Episode.29

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Impossible -- James Arthur


Gähnend rieb ich mir die Augen und versuchte aufrecht weiter zu gehen. Mein gesamter Körper drohte schlapp zu machen und einfach umzukippen.  Mit jedem Schritt, den ich voran kam, zerrte es an meinen Kräften.

Liebend gern hätte ich meinen Kater ausgeschlafen und irgendwann gegen mittags mir eine Aspirin reingeknallt und weitergesoffen, doch stattdessen durfte ich zur Schule fahren. Warum auch immer, ich musste mit der Direktorin von Luke reden. Das konnte nur schlimm werden.

Die Alte hasste mich früher, als ich selber noch zur Schule ging, was sollte da jetzt für Luke rauskommen, wenn ich für ihn bürgen musste?!

Ähnlich verkatert saß mein Freund zusammengesackt vor der, von allen Schülern verhassten, Frau.

"Ach Ashton Irwin!", mehr höhnisch als freundlich begrüßte mich Mrs Skark und bat mich neben dem Blondschopf Platz zu nehmen.

"Baby was ist los?", erschrocken beugte ich mich über ihn und erkannte ein dickes blaues Auge, während seine Augäpfel merkwürdig verdreht waren.

Als Antwort stöhnte er nur schmerzverzerrt. Dafür ergriff meine alte Direktorin nun das Wort.

"Du, oder muss ich mittlerweile Sie sagen?! Aussehen tust du ja noch wie früher..., jedenfalls bist du also Aufsichtsperson von Luke Hemmings?!"

Nach einem kurzen Nicken sprach sie weiter, hielt mir eine Standpredigt, was für eine Fahne Luke doch hatte, wie aggressiv er doch wäre und generell, was für ein Benehmen er an den Tag legte.

Instinktiv musste ich an die ganzen Gespräche mit Lehrern, meinen Eltern und Mrs Skark denken und öffnete den Mund, ehe ich weiterdenken konnte.

"Also bei mir benimmt er sich gut", entgegnete ich mit einem dreckigem Grinsen, "mehr als das sogar. Wissen Sie, was er alles kann? Verborgene Talente hat der Junge"

Ich musste stark mit mir ringen, nicht lauthals loszulachen. Aber geändert hätte es wahrscheinlich eh nicht viel.

Nach weiteren Mahnungen, Drohungen und Warnungen stand ich, Lukes Hand haltend, vor der Schule und atmete tief durch.

"Okay Luke", meinte ich ernst und sah ihn durchdringlich an, "was ist los?"

Er grinste schief und richtete sich auf.
"Komm' mir jetzt nicht damit", meinte er fast lachend, "als wenn du nicht verkatert bist"
Für einen Moment überlegte ich ob eine Ohrfeige die passende Erwiderung darauf wäre, doch stattdessen sah ich ihn zornig an und schüttelte den Kopf.

"Gespräch zu Hause", knurrte ich nur und zog ihn zur Ubahn.
Natürlich ging es mir nicht anders als ihm. Ich hätte mich, in der Wohnung angekommen, auch liebend gern einfach ins Bett geschmissen, doch was musste, das musste.

"Luke!", rief ich laut, als dieser schnell ins Schlafzimmer rannte.
Augenblicklich kam er kleinlaut mit zusammen gezogenen Schultern zurück.
"Ash bitte", hauchte er und sah zu Boden,"ich will einfach nur ins Bett"

Ich verstand ihn, konnte es jedoch nicht zulassen.
Stattdessen zog ich ihn ins Wohnzimmer und drückte ihn auf die Couch.

"Du meinst also jetzt völlig am Rad drehen zu können?!", brüllte ich, weshalb er etwas erschrak.
"Du brauchst mich überhaupt nicht so angucken, Luke! Ich merk doch was abgeht. Du vögelst dich rum, um irgendwoher Drogen zu bekommen. Du rennst vor mir weg, als hättest du Angst ich könnte dich bei etwas erwischen. Ich dachte wir hätten das Thema schon durch?!"

Sauer holte ich neuen Atem, während der jüngere Blondschopf um seine Sprache rang, sich aufrichtete und langsam, sich immer weiter steigernd, begann: "das stimmt doch überhaupt nicht! Immer wenn ich etwas mit dir unternehmen will, kannst du nicht! Du nimmst mich auf keine Party mehr mit! Du machst überhaupt nichts mehr mit mir!"

Meine Augen weiteten sich erschrocken ein verblüfftes "Wie bitte" war alles, was ich vorerst herausbrachte. Fassungslos ließ ich mich ebenfalls auf die Couch sinken.

"Verdreh nicht die Wahrheit, Luke. Du weißt ganz genau, dass das, was du eben gesagt hast, zu keinem Prozent stimmt."

Als ich keine Antwort bekam, stand ich auf. Ich stand im Türrahmen, blickte auf den trotzigen Jungen und verstand die Welt nicht mehr.

"Du machst mich traurig, Luke"
Ich redete mehr zu mir selbst, dennoch hörte er mich.
Augenblicklich stand er hinter mir, holte seine Hand aus und klatschte mir ins Gesicht.

"Du scheiß egoistisches Arschloch", schrie er. Tränen liefen seine Wangen herunter, während er immer wieder mit den Fäusten auf mich einschlug.
"Du scheiß egoistisches Arschloch! Was tust du so, als wäre ich Schuld?! Es geht nur nach dir, dass es dir gut geht und dir alles passt. Wie es mir geht, dass juckt dich nicht im geringsten! Wie oft hast du mich gefragt, wie es mir geht, in letzter Zeit? 1 2 mal? Nicht mal! Wie oft hast du mir gezeigt, dass ich dir wichtig bin? Kein mal? Richtig! Wie oft wurde ich von dir zurückgewiesen? Immer? Exakt!"

Mit jedem Satz verringerte sich der Schlitz meiner Augen. Finster betrachtete ich meinen Freund, wollte ihn dennoch am liebsten in den Arm nehmen.
Trotzdem wendete ich mich von ihm ab, griff nach meinen Schuhen und stand wenig später auf der Straße.

Lange, viel zu lange, streunte ich dunkle Gassen, befahrene Straßen und Einkaufspassagen entlang.
Ich wusste, dass viel Zeit vergangen sein musste, aber als ich vor meiner Wohnung stand, fielen schon die ersten Sonnenstrahlen auf den Asphalt.

Auf Zehenspitzen lief ich den Flur entlang, entledigte mich meiner Kleider im Bad und huschte nach einer Katzenwäsche ins Schlafzimmer.
Ich wollte nun mehr endlich in mein Bett sinken und einfach ausschlafen, doch geschockt fiel ich auf mein Bett zu und rüttelte an Luke.

Dieser lag still mit halb geöffneten Mund neben dem Kissen. Direkt neben ihm, übers Bett und über den Boden verteilt, war eine riesige Larche voller Kotze, gemischt mit Blut.

"Luke", schrie ich panisch und rüttelte am kühlen Körper. Der Junge röchelte leise und blinzelte.
"Hi Ash", flüsterte er lieblich, ehe seine Augen sich verdrehten und sein Kopf in die Pfütze fiel.

Ich drehte den kalten Körper um und sah erneut in sein bleiches Gesicht. Meine Hände griffen an seinen Hals und suchten seinen Puls.
Doch es war zu spät.
Seine Augen sahen leer an die Decke.
Die Lippen waren leicht geöffnet, doch es kam kein einziger Ton aus seinem Mund.
Seine Brust hob und senkte sich nicht.
Sein Puls schlug nicht.


~ Was nützt mein Herz, wenn deins nicht mitschlägt, mitgeht, mitlebt, mitleidet, mitbebt? ~

Apartment 69 - LashtonWo Geschichten leben. Entdecke jetzt