.Little Boy.

36 7 3
                                    

Mein Plan aus dem Zelt zu verschwinden war vielleicht doch nicht so genial, wie ich dachte, schließlich kenne ich mich hier nicht aus und habe dementsprechend auch keinen Plan, wo ich hingehen soll. Rechts befindet sich der Pfad, von wo wir gekommen sind, wo sich viele fremde Menschen befinden.
Links dagegen erkenne ich weniger Menschen, die mich komisch anstarren, wodurch ich diese Richtung wähle und an vielen Zelten entlanglaufe.

Man kann sie eigentlich nicht einmal wirklich Zelte nennen, die meisten bestehen nur aus einer Plane, die über einer Schnur hängt und die zwischen zwei Bäumen gespannt ist. Man erkennt die provisorische Ausstattung der Unterkünfte, was zeigt, wie unerwartet es für sie wohl doch war, alle hier her zu bringen.

Das erste größere Zelt, an dem ich seit meiner Flucht vorbeilaufe, erreicht mein Blickfeld. Allgemein erstreckt sich dieses Lager viel weiter, als ich vermutet habe. Es ist dunkelgrün und rund, anders als die meist eckigen Zelte hier. Da der Eingang nicht verschlossen ist und auch sonst kein Anzeichen zu sehen ist, dass hier jemand wohnt, schlüpfe ich schnell hinein.

Doch schnell erkenne ich meinen Irrtum, da sich links eine Art Schlafplatz befinden, der ziemlich zerwühlt aussieht. "Na, wer besucht mich denn hier?" Mein Kopf eilt nach rechts zu einer älteren Frau mit langen dunkelblonden Haaren.

Die Haare. Das Gesicht. Diese Haltung. Ich erkenne sie sofort auch wenn sie andere Kleidung trägt. "Verzeihung, ich wusste nicht das hier jemand ist." Ich senke meinen Kopf und warte ins Stille hinein.

"Nun schau schon auf. Hier bin ich nicht von hohem Stand." Langsam hebe ich meinen Blick wieder. Ich habe sie oft in der Bibliothek lesen sehen, konnte die Schönheit ihrer prachtvollen Kleider bewundern und ihr zartes Lächeln, was stets ihr Gesicht begleitet.

"Nur weil ihr kein Kleid tragt, heißt das nicht, dass ihre keine Königin mehr seid." Meine Mundwinkel zucken ein wenig nach oben und die Königin nähert sich mir mit langsamen Schritten.
Sie sieht etwas erschöpft aus.

"Kennen wir uns? Ich habe dich noch nie zuvor im Schloss gesehen." Mit verschränkten Fingern und einem nachdenklichen Blick steht sie vor mir. Dennoch sieht sie in dieser Lumpenkleidung geradezu vornehm aus. Auch wenn sie Bild-hübsch ist, merkt man an den Falten um ihre Augen deutlich die Jahre, die sie bereits hinter sich hat.

"Nein, euer Hoheit. Sie haben mich nie bemerkt." Ich kenne sie eigentlich schon mein Leben lang, weswegen ich auch Achtung vor ihr besitze. In meinen Träumen, die ja auch die Realität zeigten, war alles, im Großen und Ganzen betrachtet, immer friedlich. Sicher, Gewalt gab es dennoch, aber nie in einem Maß, was die Situation eskalieren ließ und aus diesem Grund hat sie meinen Respekt.
"Schade, ich hätte deine Gesellschaft sicher erheiternd gefunden." Wir schauen uns gegenseitig in die Augen und fangen gleichzeitig an, etwas zu grinsen. Sie ist wirklich nicht so, wie man sich eine Königin vielleicht vorstellen würde. So fröhlich und offen.

"Darf ich sie etwas fragen?", nutze ich die Gelegenheit und warte einen Moment. Doch da kein Gegenspruch von ihr kommt, fahre ich fort.
"Was ist ihr Geheimnis?" Irgendetwas muss ihr doch geholfen haben so eine Kontrolle zu besitzen. Etwas, was ich ebenfalls gebrauchen könnte . . .

"Es gibt kein Geheimnis.", schlagfertigt sie lächelnd und ich werde etwas frustriert.

"Aber-"

"Glaube nicht, dass ich perfekt bin , Liebes. Auch ich habe Fehler gemacht, so wie jeder in seinem Leben.", unterbricht sie mich ruhig.
"Der Schlüssel ist, wie man sich nach solchen Fehlern verhält." Da ist etwas Wahres dran, vielleicht sollte ich daran arbeiten. Meine Reaktionen zum Beispiel waren in letzter Zeit wirklich nicht Lobenswert.

Eine Traumwelt wird zur WirklichkeitWo Geschichten leben. Entdecke jetzt