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Fuck, was hatte ich mir bloß dabei gedacht, ihn küssen zu wollen, meinen Entführer. Ich musste zugeben, dass es mir immer schwerer fiel, ihn als meinen Entführer zu sehen. Die ganze Situation verwirrte mich, es fiel mir schwer, einen klaren Gedanken zu fassen. Ich wusste, dass ich ihn eigentlich hassen musste und mich gegen ihn wehren musste, aber irgendwie tat ich es nicht, ich versuchte es nicht mal. Enzo hielt mich hier fest, fest bei ihm und zwang mich dazu, mein Leben aufzugeben, um bei ihm zu sein, und das musste ich mir langsam klar machen. Ich würde nie wieder ein normales Leben führen können, ich würde ihn immer ausgeliefert sein. Ein Leben mit ihm, ein Leben als Mitglied der Mafia konnte nichts für mich sein, es würde mich irgendwann zerstören, er würde mich irgendwann zerstören. Sein Leben war kalt, gefährlich, grau und ich verstand, dass er die Einsamkeit darin vernichten wollte, aber ich wollte sie nicht fühlen. Ich wollte mich nicht selbst verlieren, nur um seine Einsamkeit und Traurigkeit zu füllen. In dieser knappen Woche zeigte mir Enzo, dass er Wert auf Respekt legte, mehr konnte ich von ihn nicht deuten.

Er telefonierte unruhig, sprach auf Italienisch und hielt vor dem Fenster an. Er starrte nach draußen, während er sich langsam beruhigte, kaum noch sprach, warf nur noch einige kurze Sätze in dem Gespräch. Ich verstand nur einzelne Worte, mein Italienisch war nie gut gewesen. Einige Male drehte er sich zu mir und sah mich mit einem undefinierbaren Blick an, ich wusste, dass es im Gespräch um mich ging. Er verabschiedete sich mit einem genervten Schnauben, bevor er sich zu mir drehte und mit großen Schritten zu mir kam. Ich blieb sitzen, sah ihn an, betrachtete sein markantes Gesicht. Meine Hände lagen gefaltet auf meinen Schoß, während ich meine Beine überkreuzte.

"Meine Eltern möchten dich am Wochenende kennenlernen" sprach er, während er sich hinsetzte. Ich räusperte, mich wollte anfangen zu sprechen, bevor er meinen Versuch abbrach. "Sie möchten, bevor sie mit den Vorbereitungen für die Hochzeit beginnen, dich kennenlernen und ich möchte, dass du dich dann benimmst." seine Stimme war ruhig, aber ich wusste, er würde keine wieder Worte akzeptieren.

Ich hatte mich nicht mal mit den Gedanken angefreundet, ihn zu heiraten und schon sollte ich seine Familie kennenlernen, das konnte ich nicht. Ich war noch nicht bereit, die Mafia kennenzulernen, in diesen Mist tiefer zu stecken, als ich es schon tat.

"Wann werden wir heiraten?" fragte ich, kann meine Beherrschung kaum noch halten.

"Es kommt drauf an, aber wenn alles nach Plan läuft, dann Anfang nächster Woche" brummt er zurück, während er mich prüfend ansieht.

"Worauf kommt es an?" frage ich neugierig nach. Sein Blick ist immer noch prüfen, als könnte er meine aufsteigende Wut sehen.

"Ob meine Familie dich akzeptiert" räuspert er sich, während er sich langsam gelassen zurücklehnt. Ihn gefällt es, mich hilflos zusehen zu sehen, das ich ihn völlig ausgeliefert bin. Ich frage mich, weshalb er die Erlaubnis seiner Eltern braucht, um mich zu heiraten, er kommt mir nicht so vor, als würde er nach Erlaubnis fragen, niemals.

Seufzend mache ich ihn nach und lehne mich ebenfalls zurück, während ich meine Arme vor meiner Brust überkreuze. Meine Augen sind zu schlitzen geformt, während ich ihn ansehe.

"Bist du dir sicher, dass du eine völlig fremde Frau heiraten möchtest, mit dem Wissen, das du mich zwingst und ich dich niemals lieben werde?" frage ich ihn, während ich seinen Blick versuche standzuhalten.

Enzo sieht mich einige Sekunden weiter an, bevor sein linker Mundwinkel sich langsam erhebt und er mich grinsend ansieht. Sein Oberkörper lehnt sich langsam nach vorne, während seine Ellbogen auf seinen Beinen Platz finden.

"Du bist mir nicht fremd, ich habe alles über dich erfahren, alles über dein Leben und ich bin mir sicher, dass es nicht lange dauern wird, bis du dich unsterblich in mich verliebst." flüsterte er mir grinsend zu.

Es stört mich, dass er Sachen über mich weißt und ich nicht genau weiß welche, abgesehen von seiner Arroganz, die mir seit Tag eins aufgefallen war. Er sieht gut aus und das wusste er genau und mich würde es auch nicht wundern, wenn er ein Frauenschwarm ist. Dass er dachte, ich könnte mich ihn verlieben bewies seine Arroganz, dennoch war ich verwundert, wie er mit mir sprach, denn es war das allererste Mal, dass er so Jugendhaft sprach. Er sprach sonst immer überlegt, nicht viel, immer gefasst und nie unbedacht.

Nochmal tat ich ihn alle seine Bewegungen nach und lehnte mich ebenfalls nach vorne, unseren Gesichtern waren sich schon wieder so nah, dass man den Atem des anderen spüren konnte. Seine Haut war rein, keine Spur von Narben und hatte eine schöne Bräune, die sicherlich von der ständigen Sonne hier kam. Seine Augenbrauen hatten eine perfekte Form, sahen aber nicht danach aus, als würden sie gezupft werden, sie schmeichelten perfekt seine Augen. Seine Augen, die mich so oft anstarrten als würden mich lesen und kontrollieren wollen. Seine vollen Lippen sahen so einladend aus, sie sahen perfekt aus, wenn sie sich zu einem Lachen zogen. Enzo sah einfach wie aus einem Katalog geschnitten, geformt und herausgeschnitten, um Frauen den Kopf zu verdrehen.

"Ich werde mich niemals in dich Verlieben, denn der Hass dir gegenüber wird diese Gefühle stets vernichten" brumme ich leise, aber bestimmend, während meine Augen seine gefangen halten. Sein Grinsen ist schon längst verschwunden, die Kälte kehrt zurück, gewinnt überhand und sein wahres Gesicht zeigt sich.

"Sei dir da mal nicht so sicher" seine Stimme klingt verletzt und wütend, während seine Augen zu meinen Lippen sehen. Er wollte mich küssen, wie vorhin schon, aber ich werde es nicht zulassen, ich kann es nicht zulassen. Ich kann seine Nähe und ihn nicht an mich ranlassen, denn das würde mich zerstören.

"Ich bin es aber" flüsterte ich zurück und ziehe mich wiederholt zurück, um mehr Abstand zwischen uns zu bringen und die angespannte Stimmung im Raum zu lockern. Es wundert mich nicht, dass er von mir geliebt werden möchte, dass er glaubt ich könnte es jemals tun.

Diese Ehe würde mir zeigen, dass seine seit Jahren in ihn verankerte Einsamkeit das schlimmste in ihn zum Vorschein brach, dass es ihn gefiel Schmerz und Kummer zu verursachen, und mir wurde bewusst, das er mich heiratete, um den Anker loszureißen. 






ᴍᴀꜰɪᴀ'ꜱ ᴍᴀɴWo Geschichten leben. Entdecke jetzt