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Zwei Tage später

Ich hatte dem Mädchen immer hinterher geschaut, wenn sie in der Pause an mir vorbei lief und Fine hat mir dann immer in die Seite gestubst, wenn ich anfing, zu starren.

Jetzt wartete ich vor dem Englischraum und die zwei Typen Tobias und Alexander kamen auf mich zu.
„Da ist wieder Alice, sie verfolgt uns“ meinte Tobias „Und jetzt redet die nicht mit uns. Ne, Tobi, sie hasst uns.“ fügte fügte Alex hinzu. Ich musste mir ein Lachen verkneifen, ich mein doch: die beiden reden nur Scheiße.
Ich antworte den beiden meistens nicht, weil ich einfach nicht weiß, was ich antworten soll, oder mich nicht traue.

Manchmal hasse ich es, introvertiert zu sein.
Es bringt einen auch oft zum verzweifeln.
Immer, wenn ich darüber nachdenke, könnte ich heulen.
Ich hatte auch schon mehrere Albträume davon.
Das hört sich bestimmt dumm an
'Hä? Albträume über Introvertiertheit? Wie soll das denn gehen?'
Na ja, es ist schrecklich, wie jeder Albtraum eigentlich.
Zum Beispiel in meinem letzten Albtraum: ich saß in der Schule mit meiner ehemaligen Klasse und mir ging es schlecht (psychisch), ich wollte raus und nicht vor der Klasse heulen, doch die Tür war abgeschlossen. Also habe ich mich unter einem Tisch versteckt und geheult.
Dann fingen alle an zu fragen was los sei.
Ich hätte Romane vortragen können, wie schlecht es mir doch ging und was mir fehlt und was los ist. Meine Gefühle.
Aber kein Wort ist aus mir raus gekommen, da ich mich nicht getraut habe, was zu sagen.
Also musste ich still weiter leiden und keiner konnte mir helfen.
Alle haben nur auf mich eingeredet.

Ich wollte irgendwas Konterndes zu den beiden Typen sagen, aber mir viel nichts ein.
In 5 Minuten fällt mir bestimmt ein guter Konter ein, aber dann ist es zu spät.
Wie immer.

Die beiden ließen von mir ab, als sie merkten, dass ich nicht antworten würde.
Und da war es wieder: Das Gefühl, allein gelassen zu werden.
Hab ich mir aber selbst zu zu schreiben, wenn ich nicht antworte.
Wer kann denn bitte wissen, dass eine Person introvertiert ist, wenn man sie nicht kennt?
Also kann man es ihnen nicht übel nehmen.

Der Lehrer schloss die Tür auf und alle folgten dem Lehrer in den Raum.
Ich war einer der ersten, die den Raum betraten.
Zweier-Tische, toll. Nicht,
Ich werde entweder neben einem nervigen Streber sitzen oder einem Mädchen, was die ganze Zeit quatschen will.
Ich setzte mich in die zweite Reihe mittig und stellte meinen Rucksack auf den Stuhl neben mir.
Das sollte nämlich signalisieren, dass hier kein Platz mehr frei ist, denn ich hoffte inständig, dass der Platz frei bleiben würde. Zumindest für das erste Halbjahr, bis ich die Leute aus meinem Kurs besser kennen gelernt hatte.

Zu meinem Pech sah ich aus dem Augenwinkel jemanden auf mich zu kommen.
Bitte bleib nicht an meinem Tisch stehen, bitte bleib nicht an meinem Tisch stehen.
Doch die Person blieb an meinem Tisch stehen.
Shit.
Eine weibliche, sanfte Stimme erklang.
„Ist hier noch frei?“
Ich drehte mich um und erstarrte.
Das ist sie.
Endlich sah ich ihr Gesicht.
Oval, Sommersprossen (übrigens wie ich), blau-grüne Augen und relativ volle Lippen.
Einfach wow.
Ich ertappte mich, wie ich zu starren begann und sah schnell auf meine Hände.
Warum war Fine jetzt nicht da, um mir in die Seite zu stubsen?
Sie war leider in einem anderen Englisch Kurs gelandet.
„Eh, ja, okay.“ brachte ich nur aus mir raus
Ich hätte mich wider dafür schlagen können.
Ich nahm meinen Rucksack vom Stuhl und sie setzte sich hin.
Mein Puls stieg von 0 auf 100 und ich fing an an einem der beiden Haargummis an meinem linken Handgelenk herm zu spielen.
Hinter uns setzten sich Tobias und Alex.
„Da isse wieder, die Alice“ meinte Alex zu Tobi.
Das Mädchen neben mir grinste nur und ich schwieg einfach wieder.
„Reden ist nicht so deins, Alice, oder?“ meinte Tobias.
Ach, jetzt erst gemerkt? Ihr seid ja richtige Blitzmerker.
„Ouh sie redet! Tobi, sie redet.“
Was? Kam das gerade aus meinem Mund?
Wenn ein Gedanke zu Gesprochenem wird…
Ich schaute ertappt und drehte mich dann um nach vorne, denn der Lehrer wollte anfangen, zu sprechen.

„Hallo liebe Schüler und Schülerinnen der EF, ich bin Herr Butz, aber viele kennen mich bestimmt schon aus dem bilingualen Unterricht der 9. Klasse.“ setzte er an.
Jap, ich kannte Herr Butz schon. Er verteilt faire Noten und ist ein ganz guter Lehrer.
Alles in Allem hätte ich ihn mir damals gerne als Klassenlehrer für die Mittelstufe gewünscht.
„Ich werde jetzt die Anwesenheitsliste durchgehen und hoffe, eure Namen nächste Woche drauf zu haben.“
Und das traute ich ihm sogar zu, er merkt sich Namen schnell und da er die meisten ja schon kennt, müsste es locker zu schaffen sein, sich die restlichen 13-17 Namen zu merken.
Ich war die Neunte in der Liste und meldete mich als der Name „Alice Di Mare“ aufgerufen wurde.
Ich war zur Hälfte Italienisch -die mütterliche Hälfte- , deshalb hatte ich diesen -meiner Meinung nach- coolen Nachnamen mit Adelstitel (Das stimmt wirklich, nur dass ich nicht „Di Mare“ heiße, leider)
Bei dem Namen „Gracie Hebermann“ meldete sich meine Sitznachbarin
Aha, eine Deutsche also.
„Schöner Name“ rutschte es mir raus und ich wurde augenblicklich rot.
„Danke“ lachte sie
„Deiner ist aber auch schön. Alice Di Mare. Ist das Italienisch und heißt 'vom Meer'?“
Ich nickte nur mit hochroten Wangen.

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So 905 Wörter.
Mein längstes Kap.
Dafür sind die nächsten etwas kürzer.

- Alicia D.Driima 💕

Ein etwas anderer Crush  (girlxgirl)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt