14- Das ewige Grau

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14- Das ewige Grau


Nachtschatten waren fast die Augen aus dem Kopf gefallen, als er von der Bitte der beiden Wölfe gehört hatte. Sie machten sich die Mühe, ihn zu fragen, ob sie sich einer Jagdpatrouille anschließen durften? Der Leitwolf hatte ihnen versprochen, sie konnten tun und lassen, was sie wollten. Wenn sie das Verlangen verspürten, jagen zu gehen, dann sollten sie das doch tun, dafür müssten sie ihn nicht um Erlaubnis bitten. Nachtschatten bat nur darum, in den nächsten Tagen noch einmal die weise Wölfin befragen zu dürfen.

Endres versicherte ihm, er würde seine Auskunft bekommen, nur würden solche Vorhersagen die Wölfin immer sehr schwächen, vor allem jetzt, da sie noch zusätzlich krank sei. Ihm selbst war schlecht geworden von der Lüge, die er selbst erzählte, doch Nachtschatten schien schon wieder reumütig zu sein, dass er überhaupt gefragt hatte.

Die beiden Wölfe bedankten sich bei dem Leitwolf, woraufhin dieser vor Scham fast im Boden versank. Als Endres und Alba den Weg zur ersten Höhle zurückliefen, wisperte Alba ihm ins Ohr: „Denkst du wirklich, dass er so dumm ist und uns diese Geschichte mitsamt ihrer Lügen glaubt?" Endres antwortete: „Sonst würde er sich nicht so verhalten.

Er scheint ein sehr herrischer und arroganter Leitwolf zu sein, aber wer ihm nach dem Sinn redet, wird vergöttert." Sie erreichten den Hochstein, vom dem sie einen fast noch besseren Ausblick auf die Höhle hatten als von ihrem Plateau aus. Am Ausgang der Höhle schien sich eine Patrouille bereit zu machen, also beeilten sich Endres und Alba, um diese zu erreichen.

„Dürfen wir uns euch anschließen?", fragte Endres. „Natürlich!", antwortete der Wolf, der die Patrouille anscheinend anführte. „Es wäre mir und den anderen ein großes Vergnügen." Er sah sich zu den anderen Wölfen der Patrouille um, und fragte, ob sie loskönnten, doch ehe sie geantwortet hatten, setzte sich der Anführer schon in Bewegung. „Dürfen wir erfahren, wir ihr heißt?", wollte Alba wissen.

„Ich bin Graupelz", stellte sich der Anführer der Patrouille vor. Dann nannte er die Namen der anderen Wölfe. Sonnenuntergang, eine große Wölfin mit einem hellen Pelz und ihre Schwester Monduntergang, die einen sehr dunklen Pelz hatte. Der vierte Wolf war Bergpelz, dessen Fell sich von den Steinen ringsum kaum abhob. Um nicht unhöflich zu wirken, nannten Endres und Alba auch noch einmal ihre Namen. Mehr Worte wechselten die Wölfe nicht miteinander. Endres bemerkte jedoch, dass die Bergwölfe angespannt waren.



Die Wölfe liefen über den harten Steinboden und Endres fragte sich, wie sie das tagtäglich aushielten. Seine Pfoten taten jetzt schon weh. Ihm fehlten der weiche Waldboden und das sanfte Gras. Davon war hier in den Bergen nichts zu spüren. Nur grauer, steiniger Boden, der kein Ende nehmen wollte.

„Wohin gehen wir?", fragte Endres. „Wir gehen in einem Tal jagen, der Weg ist nicht mehr weit", erklärte Graupelz, während er nach hinten schaute, um besser mit Endres reden zu können. Dieser dachte bei dem Wort Tal an Wälder und weite Wiesen, auf denen die Wölfe jagen würden. Vielleicht unterschied sich ihr Leben doch nicht so stark von dem, wie Endres und Alba es kannten. Kurz darauf erreichten die Wölfe einen Felsvorsprung und vor ihren Augen öffnete sich das Tal, von dem Graupelz gesprochen hatte.

Endres staunte über den Anblick, der sich bot, auch wenn er nicht so aussah, wie er es sich vorgestellt hatte. Der Felsvorsprung lag hoch über dem Tal, links von ihm führte ein Pfad nach unten. Endres konnte etwas erkennen, das wie Gras aussah, aber anders roch. Einige dünne, schwache Nadelbäume schlugen aus dem Boden empor. „Und hier wollt ihr wirklich etwas jagen?", fragte Alba etwas fassungslos.

Im Reich der Wölfe - Halbmond (Band 2)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt