckte ich es versteckt zwischen zwei dicken Schmökern. Zielsicher griff ich danach und zog es zu mir, nur, um es kurz darauf mit einem erstickten Schrei fallen zu lassen.
"Hallo, (l/n)."
Mein Herz pochte und wandt sich in meiner Brust, als wollte es am liebsten Reißaus nehmen, während ich mich nach dem heruntergefallenen Buch bückte. Hinter den Bücherreihen war plötzlich ein mir nur allzu bekanntes Gesicht aufgetaucht. Bekannt, aber jemand, mit dem ich auf keinen Fall gerechnet hatte.
"Was soll das werden, Kuroo?!", zischte ich, als sich das Adrenalin in meinen Adern wieder etwas beruhigt und ich mich vom anfänglichen Schock erholt hatte. "Verfolgst du mich etwa?"
Verteidigend die Arme in die Höhe gehoben kam der Schwarzhaarige um die Ecke des Regales auf mich zu. "Hey, man wird ja wohl noch in die Bibliothek gehen dürfen."
Ungläubig legte ich meine Stirn in Falten, während ich, Kuroo im Schlepptau, zurück zu meiner Sitzecke ging, um meine Unterlagen zusammenzupacken.
"Du studierst Sportwissenschaften. Was nicht erklärt, wieso du bei französischer Literaturgeschichte herumlungerst."
"Okay, Sherlock, du hast mich auf frischer Tat ertappt. Aber anders bin ich nicht an dich herangekommen. Du gehst mir ja ständig aus dem Weg", gab er zu, ein leichtes Grinsen auf den Lippen, während er sich entspannt an die Tischkante anlehnte und mir beim Packen zusah. Meine Haltung versteifte sich automatisch, als ich seine Worte hörte, allerdings versuchte ich möglichst schnell wieder entspannt zu wirken.
"Nicht wirklich. Ich bin nur viel beschäftigt, das ist alles", rechtfertigte ich mich sogleich, konzentriert darauf ihn nicht genauer anzusehen, während ich meine Tasche schultere.
"Erwicht." Offenbar sah er sich durch meine vage Antwort bestätigt.
"Und, wenn schon. Ist doch auch nicht so wichtig." Meine Antwort war nicht mehr als ein Murmeln und aus dem Augenwinkel konnte ich erkennen, wie er die Augenbrauen in die Höhe zog, sich schließlich von der Tischkante abstieß, um mit mir Schritt halten zu können, da ich bereits den Ausgang ansteuerte. "Andere Frage: Woher wusstest du überhaupt, dass ich hier bin."
"Dreimal darfst du raten..."
"...das gibt's doch nicht."
Ich liebte meine beste Freundin. Wirklich. Aber manchmal, ja manchmal, da würde ich ihr am liebsten den Hals umdrehen, dafür, dass sie sich gerne in meine Angelegenheiten einmischte und meinte, mich zu bervormunden. Als würde eine Mutter nicht schon reichen. Ruki war wie eine zweite Mutter im Körper meiner besten Freundin.
"Sie meint es nur gut."
Ich verdrehte die Augen auf seine Aussage, während wir die Tür zur Bibliothek aufdrückten und ins Freie traten. Der Herbst war bereits in vollen Zügen eingetroffen und kühlter Wind wehte mir um die Nase. Im Vergleich zum Inneren der Bibliothek war er jedenfalls deutlich kühler und sorgte für Gänsehaut. Wobei diese auch ihre Ursache in Kuroo haben konnte, der recht nah neben mir durch die Tür getreten war.
"Gut gemeint ist manchmal schon zu viel", murmelte ich letztlich, ehe ich schließlich meine Gang stoppte und mich zu dem Schwarzhaarigen umwandte, welcher überrascht von meiner Kehrtwende abrupt stoppt, da er sonst in mich hinein gelaufen war, "Also, reden wir."

"Wahrheit oder Pflicht?"
"Dein Ernst?"
"Ja. Also: Wahrheit oder Pflicht?"
"Argh, keine Ahnung. Wenn du mich dann in Ruhe lässt: Wahrheit."
Kennt ihr das, wenn ihr euch in einer Situation wieder findet und euch fragt, wie zum Geier ihr in diese geraten konntet? Genau so fühlte ich mich gerade. Ich hatte schließlich zugestimmt über die Party-Alkohol-Eingequetscht-in-einem-Raum-Sache zu reden und, ehe ich mich versah, saß ich dem Volleyballspieler gegenüber auf dessen Bett und er drängte mir wieder eines seiner Spielchen auf.
Der Schwarzhaarige schien nicht ganz zufrieden mit meiner Wahl, ließ mich allerdings gewähren und lehnte sich rücklings gegen die Wand hinter dem Bett, die Beine locker im Schneidersitz verknotet, während ich nervös am äußersten Rand der Matratze hin und her rutschte.
"Also gut. Bist du mir die ganze Woche aus dem Weg gegangen?"
Verwundert über diese Frage legte ich den Kopf schief. "Äh, ja. Ich dachte, dass hatten wir geklärt."
"Warum?", schoss er sogleich hinterher und schien mich eingehend zu mustern, sodass ich beschämt in eine andere Richtung sah und mit dem Saum des dünnen Strickpullovers spielte.
"Das sind nicht die Regeln des Spieles. Eine Frage, eine Antwort", erwiderte ich leise, was ein Seufzen meines Gegenübers zur Folge hatte.
"Du hast Recht. Du bist dran."
"Wahrheit oder Pflicht?"
"Wahrheit."
Langsam lenkte ich meinen Blick von den eingerahmten Mannschaftsbildern seiner Highschool-Mannschaft wieder auf den Schwarzhaarigen selbst. "Wieso willst du unbedingt darüber reden?"
Einen Moment lang wurde es still und lauter denn je hörte man das stetige Ticken der Uhr auf dem Nachttisch neben dem Bett. Und mit jedem Ticken und jeder verstreichenden Sekunde wurde ich nervöser, angespannter. Nach einer gefühlten Ewigkeit räusperte sich Kuroo und fuhr sich mit einer Hand durch das zerzauste schwarze Haar.
"Ich weiß nicht, ob ich mir das nur eingebildet habe, aber..." Kuroo schien sich schwer zu tun mit der Wahl seiner Worte und setzte mehrere Male an, ehe er sich wieder für eine andere Formulierung entschied und mich damit noch mehr verwirrte, als ich es ohnehin schon war. "Ich weiß nicht, ob es dir aufgefallen ist, aber ich mag dich. Und, ich hatte das Gefühl, dass es dir ähnlich gehen könnte."
"Was? Seit wann?!"
Möglich, dass meine Stimme eine Oktave zu hoch klang und sich ein roter Schimmer auf meine Wange legte. Und möglich, dass es mir absolut unangenehm war wie sehr die verdammten Schmetterlinge in meinem Bauch darauf reagierten.
Diesmal war es an dem Schwarzhaarigen mich gespielt tadelnd auf die Regeln hinzuweißen und mich schließlich wieder vor die Wahl zu stellen. Da ich nicht wusste, was ich wählen sollte, schwieg ich.
"Lag ich damit falsch?"
"Ich hab doch noch gar nichts gesagt."
Ein Rascheln durchzog den Raum, als mein Gegenüber sich leicht aufrichtete und sich etwas vorbeugte.
"Machen wir es anders: Plficht. Wenn ich richtig lag, musst du mich küssen."
"Was?!"
Sagte ich, dass meine Stimme zuvor höher klang als normal? Falsch. Jetzt erinnerte sie an ein zu hoch gepitchtes Quietschen, ein falscher Ton, vollkommen abgerutscht und entgleist.
Kuroo beugte sich noch ein bisschen weiter vor, sodass er sich nun mit den Ellenbogen locker auf seinen Oberschenkeln abstützte. "Traust du dich?", flüsterte er rau, während seine braunen Augen mich aufmerksam beobachteten, jeden meiner Bewegungen genaustens verfolgten. Spielchen spielen, das konnte er. Und ich hasste solche Spielchen. Aber ich hasste es auch auf solch eine dreiste Weise herausgefordert und in etwas gedrängt zu werden. Davon zu schweigen, dass ich der Idee alles andere als abgeneigt war.
Es ihm gleich tuend löste ich mich aus meiner jetzigen Stitzposition, um ein bisschen über die Matratze auf ihn zuzukommen.
"Oder traust du dich nicht?"
"Halt die Klappe", schnitt ich ihm das Wort ab, lehnte mich noch weiter vor, balancierend auf meiner Handfläche, während ich meine freie Hand in seinen Nacken wandern ließ, um ihn zu mir zu ziehen und schließlich meine Lippen auf die seinen zu legen. Der Kuss war kurz, unschuldig, aber dennoch fühlte ich mich diesem nicht abgeneigt. Als ich mich löste zierte ein kaum zu übersehendes Grinsen die Lippen des Schwarzhaarigen.
"Pflicht erfüllt, würde ich sagen", gab ich von mir, erwiderte das Grinsen mit einem seichten Zucken meiner Mundwinkel.
"Und das mit Bravour", pflichtete er mir bei, was mich dazu brachte meine Augen zu verdrehen.
"Also: Wahrheit oder Pflicht?"
"Was glaubst du denn?"
"Okay, Pflicht: Du musst mich wieder küssen."
"Alles, was du willst, (l/n) (f/n)."


Anmerkung der Autorin:

College AU
Ja, don't judge me, aber ich hatte wirklich viel Spaß beim Schreiben. Ich bin mir nicht sicher, ob ich komplett OOC gelandet bin, aber trotzdem wollte ich euch diese Idee nicht vorenthalten. Wie auch immer : Schönen Freitag, der 13., und viel Spaß beim Lesen.

(l/n) -> Nachname | (f/n) -> Vorname | (n/n) -> Spitzname
Haikyuu!!: Haruichi Furudate
Reader: Du
Story: Meins


Haikyuu!! - To Go [OS Sammlung]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt