Seufzend liege ich in meinem Bett und starre an die Decke. Seit meine Mutter und ich unsere Wohnung so gut wie leer geräumt haben, sind schon wieder ein paar Tage vergangen. Meine Mutter sucht weiter nach einer Wohnung für uns, die Aufräumarbeiten laufen auf Hochtouren und ich möchte eigentlich gar nicht aufstehen. Unten höre ich Molly und Mom schon kochen. Wahrscheinlich kommt irgendjemand gleich hoch und ruft mich zum Frühstück. Müde stehe ich nach ein paar Minuten endlich auf und schlurfe ins Bad um mir anständige Sachen anzuziehen. Als ich die Tür zu meinem Zimmer öffne, steht mir Ginny gegenüber, die anscheinend gerade rein kommen wollte. ,,Ich wollte dich gerade zum Frühstück rufen,'' lacht sie und wir gehen zusammen runter. ,,Morgen, Kleines,'' begrüßt mich meine Mutter und drückt mir einen Kuss auf den Scheitel. ,,Morgen,'' antworte ich nur müde und setze mich neben Fred. ,,Na, gut geschlafen?,'' neckt er mich und kassiert dafür einen Schlag in die Rippen. ,,Das werte ich mal als nein,'' lacht er und reibt sich die Seite. ,,Mom? Was ist eigentlich jetzt mit dem Zimmer in der Wohnung?'' Meine Mutter versteift sich ein wenig und setzt sich vor mich. ,,Ich hab mich entschieden alles weg zu schmeißen. Ich weiß nur noch nicht wann ich es zusammen packe,'' antwortet sie und widmet sich ihrem Frühstück. ,,Bist du dir sicher? Naja, aber mach dir keine Sorgen ich mach das schon. Du bleibst einfach hier und hilfst Sirius beim aufräumen,'' erwidere ich. Dankbar und erleichtert lächelt meine Mutter mich an. ,,Ist das auch wirklich okay?''
,,Ja klar, kein Ding. Und Fred und George helfen mir bestimmt liebend gerne,'' sage ich nur und grinse die beiden an. ,,Ja, nimm mir nur meine Arbeitskräfte,'' schmollt Sirius neben meiner Mutter und bringt uns damit zum Lachen. ,,Tut mir Leid, aber ich bringe dir sie so schnell es geht zurück,'' muntere ich ihn auf und entlocke ihm ein grinsen. Nach dem Frühstück nehme ich mir die Kisten, die Mom bereit gestellt hat und stelle sie neben den Kamin. Nach ein paar Minuten kommen Fred und George endlich und als wir gerade verschwinden wollen, taucht Ginny hinter uns auf. ,,Nehmt mich mit! Bitte!'' Verzweifelt sieht sie uns an. Gerade als ich antworten will, höre ich Molly nach Ginny schreien, woraufhin diese zusammen zuckt. Ohne Worte hole ich mir das Flohpulver und nehme Ginny mit zu mir nach Hause. ,,Oh mein Gott, danke! Mom bringt mich noch um den Verstand!'', seufzt Ginny und lächelt mich dankbar an. ,,Kein Problem,'' antworte ich nur und nehme Fred und George, die gerade aufgetaucht sind, die Kisten ab die sie mit genommen haben. ,,Na dann lasst uns mal anfangen. Da wir zu viert sind, wird es wohl nicht solange dauern.'' Als wir vor der Tür stehen, zögere ich kurz, öffne sie dann jedoch mit leicht zitternder Hand. Als die Tür aufschwingt, weht mir ein Geruch in die Nase, den ich schon seit sieben Jahren nicht mehr gerochen habe. Mit unsicheren Schritten betrete ich den Raum und sehe mich um. Alles steht noch genauso da, wie ich es in Erinnerung habe. Auf dem Schreibtisch liegen Teile und Werkzeuge, als würde gerade jemand noch daran arbeiten und jede Uhr im Raum tickt leise vor sich hin. ,,Was ist das für ein Zimmer?'', fragt George und tippt einen kleinen Traumfänger an, der neben der Tür hängt. ,,Das war das Arbeitszimmer von meinem Vater,'' erzähle ich und stelle die Kisten auf den Boden. Unsicher sehen die drei sich an. ,,Fragt ruhig,'' sage ich lächelnd und klappe drei Kisten auf. ,,Naja, du hast uns nie erzählt was mit deinem Vater passiert ist,'' sagt Fred unsicher. ,,Viel gibt es da auch nicht zu erzählen. Er ist morgens zur Arbeit gegangen und dann nicht wieder heim gekommen. Nach zwei Tagen hat man ihn gefunden, in einer abgelegenen Gasse am Rand von London. Die Muggelpolizei konnte nichts heraus finden, aber das Ministerium schon. Er wurde von Todessern zu umgebracht. Niemand weiß warum. Jedenfalls hat meine Mom mir seit dem verboten hier rein zu kommen. Wisst ihr, als mein Vater noch gelebt hat, habe ich fast jede freie Minute hier verbracht. Hab ihm zugesehen wie er arbeitet oder wir haben geredet und gespielt. Ich habe mich all die Jahre daran gehalten. Meine Mutter selbst war nur nie wieder nach seinem Tod hier drin. Das ist das erste mal seit sieben Jahren, das ich in diesem Zimmer bin.'' Vorsichtig streiche ich über eine der Uhren, auf der eine dicke Staubschicht liegt. ,,Was hat dein Vater gearbeitet?'', fragt Ginny um das Thema zu wechseln. ,,Er war Uhrenmacher. Es war nicht der bestbezahlteste Beruf, aber er war ein Herz und eine Seele damit. Er hat es geliebt all die kleinen Teile selbst zu machen und dann zusammen zu bauen.'' Ich konnte die Begeisterung von meinem Vater nie so ganz nachvollziehen, aber wunderschön fand ich die Uhren trotzdem schon immer. Mein Vater hat die schönsten Uhren gemacht die ich kenne. ,,Jedenfalls traut sich meine Mutter nicht, den Raum zu betreten. Wahrscheinlich ist sie immer noch nicht ganz über den Tod meines Vaters hinweg. Ich glaube auch, das sie sich selbst die Schuld gibt, weiß aber nicht warum. Jetzt lasst uns aber langsam mal anfangen.'' Entschlossen fange ich an die ersten Sachen vom Schreibtisch zu räumen. Es ist ein komisches Gefühl alles in Kisten zu packen. Es ist, als würde ich das Leben meines Vaters wegpacken und einsperren damit es nicht mehr raus kommt. Das fühlt sich falsch an. Das Leben meines Vaters und die Erinnerung daran ist so unglaublich wichtig für mich. Ich hatte immer eine stärkere Verbindung zu meinem Vater als zu meiner Mutter. Ich war die ersten neun Jahre meines Lebens eigentlich immer bei meinem Vater. Damals wäre ich an seinem Tod fast zerbrochen. Nur durch meine Mutter bin ich darüber hinweg gekommen. Seit dem verbindet meine Mutter und mich etwas ganz neues. Etwas viel stärkeres. Es hat uns mehr zusammengeschweißt und ich weiß nicht was ich ohne sie machen würde. Seufzend packe ich das letzte Bild in die Kiste und betrachte den leeren Raum. Alle Uhren sind verstaut, die Bilder weggepackt und der Schreibtisch raus gestellt. ,,Was machen wir jetzt mit dem ganzen Zeug?'', fragt George und stellt die Kisten nebeneinander. Nachdenklich sehe ich mir die Kisten an und fange sie an zu sortieren. Nach ein paar Minuten habe ich zwei Haufen gebildet und nicke zufrieden. ,,Die da schmeißen wir weg, wie meine Mutter gesagt hat. Und die behalte ich. Mir egal was meine Mutter sagt, ich verstecke sie einfach vor ihr,'' teile ich den anderen entschlossen mit. ,,Bist du dir sicher?'', fragt Fred mit besorgtem Blick. ,,Natürlich. Ich will nicht alles weg schmeißen was mich an meinen Vater erinnert. Ich verstehe auch nicht wie meine Mom das einfach so machen kann.'' Entschlossen nimmt sich jeder eine Kiste und wir bringen sie runter um sie weg zu schmeißen. Die letzten zwei, die ich behalten will, nehmen Fred und George. ,,Versucht euch vor meiner Mom zu verstecken und stellt die Kisten erst mal in unser Zimmer. Das macht dir doch nichts aus oder Ginny?'' Schulterzuckend schüttelt Ginny den Kopf. ,,Gut. Wenn Mom euch doch sieht und fragt was da drin ist, sagt einfach es wären welche von euren Scherzartikeln oder so.'' Fred und George nicken synchron und verschwinden dann nacheinander im Kamin. Als nächstes geht Ginny und gerade als ich meine Hand mit Flohpulver fülle, zögere ich. Langsam lasse ich das Pulver zurückrieseln. Unsicher gehe ich zurück in das Zimmer meines Vaters und setze mich auf den Boden. ,,Okay, wie fange ich am besten an,'' seufze ich und lasse meinen Blick durch den leeren Raum schweifen. ,,Hey Dad, ich hoffe du kannst mich hören. Ich hab noch nie mit einem Toten gesprochen und glaube auch kaum, das du mir antworten kannst, aber das musst du auch gar nicht. Du musst nur zuhören. Wenn das stimmt, was Mom immer gesagt hat, dann hast du die letzten sieben Jahre immer ein Auge auf mich geworfen, also muss ich dir nicht erzählen wie mein Leben bis jetzt so aussah. Trotzdem ist im Moment alles irgendwie anders. Mein bester Freund ist auf einmal mein fester Freund, mein Kindheitsfreund wurde von einem Todesser umgebracht, Du-weißt-schon-wer ist zurück und das Ministerium will das nicht glauben. Ich habe das Gefühl jetzt wird sich alles ändern. Ich glaube auch nicht mehr, dass wir noch völlig sicher sind. Ich weiß, das Du-weißt-schon-wer hinter Harry her ist und, wie damals, jedem seine Macht zeigen. Ich frage mich wann er seinen ersten Schritt wagen wird. Das macht mir Angst. Ich habe Angst die Leute zu verlieren die ich liebe, so wie ich dich verloren habe. Auch wenn ich es nie zugeben oder jemandem sagen würde der noch lebt, nichts gegen dich, aber ich werde den Gedanken nicht los das Mom wirklich etwas mit deinem Tod zu tun hatte. Sie hat das Zimmer hier seit fast sieben Jahren nicht betreten und verliert kaum ein Wort über dich. Ich habe damals gemerkt, das sie Schuldgefühle hat, mir aber nie wirklich Gedanken darüber gemacht. Ich dachte, das ist normal. Ich habe mir auch irgendwie die Schuld daran gegeben, bis ich verstanden habe, das ich nichts hätte tun können. Ich denke nicht das Mom irgendwas mit Absicht getan hat oder auch nur irgendwas in der Weise, aber trotzdem werde ich diesen Gedanken einfach nicht los. Er ist immer da, ganz weit hinten in meinem Kopf. Jedes mal wenn ich sie ansehe, fragt sich ein Teil von, was sie mir verheimlicht. Manchmal bin ich kurz davor sie einfach zu fragen, aber dann hält mich wieder irgendwas zurück. Vielleicht steigere ich mich auch in irgendwas rein. Falls du mir wirklich gerade zuhörst, dann will ich das du eins weißt: Ich vermisse dich immer noch schrecklich und ich liebe dich über alles. Danke für alles.'' Ein paar Minuten bleibe ich noch sitzen, stehe dann aber auf und werfe einen letzten Blick in das Zimmer. Wer weiß wann ich das nächste mal hier sein werde. Und wer weiß wie das Zimmer dann aussehen wird. Im Kamin stehend, lasse ich meinen Blick noch ein Mal durch die leere Wohnung gleiten, was mir ein wehmütiges Lächeln entlockt. Sechzehn Jahre habe ich hier gelebt und jetzt lasse ich das alles hinter mir. Irgendwie habe ich das Gefühl, das ausziehen hilft mir mit dem Tod meines Vaters abzuschließen. Endlich kann es hinter mir lassen.
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Mein Leben in all seinen Facetten
FanfictionDiese Geschichte handelt von Isabelle. Isabelle ist die beste Freundin von Fred und George, was wahrscheinlich auch erklärt warum ihr Leben keineswegs langweilig ist. Jedoch wird es ab ihrem fünften Schuljahr besonders spannend, denn das trimagische...