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Ihre Haare waren völlig verschnitten. Eine Seite sogar fast ganz kurz. Wie konnte Toby nur zu so einem Monster werden? Das was er da getan hatte, war mehr als nur ein paar Fotos auf Tischen verteilen. Das war Körperverletzung. Er hatte ihr tatsächlich gegen ihren Willen die Haare abgeschnitten...
Stille umhüllte uns. Ich denke, dass wir beide nicht wussten, wie wir mit dieser Situation umgehen sollten, wie wir mit Toby umgehen sollten. War das erst der Anfang? Ich, die sonst so taffe Lou', hatte Angst. Ich hab nicht wirklich Angst um mich, da ich mir selbst nie wirklich wichtig war, doch jetzt ist da jemand in meinem Leben, für den ich nur das Beste will. Ich habe Angst um Mel'.
Mel' löste sich langsam von mir und sah mich mit ihren wunderschönen, zerbrechlichen Gesicht an. "Er ist zu weit gegangen. Wir gehen jetzt zur Schulleitung!", beschloss ich und ich wollte gerade los gehen, doch Mel' hielt mich am Arm fest und sagte: "Tu das bitte nicht! Er meinte, wenn wir irgendjemanden davon etwas erzählen, dann wird noch etwas viel schlimmeres passieren." Für einen kurzen Moment lachte ich innerlich. Er war tatsächlich so schlau und hatte vorgesorgt. Ich wusste nicht was ich machen sollte. Ich will ja schließlich auch nicht, dass er ihr weh tut. Ich nahm sie bei der Hand und nahm sie mit zu mir nach Hause. Meine Eltern waren beide arbeiten, was gut war, sonst würden sie sehr wahrscheinlich viel zu viele Fragen stellen. Mel' weinte immer noch um ihre Haare, doch mir blieb nichts anderes übrig, als sie weiterhin zu schneiden, damit sie wenigstens nicht mehr ganz so ruiniert aussahen. Nach einer Weile hatte ich es ungefähr geschafft die Haare etwas länger, als ihr Kinn zu schneiden. Es sah sehr ungewohnt aus, da ich sie bis jetzt nur mit langen Haaren kannte, doch die neue Frisur stand ihr wirklich gut. "Danke. Weist du eigentlich dass ich dich sehr, sehr liebe?", fragte ich mich Mel' und sofort küsste ich sie und flüsterte in ihren Mund: "Ja, und weist du was? Ich dich auch!" Dieses Mädchen war atemberaubend und sie war mein Mädchen.

Es war einige Zeit vergangen und mittlerweile lagen Mel' und ich auf meinem Bett und sie schlief auf meinen Oberschenkeln. Der Tag war ziemlich Nerven strapazierend. Ich musste irgendwie einem Plan entwickeln, damit Toby uns in Ruhe lässt. Doch auch irgendwann packte auch mich dann die Müdigkeit und ich schlief ein.

Am nächsten Morgen wachten Mel' und ich viel zu spät auf. Es war schon neun Uhr durch und und war klar, dass wir Ärger bekommen würden, wenn wir jetzt noch zum Unterricht erscheinen würden. So hatten wir wenigstens eine Ausrede für den vorherigen Tag. Wir würden einfach sagen, dass es uns nicht so gut ging. Ich wälzte mich aus dem Bett, während Mel' noch langsam wach werden musste, und bereitete schon mal das Frühstück vor. Ich packte Brötchen, Aufschnitt und ein paar Getränke auf den Tisch und fing an ein paar Bacon zu braten. Nach einer Weile kam auch Mel' hinunter in die Küche. "Mhm, Bacon. Mein Lieblingsessen!", schwärmte sie und setzte sich an den Tisch und klaute sich eine Scheibe Salami vom Teller. Als die Bacon fertig waren, servierte ich sie und wir begannen mit dem Frühstück. "Und was hast du heute so vor?", fragte ich Mel'. "Na, das gleiche, was du vor hast" Sie zwinkerte mir zu und biss in ihren Bacon. Ich fing an zu schmunzeln. Sie ist so süß! "Erst einmal melde ich uns beide in der Schule krank und danach könne wir gerne ein wenig spazieren gehen. Das Wetter ist heute sehr schön", schlug ich vor und Mel' nickte.
Als wir fertig mit dem Essen waren, erklärte Mel' sich dazu bereit den Abwasch zu übernehmen, während ich uns in der Schule entschuldigte. Danach zogen wir uns frische Klamotten an, wobei ich Mel' ein paar von meinen Sachen lieh und begaben uns nach draußen. "Lou'? Ich glaube du machst dir zu viel Sorgen um mich." Ich warf ihr einen verdutzten Blick zu. "Wieso? Ich mach mir nunmal Sorgen, wenn meiner Freundin gegen ihren Willen die Haare abgeschnitten werden?!", "Ja, aber ich merke, dass dich das sehr beschäftigt. Ich möchte, dass wir genauso glücklich sind, wie wir es vor diesem >Unfall< waren ok?" Ich verstand Mel's Anmerkungen nicht. "Tut mir leid, wenn du dich gerade nicht glücklich in dieser Beziehung fühlst, weil ich nicht vergessen kann, was Toby dir angetan hat! Ich liebe dich und ich will dich beschützen, verstehst du das nicht?", wurde ich nun etwas lauter. "Natürlich verstehe ich das, aber deswegen muss man nicht rund um die Uhr die Augen offen halten. Ich möchte, dass es einfach ganz normal weiter geht."
Ich zeigte keinerlei Verständnis. Hätte mir jemand so etwas angetan, hätte ich ihn wahrscheinlich die Eier abgeschnitten und ihr ist es schon zu viel, wenn man sich Sorgen macht? Langsam stieg die Wut in mir auf: "Weist du, ich kann aber nicht einfach so mit ansehen, wie mein Ex meine Freundin fertig macht!" Mel' lachte kurz auf. "Er macht mich doch nicht fertig?! Ok, er hat mir die Haare abgeschnitten, aber das kann er ja schlecht nochmal machen. Da ist ja jetzt nichts mehr zum abschneiden." Ich schüttelte den Kopf. Das konnte schlecht ihr Ernst sein. "Ganz ehrlich. Dann komm doch mit deinem neuen Friseur zusammen. Scheint, als würdest du da sogar eine Gehirnwäsche zum Haarschnitt dazu bekommen", warf ich ihr an den Kopf, drehte mich um und ging.

All her little things. Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt