Kapitel 22

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Das zweite Mal war nicht ganz so schlimm wie beim ersten Mal, da wir wussten was für Schmerzen uns erwarteten. Und doch raubte mir die Kraft der erdachten Verletzungen den Atem. Es war dunkel, ich erkannte weit entfernt die Sterne am Himmel. Das unpassendste von allem, war der Ort an dem wir auftauchten. Es war eine riesige Party irgendwo in einer ebenen wenig bewachsenen Landschaft. Musik dröhnte aus großen Lautsprechern, Menschen bewegten sich zu ihrem Takt auf der Tanzfläche. Sehr, sehr viele Menschen. Sie schienen alle ungefähr 18 bis 25 Jahre alt zu sein. Sie tranken, lachten, redeten laut um den Bass der Musik zu übertönen, tanzten und flirteten was das Zeug hielt. Das jedenfalls war alles, was ich sehen konnte. Dem Untergrund nach waren wir auf dem steinigen Boden gelandet. Ungefähr zwanzig Meter von der Party entfernt. Ich hörte wieder das Stöhnen der anderen hinter mir und versuchte mich dieses Mal alleine aufzusetzen. Meine Arme und Beine knickten immer wieder weg und ich spürte einen brennenden Schmerz im Bauch und im Rücken. Ich biss die Zähne aufeinander und versuchte die Tränen der Verzweiflung zurückzuhalten. Mit aller Willensanstrengung drückte ich mich nach oben und holte rasselnd Luft, als ich, auf beide Hände gestützt, schließlich saß. Ich sah mich nach den anderen um. Ryan half Lia auf, Nevio klopfte sich den Staub von der Hose und Leyen stützte sich auf sein Schwert, um aufrecht stehen zu können. Nevio streckte mir seine Hand entgegen und zog mich hoch. "Alles klar?" fragte er und ich nickte. Der Erdjunge ließ seinen Bick über die Party gleiten. "Wow." sagte er und grinste über das ganze Gesicht. "Ich wollte schon immer mal auf solch eine Fete. Aber Jaron hat mich nie gelassen. Spaßbremse. Aber jetzt haben wir Zeit uns auszutoben!" Er setzte sich in Gang, wollte zu der Tanzfläche gehen, aber Ryan packte sein Handgelenk und widersprach: "Nein Neyo, das geht nicht. Wir haben einen Auftrag zu erfüllen!" Nevio sah ihn entgeistert an. "Hallo? Spreche ich da mit Ryan? Das hier ist eine Party (schräg), Mann! Und was für eine. Die ist bestimmt nicht ganz legal, bei dem Ort den die hier ausgewählt haben. Wow, vielleicht sind das ja alles ausgebrochene Knastis!" Er strahlte, als wären geflohene Häftlinge das Beste was einem in einer dunklen Nacht passieren konnte. "Wir sind noch jung, Ryan. Auf solchen Partys sind wir gar nicht zugelassen. Was ein Spaß! Das glaubt mir keiner! Ich. Muss. Da. Hin. Ryan! Unbedingt." Doch der Eisjunge schüttelte den Kopf. "Das geht nicht, Neyo. So leid es mir auch tut. Aber wenn wir nichts unternehmen, ist diese Party der letzte Gedanke dieser Menschen bis sie vernichtet werden. Wir finden sicherlich noch die Chance für einen Feier dieser Größe." Jetzt war es an Nevio der den Kopf schüttelte, allerdings vor Fassungslosigkeit. "Das ... glaub ich nicht. Du willst diesen dämlichen Auftrag vor das hier (schräg) stellen?" Er machte eine weitläufige Handbewegung über die tanzende Masse. "Ja." erwiderte Ryan. "Aber ich mache dir einen Vorschlag: wenn wir drei der fünf Amulette gefunden haben, schleuse ich uns auf die größte Party, die du je erlebt hast." "Das wird nicht schwer. Ich war ja noch nie auf einer. Mal abgesehen von der Geburtstagsfeier meiner Grandma." antwortete Nevio, lächelte aber. "Gut, ich geh auf den Vorschlag ein, allerdings muss es richtig fett sein. Mit DJ, haufenweise Leuten, Alkohol, dem ganzen Pipapo." "Das mit dem Alkohol kann ich nicht versprechen, aber ich sorge schon dafür, dass es ein feiner Abend wird." Ryan hielt Nevio seine Hand hin und der schlug ein. "Super. Da wir das ja jetzt geklärt hätten. Wollen wir uns vielleicht mal eine Unterkunft für die Nacht und was zu Futtern suchen? Ich könnte glatt all die Menschen auf der Tanzfläche verspeisen, so einen Hunger habe ich. Und der Tag war auch ein wenig lang. Und ein wenig stressig, wegen ein paar komischen Leute die aussahen wie wir und uns Lia abknöpfen wollten und so." warf Leyen ein. Ich stimmte ihm zu. Meine Glieder waren schwer und ich war entsetzlich müde. "Gut, dann suchen wir uns mal einen schönen Wagen. Die Auswahl ist hier sicher groß. Und dann ein gutes Restaurant." schlug Nevio vor.

"Einen Doppel-Cheeseburger, zwei Big Mac, einen Chickenburger, drei Hamburger und - was war das noch? Ach ja - einen Veggie Clubhouse, bitte. Außerdem drei große Pommes mit zweimal Ketchup und einmal Mayonnaise, zwei Latte Macchiato, eine Cola und zwei heiße Kakao." "Und ein Happy Meal für unseren happy Sunnyboy. " fügte Leyen hinzu. "Und ein Happy Meal." wiederholte die Mitarbeiterin an der McDonald's-Kasse für sich. "Nein, nein, streichen Sie das!" rief Nevio und warf Leyen, der sich neben ihn an die Theke lehnte, einen bösen Blick zu. "Also doch kein Happy Meal?" fragte die Frau. Nevio wollte gerade den Kopf schütteln, als sich ein Grinsen auf seinem Gesicht breitmachte und er fragte: "Was gibt's denn für Geschenke?" "Das Spielzeug meinen Sie?" hakte die Verkäuferin nach. Nevio nickte. Die Verkäuferin deutete auf die kleine Plastikvitrine an der Wand, in der sich das Spielzeug zum Betrachten befand. Es waren kleine Figuren von Disney, die mit ihren Köpfchen wackelten. Nevio betrachtete sie alle eingehend und meinte dann: "Ich hätte gerne Peter Pan." Die Verkäuferin schüttelte entschuldigend den Kopf. "Der ist leider ausverkauft." "Dann packen Sie mir irgendwas ein." Der Erdjunge zuckte die Schultern.

Kurz darauf saßen wir in dem Wohnzimmer von einem Bekannten Nevio's der im Urlaub war, unwissend darüber, dass Nevio wusste, wo er seinen Haustürschlüssel aufbewahrte und es sich nun fünf Kinder in seinem Haus gemütlich machten und Fast Food essend und TV schauend auf seiner Couch saßen. Nevio hatte bereits zwei Burger verschlungen und öffnete seine Happy Meal-Tüte. Er beförderte die kleine Tüte mit seinem Extra hervor und wir krümmten uns alle vor lachen. Nevio selbst runzelte nur die Stirn. Leyen klopfte ihm hämisch grinsend auf die Schulter. "Na, das ist doch genau das richtige für dich, was Prinzessin?" lachte er und hielt Nevio die Miniatur von Cinderella vor das Gesicht. Ich lachte so laut, dass mir der Bauch wehtat. Im Fernsehen begannen die Nachrichten, doch es gab keine Meldungen über seltsame Vorkommnisse im Zusammenhang mit dem Wetter oder der Natur. Noch hatte es also nicht begonnen. "Morgen, am 05. April, wird es an den meisten Orten überwiegend bewölkt. Schauer sind möglich. Die Temperaturen liegen zwischen 13 und 21 Grad." "Der 05. April." wiederholte Lia und sah Ryan an. Dieser erwiderte verwirrt ihrem Blick. "Was ist daran so falsch? Falls das ein ungünstiger Tag ist, muss ich zu meiner Verteidigung beitragen, dass ich ein wenig im Stress war und dich nicht nach einem Datum fragen konnte, zu dem wir reisen sollten. Aber auf den Aufnahmen, die wir in diesem kleinen Supermarkt gesehen haben, war am 12. 05. dieses Unglück zu sehen. Also dachte ich mir, dass wir erstmal einen Monat davor in die Vergangenheit reisen sollten um zu schauen, wie es da noch hier aussah. Und hier sind wir." Er machte eine ausschweifende Handbewegung durch das fremde Wohnzimmer. "Oh, nein. Das Datum ist nicht falsch oder schlecht gewählt. Ich bin nur im Kopf durchgegangen ... wann es ungefähr beginnen wird. Das Chaos." erklärte Lia. Ryan nickte nur und tunkte sein Pommes in den Ketchup.

Alles war gut. Noch hatte es nicht begonnen. Wir mussten nur die Amulette finden. Es waren ja nur fünf Amulette, die über die ganze Welt verstreut sein konnten. Ich schüttelte den Kopf, um diesen Gedanken zu vertreiben. Wichtig war nur, dass wir fünf zusammenblieben und uns beeilten. Denn wir hatten nicht viel Zeit. Es konnte jederzeit beginnen. Und dann war es zu spät.

Der Kompass der Zeit *Pausiert*Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt