Mit jeder Minute fiebere ich mehr auf 22 Uhr hin. Um diese Uhrzeit will Zarry bei mir sein. Mein Bewacher fährt gerade wie erwartet nach Hause.
Verständlich, denn wer will schon in einem Krankenhaus auf einem Stuhl im Flur die Nacht verbringen.
Außerdem kann oder darf ja sowieso keiner herein außerhalb der Besuchszeiten. Eigentlich.
Aufgeregt sehe ich zum hundertsten Mal auf die Uhrzeit. 21:59 steht in großen weißes Zahlen auf meinem Sperrbildschirm.
Dann höre ich die Türklinke herunter gehen. Aufgeregt halte ich reflexartig den Atem an. Jetzt werde ich ihn das erste Mal sehen.
Zarry, der mein Herz im Sturm erobert hat. Ich bin schon sehr neugierig darauf wer er ist und ob ich ihn überhaupt kenne.
Doch mit dem, der wirklich gerade mein Zimmer betritt, rechne ich nicht im Geringsten.
"Hannah?", höre ich ein Flüstern von der Tür. "Ja?", meine ich leise zurück und aus meiner Stimme kann man die Aufregung deutlich heraushören.
Das nächste Geräusch ist eine sich schließende Tür und dann Tritte auf dem Boden. Kerzengerade sitze ich in meinem Bett. Dann sehe ich eine Fußspitze und dann immer mehr von dem nächtlichen Besucher.
Die Zeit scheint in Zeitlupe zu vergehen. Dann steht er neben meine Bett. Bei seinem Anblick, fällt mir die Kinnlade regelrecht herunter.
"Zayn?", meine ich sehr verwundert. "Ja...Überrascht?", fragt er und fährt sich unsicher durch die Haare. Diese Geste kenne ich sehr gut.
Da ich kein Wort mehr herausbekomme nicke ich einfach nur. "Ich hoffe nicht im negativen", meint Zayn und sieht mich an. In seinen Augen ist Angst und Unsicherheit zu sehen, aber auch eine leichte Freude.
"N...nein", hauche ich und mache dann Platz neben mir im Bett, dass er sich auch hersetzen kann. Mit einem Klopfen neben mich, mache ich ihm deutlich was ich will.
"Danke", meint er und lächelt mich erleichtert über meine Antwort an. Dann setzt er sich neben mich aufs Bett. Eine Weile schweigen wir.
Ich muss die Überraschung erst einmal verdauen. Nie im Leben hätte ich mich Zayn gerechnet. Auch wenn ich ihn schon ewig liebe, wusste ich bis jetzt sicher, dass er nicht so empfindet. Doch plötzlich weiß ich gar nicht mehr, was ich denken soll.
"Ich weiß nicht wo ich anfangen soll", bricht Zayn das Schweigen zwischen uns. "Bei was?", frage ich leise.
"Es gibt so vieles, dass ich dir sagen muss", meint er und sieht mir in die Augen, "ich kann mich nur nicht entscheiden wo ich anfangen soll"
Er ist unsicher. Soviel ist mir schonmal klar. Seine ganze Ausstrahlung, seine Stimme und vor allem seine Augen sagen das laut und deutlich.
"Dann fang doch einfach irgendwo an", sage ich lächelnd. Zayn entweicht ein leichtes nervöses Lachen.
"Hannah...so einfach ist das leider nicht", seufzt er und fährt sich durch die Haare, "es gibt so viel, was ich dir all die Jahre sagen wollte"
Verwundert sehe ich ihn an. "Wie meinst du das den jetzt?" Ich werde gerade nicht so schlau aus dem Satz, da er sich ja von mir abgewandt hat.
"Ich weiß, dass es aus deinem Blickwinkel unlogisch klingt. Aber wenn du erstmal alles weißt, wird es dir mehr als nur klar sein", meint er unsicher.
"Dann fang doch an", langsam werde ich ein bisschen ungeduldig und beginne zur Beruhigung auf meinen Fingern herumzudrücken.
"Sei doch nicht so ungeduldig", meint Zayn belustigt. Verwundert sehe ich ihn an und bevor ich fragen kann, woher er von meiner Ungeduld weiß, antwortet er mir schon. "Du knetes immer deine Finger wenn du ungeduldig wirst", grinst er mich leicht an.
Verlegen sehe ich weg. Zu meinem Glück sitzen wir in einem dunklem Zimmer und er sieht meine vor Verlegenheit leicht roten Wangen nicht.
"Am besten fange ich mal an..", flüstert er dann und atmet einmal tief ein und aus. Dann beginnt er tatsächlich zu erzählen.
"Zu allererst solltest du wissen, dass ich nicht freiwillig den Kontakt zu dir abgebrochen habe", meint er. Sofort sehe ich ihn verwundert an. "Wie?", frage ich leise.
"Dein Vater hat mir jeglichen Kontakt mit dir verboten. Den Grund will ich dir nicht sagen. Es tut mir zu sehr weh...vielleicht später", flüstert er und sieht auch mir in die Augen.
Tränen schimmern nass in seinen Augen. Sofort schließe ich ihn einfach vorsichtig in den Arm. Die Schmerzen in meinen Rippen ignoriere ich dabei einfach.
Zayn ist gerade wichtiger. Dieser vergräbt seinen Kopf unter meinen Haaren und ich spüre seinen Tränen feucht meinen Hals hinunter laufen.
Seine Hände krallen sich in mein T-Shirt. "Es tut mir so leid Hannah", flüstert er immer und immer wieder.
"Psscht...es ist doch alles okay", meine ich leise und streiche beruhigend über seinen Rücken. Der sonst so stark und taff wirkende Zayn, liegt gerade weinend in meinen Armen. Ein Anblick, den ich nie für möglich gehalten hätte.
"Nichts ist okay...ich habe dich all die Jahre lang alleine gelassen. Hab zugesehen, wie du total einsam warst und hab dich sicher oft verletzt, wenn ich wieder bei deiner Schwester war...", weint er fertig in mein T-Shirt.
"Ich bin dir nicht böse. Es wird doch alles seinen Grund gehabt haben", flüstere ich und streiche ununterbrochen beruhigend über seinen Rücken und drücke seinen Kopf mit der Anderen Hand an mich.
"Ich hab nur weiterhin Kontakt mit Selina gehabt, weil es die einzige Möglichkeit war, dir zumindest ein bisschen nah zu sein. Du warst und bist die Einzige mit der ich meine Zeit verbringen will"
Er bricht ab und weint stärker. Immer wieder versucht er weiter zu reden. Aber seine Tränen lassen es nicht zu.
"Hör auf zu reden. Beruhige dich erstmal", flüstere ich und lasse mir seinen Satz durch den Kopf gehen. Wieso er sich dann nicht mit mir getroffen hat und was mein Vater damit zu tun hat, verstehe ich immer noch nicht so ganz.
Wieso sollte er Zayn den Kontakt mit mir verbieten? Wieso erst nach meinem Unfall? Was war mit den Jahren zuvor?
"Hannah...es tut mir so unendlich leid. Ich habe dich so verletzt. War so ein Idiot. Ich wollte nur bei dir sein. Ich habe Nächte lang wach gelegen und an dich gedacht. Von dir geträumt. Überlegt wie ich wieder Kontakt aufnehmen kann ohne, dass dein Vater es mitbekommt", meint er dann, als er sich zumindest ein bisschen beruhigt hat.
Vorsichtig lässt er mich wieder los und sieht mir in die Augen. Er sieht verheult aus, doch das ist mir ziemlich egal.
"Zayn, ich verzeihe dir doch! Aber eine Frage habe ich noch. Wieso hat mein Vater dir den Kontakt mit mir verboten?", flüstere ich regelrecht.
Zayn sieht auf den Boden. Ich merke ihm gerade sehr an, dass ihn der Grund sehr zu verletzen scheint.
"Sag nichts...Erst wenn du dazu bereit bist", meine ich bevor er mir eine Antwort geben kann. Ich will ihn nicht quälen. Er soll von sich aus bereit sein, mir alles zu erzählen.
"Danke, dass du noch warten kannst. Ich hab es bis heute noch nicht so ganz verdaut, was dein Vater damals zu mir gesagt hat", flüstert er und sieht mir wieder in die Augen.
"Ich muss dir aber noch eine Sache erzählen", meint er und sieht mir tief in die Augen. Fragend sehe ich ihn an.
"Den Grund wieso ich dich angeschrieben habe", flüstert er und atmet nochmal tief ein und aus. Seine Augen schließt er nochmal kurz, bevor er wieder in meine sieht.
"Harry und ich haben eine Wette gehabt. Wer ein Mädchen schneller im Bett hat. Du warst mein Teil der Wette. Eigentlich habe ich nur mitgemacht um endlich alles abschließen zu können...", meint er und ich muss schlucken, als er damit anfängt.
Es verletzt mich, dass er nur wegen einer Wette mit mir geschrieben hat. Aber vor allem die Tatsache, dass er mit mir abgeschlossen hat, trifft mich wie ein Schlag Mitten ins Gesicht.
Er öffnet gerade seinen Mund und will weiter reden, als die Tür geöffnet wird und eine Krankenschwester im Zimmer steht.
Sichtlich geschockt sieht sie Zayn an. "Junger Mann, die Besuchszeiten sind schon längst vorbei. Sie müssen jetzt gehen!", meint sie dann sehr bestimmt und auch etwas sauer.
"Gleich. Ich muss nur noch eins sagen", sagt er und sieht die Krankenschwester bittend an.
"Nein sie waren lange genug hier! Die Patientin braucht Ruhe", damit packt sie ihn am Arm und zieht ihn aus dem Zimmer.
Traurig sehe ich ihm hinterher. Dann lege ich mich hin. Alles was er mir eben gesagt hat, lasse ich mir nochmal durch den Kopf gehen. Meinen Gefühlen für ihn werde ich mir dabei erst so richtig bewusst.
Wieso habe ich nur immer noch Gefühle für ihn, die sogar wieder stärker geworden sind? Wieso hat er mich nur angeschrieben? Warum musste ich Teil einer solch idiotischen Wette sein? Wieso, weshalb, warum?
Ich bin zutiefst verletzt, dass er so mit mir gespielt hat. Leise fange ich an zu weinen. Die Tränen laufen mir solange über die Wangen bis ich erschöpft einschlafe.
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Verhängnisvolle Wette
FanfictionHannah ist das schüchterne unbeliebte Mädchen und somit das ganze Gegenteil von ihrer überall beliebten Zwillingsschwester Selina. Und dann gibt es da noch Zayn. Selinas besten Freund, mit dem sie auch eher unfreundschaftliche Spielchen treibt. Von...