Kapitel 6

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"Da guck! Schon wieder! Die erkennen mich doch! Ich hab doch gleich gesagt, dass das sinnlos ist!", Liam zog seine Kapuze noch tiefer ins Gesicht und stieß seine Sonnenbrille weiter auf die Nase. "Wenn du noch weiter rumjammerst, erkennen sich dich an deiner Stimme, also halt deine Klappe, Liam!", zickte ich ihn an, weil er mir bestimmt schon seit 10 minuten die Ohren volljammerte. Dabei wollten wir einfach nur einen gechillten Bruder-Schwester-Tag machen. Na gut, diesen ins größte Shoppingzentrum Londons zu schieben, war vielleicht nicht die beste Entscheidung, aber ich liebte Shoppen und wenn er ehrlich war, tat Liam es auch. 

Eine etwas größere Mädchengruppe kam auf uns zu, ich zog meinen Bruder vor unserem Zusammentreffen jedoch in den nächstbesten Laden und bekam dafür einen fetten Wangenkuss von ihm.  Ich hatte nicht wirklich darauf geachtet, in was für einen Laden wir gegangen waren, aber jetzt wo ich mich umschaute, sahen die Klamotten ganz ok aus. Nein, viel mehr als ok!

Bestimmt schon eine halbe Stunde schlenderte ich von Ständer zu Ständer. Jedes einzelne Teil sah perfekt aus, sodass ich mich garnicht entscheiden konnte, welche Sachen ich anprobieren sollte. Liam hatte mir zwar aufgedrängt, dass er bezahlen würde, aber ich wollte ihn nicht ausnutzen. Es war ihm eh schon genug, gefühlte Stunden durch eine Damenboutique zu laufen. Die Anprobe schien daher schon ein Lichtblick für ihn zu sein. Er schmiss sich sofort auf die kleine rote Couch im Umkleidenbereich, als wir diesen betraten und ich mich mit dem Berg an Klamotten hinter einen Vorhang verzog. 

Die ersten Teile zeigte ich Liam garnicht erst, weil sie mich wie eine Presswurst aussehen ließen, doch nach einigen Minuten drängelte er mich zum Rauskommen und schob schließlich den Vorhang ein kleines Stück zur Seite, um reinzulinsen. Viel sehen konnte er nicht, da ich ihm den Vorhang vor der Nase wieder zuzog und mich weiter umzog. Mit einem kurzen Cocktailkleid kam ich wieder aus der Kabine und riss Liam aus seiner Langeweile. 

"Also Josh könntest du damit allemal überzeugen", grinste er und forderte mich zum Umdrehen auf.  Doch ich verweigerte und verschrenkte die Ame vor der Brust. "Was?!", fragte er belustigt. Er wusste genau, was ich meinte und ließ es sich noch eimal schön auf der Zunge zergehen. "Was habt ihr denn auf einmal alle mit Josh?!", zickte ich und stampfte zurück in die Kabine. Als ich die mit meinen vorherigen Klamotten wieder verließ, sah er mich verwirrt an. "Ja was?! Ich hab keinen Bock mehr!", ich ließ ihn nicht zu Wort kommen und steuerte den Ausgang des Geschäfts an. Im Augenwinkel sah ich Liam, wie er mir schnellen Schritts folgte. 

Den ganzen Weg bis ins Parkhaus rannte ich vor ihm weg und antwortete ihm nicht auf seine Versuche, mich wieder zu beruhigen. Josh war halt ein sensibles Thema inmoment für mich und jedes Mal, wenn sein Name fiel, schienen mir die Sicherungen durchzuknallen. 

Ich hatte seit ungefähr einer Woche nichts mehr von Josh gehört. Wir waren weder im Streit, noch in Liebe auseinandergegangen, aber so langsam musste ich einsehen, dass ich mich doch ein wenig in ihn verguckt hatte und das machte mir zu schaffen. Ich wollte es nicht, weil es nie Sinn machen würde. ich wollte es nicht, weil es Josh war.

Paul wollte uns fahren und Paul war noch nicht da und Paul sollte gefälligst bald kommen! Wütend quetschte ich einen Kieselstein mit meinem Schuh auf den Betonboden. "Jetzt komm mal wieder runter, Jona! Ich hab überhaupt nix schlimmes gesagt und du rastest gleich aus", klang seine ruhige Stimme in meinen Ohrmuscheln. Sie machte mich noch viel wütender, weil ich wusste, sie würde mich gleich beruhigen und ich könnte Liam so nicht zeigen, dass ich sein Verhalten nicht weiter duldete. "Liam lass das!", zischte ich und sah zu Boden, während er sich vor mich stellte. "Meinst du nicht, dass die meisten gemerkt haben, dass du Josh toll findest?", er schob mein Kinn nach oben, doch ich wich seinem Blick weiter aus. "Und soll ich dir mal was sagen?! Das ist nicht schlimm und keiner macht sich darüber lustig! Und wenn, dann kriegt derjenige es mit mir zu tun!", kicherte er und legte einen Arm um mich. Ich stützte meinen Kopf an seiner Schulter ab und seufzte. Er war, ist und wird halt immer mein großer Bruder bleiben.

In His GripWo Geschichten leben. Entdecke jetzt