Peetas Sicht Kapitel „11"

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„Sie sind wieder da!", ruft Haymitch.
Finnick und ich springen auf und folgen ihm. Ich glaube, keiner von uns realisiert es richtig. Kann es wirklich so plötzlich sein, dass all die Angst um sie vorbei ist? Haben wir sie jetzt wirklich wieder? Kann es wahrhaftig sein?
Wir sind dort angekommen und ich denke an sie. Sie sah furchtbar aus, als ich sie das letzte mal sah... Aber jetzt ist sie frei. Vielleicht wird sie kurz Angst haben, weil sie nicht weiß, wo sie ist, doch dann wird sie mich sehen und glücklich sein. Ich werde sie beschützen. Ich habe sie wieder. Ich werde sie küssen können, mit ihr vielleicht sogar lachen, sie beruhigen,... Ich werde versuchen, das sie all das vergisst.
Durch die Tür bricht eine Frau, die ich kenne. Annie mit ihren schönen Locken und grünen, meerfarbenen Augen, ein Laken um ihren Körper gewickelt. „Finnick!", schreit sie, gleichzeitig erschrocken und fröhlich. „Finnick!"
Finnicks Gesicht spiegelt ihr Gesicht, so voller Freude und Schock. Er bringt kein Wort raus und meine Melde ist wie zugeschnürt. Wird Katniss mich auch so empfangen?
Sie umarmen sich, stolpern rückwärts gegen die Wand und küssen sich. Keiner von beiden könnte je die Soeben gehabt haben, dass der andere sie nicht liebt.
Tränen sind in den Augen beider, als Finnick ihren Namen flüstert. „Annie, oh, Annie!"
Eine Frau wird an den Armen hineingeführt und überschattet die wunderschöne Szene vor mir. Die Frau ist abgemagert und ihr Kopf ist rasiert und kahl, Wunden sind leicht über ihren Körper verteilt. Wenn ich bei ihren Anblick an Katniss denke, so, wie ich sie das letzte mal sah, hat Johanna es gut gehabt. Sie und die Personen, die sie tragen, kommen durch eine Tür und ich höre ihre verzweifelten Schreie:
„Nein! Lasst mich los! Bitte! Nein!"
Dann sieht sie mich und ihr Schreien verstummen, ihre Augen weiten sich und sie reißt sich los. Sie rennt auf mich zu, Tränen bilden sich in ihren Augen, sie zieht mich in eine Umarmung und vorsichtig erwidere ich sie. So habe ich Johanna noch nie gesehen, sie mir niemals so vorstellen können.
„Peeta. Oh mein Gott! Ich dachte, ich würde nicht mehr raus kommen, ich dachte, ich würde dort sterben, wie Katniss!"
Ich reiße mich aus der Umarmung und halte Johanna auf Armeslänge von mir weg. Ich muss mich verhört haben, das kann nicht wahr sein!
„WAS?!"
„Sie haben sie mitgenommen und sie kam nicht mehr zurück. Sie war immer in der Zelle mir gegenüber. Sie kam nicht zurück. Sie ist tot."
Katniss ist tot. Sie ist tot. Sie kommt nie wieder.
„Nein! Sie ist tot. Nein, nein, nein, nein. Sie darf nicht tot sein, dass ist unmöglich. Neinneinneinneinnein. Das ist nicht wahr! Bitte, sag, dass das nicht wahr ist! Johanna, bitte! Johanna?"
Sie sieht mich bloß entschuldigend an und ich falle auf die Knie, unfähig irgendetwas zu tun. Ich verstecke mich in meinen Armen und weine.
„Nein! Katniss, bitte, du darfst nicht gehen, du darfst mich nicht verlassen! Bitte, Katniss, bitte...", schluchze ich.
„Wann ist sie gestorben, Johanna? Kannst du uns sagen, wann sie weggebracht wurde?", höre ich Haymitch mit gebrochener Stimme sagen. Erst da bemerke ich, dass er immer noch bei mir ist und er auch nicht wusste, was geschehen ist.
„Es ist schon eine Weile her, vielleicht einen oder zwei Monate. Ich weiß es nicht genau.", flüstert sie zurück.
Und plötzlich bin ich erleichtert.
„Einen Monat? Dann lebt sie noch, Johanna. Sie lebt!", rufe ich, ich lache wie hysterisch. „Sie lebt! Wir haben sie vor wenigen Tagen noch gesehen! Vor nicht allzu langer Zeit mit ihr gesprochen! Sie lebt!"
Es ist eine unglaubliche Freude, die meinen Körper erfüllt. Sie lebt doch noch!
„Wo ist sie?", frage ich. Sie muss hier sein!
Eine Stimme, die Stimme von Gale, lässt meinen Blick in die Höhe schießen.
„Du weißt es schon?" Seine Stimme klingt verweint.
Ich erkenne, dass es ein Problem gegeben haben muss. Sonst würde er nicht so sprechen. Aber sie lebt.
„Wo ist sie?", presse ich die Worte aus meinem Mund.
„Sie... sie ist tot." Der Schmerz in seiner Stimme ist kaum zu überhören, doch ich bin vollkommen ruhig.
„Nein, ist sie nicht. Sie lebt."
Sie ist nicht hier? Haben Sie einfach Johanna glauben geschenkt und nicht nach ihr gesucht?
„Peeta, sie ist tot!", sagt er mit sicherer und gleichzeitig gebrochener Stimme.
„Sie lebt. Ich... Wir haben das schon geklärt. Es passt nicht.", erkläre ich zitternd.
Jetzt starrt Gale verwirrt auf mich runter. „Wovon redest du?"
„Johanna hat es nicht gewusst. Sie ist bloß verlegt worden, in eine andere Zelle. Sie lebt noch."
„Nein. Sie... hat sich... umgebracht. Ich habe... es gesehen. Sie hat sich... in das Messer... eines Friedenswächters gelehnt... Sie hat sich die Kehle durchgeschnitten." Jedes dieser Worte muss er sich zwischen den Zähnen hindurch quetschen.
„Nein..."

Pausiert gefangener SpotttölpelWo Geschichten leben. Entdecke jetzt