Kapitel 22 - Tiefen im See

1.1K 80 5
                                    

Schmunzelnd aß ich einen Bissen von meiner Lasagne und hob meinen Kopf, um Jake einen verstohlenen Blick zuwerfen zu können.

Er lachte herzlich, als er mich dabei erwischte. Er ist unglaublich, ärgerte ich mich amüsiert kopfschüttelnd.

~~~~~

Ich seufzte und versuchte mit Jake mitzuhalten. Er lief einige Meter vor mir in seinem Tempo, drehte sich ab und zu mal zu mir, um festzustellen, dass ich viel zu langsam für seine Erwartungen war.

Aber immerhin hetzte er mich beim joggen nicht. Er wusste anscheinend, dass es um die Ausdauer und nicht die Geschwindigkeit geht. Wirklich dankbar konnte ich ihm dafür allerdings nicht sein.

Wir liefen schon eine Ewigkeit die Feldwege entlang, durch den spärlichen Wald und gefühlt eine Stunde zwischen dem Schilf um diesen See.

Mein Gehirn fühlte sich an wie Matsch. Mein Kopf wurde schwer und meine Beine ließen sich nur noch mühselig vom Boden emporheben.

"Wie lange noch?", rief ich ihm fragend zu.

Ich sammelte all meine Energie zusammen, um nicht einfach stehen zu bleiben, so wie es jeder einzelne Muskel von mir verlangte. Und mein Unterbewusstsein erwartete von mir diese kräftezehrenden Bewegungen augenblicklich einzustellen.

Ich war so kurz davor einfach aufzugeben.

"Bis zu dem Pfahl dahinten... das sind noch ca. 400 Meter!", informierte Jake mich und legte sogleich den Endspurt an.

Ich schnaubte erschöpft und wischte mir den Schweiß von der Stirn. Ich atmete einmal tief ein und aus.

Mittlerweile hatte ich genug Selbst-Disziplin erlernt, um mich dieser Herausforderung stellen zu können. Und so zügelte ich meinen Willen und beschleunigte auf ein Tempo, dass ich auf dieser Zielgerade hoffentlich halten konnte.

Sobald ich nahe genug an dem Pfahl war, um mich selbst betrügen zu können, bremste ich japsend nach Luft ab und ging völlig fertig in die Hocke.

"Schöne Aussicht, hm?", sagte Jake und lies seinen Blick über den See gleiten, hatte seine Hände auf die Hüften gestemmt.

Ich folgte seinem waghalsigen Blick, sah zwischen dem sich leicht wiegendem Schilf auf die dunkle, ruhige Wasseroberfläche.

Genießen konnte ich das im Moment allerdings nicht, stellte ich fest, lies mich unsanft auf den erdigen Boden gleiten. Spürte unangenehm, wie sich ein paar spitze Kieselsteine in meinen Körper drückten.

Ich sah in meinen Augenwinkel, wie Jake seine Blicke auf mich warf und sich womöglich zufrieden zurücklehnte, weil er mich mal wieder über mein Limit gebracht hatte.

Und das erinnerte mich automatisch wieder daran, dass Jake und ich keine Freunde waren. Sondern ich sein Projekt und er mein Ticket aus diesem Blödsinn.

Ich lies ihn wissen, dass ich ihn bemerkt hatte und hielt seinem Blick wenigstens solange stand, bis wir ungefähr zeitgleich wieder die Natur in unseren Fokus fassten.

Schließlich kam er auf mich zu und hielt mir die Hand hin, damit ich mich von ihm hochziehen lassen könnte. Doch ich ignorierte sie, war frustriert von dem Ernst meiner Situation.

Während Jake immer wieder versuchte eine Unterhaltung zwischen uns beiden zum Laufen zu bringen, wanderte ich schweigend neben ihm her und warf hier und dort eventuell mein 'Hm' oder 'Spannend' ein.

Ich schnitt ihm den Weg ab, insofern sich meiner dadurch verkürzte und wenn eine Schlammpfütze oder ein Stein auf meiner Hälfte war, ließ sich ihn passieren, bevor ich ihm hinterher trottete.

UNQUALIFIEDWo Geschichten leben. Entdecke jetzt