Episode.02

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Dankend nickte ich, drehte mich um und rief noch ein "Man sieht sich" zum Abschied. Zayn, der Tattovierer, der mittlerweile ein echt guter Freund von mir war, lachte nur und hob die Hand.
Wahrscheinlich brachte ich ihm mittlerweile durch meine Vorliebe das meiste Geld ein. Nicht, dass sein Geschäft schlecht lief, er war echt verdammt gut. Meine Besuche wurden aber in letzter Zeit immer häufiger und meine Haut dunkler vor schwarzer Tinte.

Als ich dieses Mal die Straße betrat wehte längst nicht mehr so ein frischer Wind wie heute Morgen. Die warmen Sonnenstrahlen erhellten die dichten Straßen und es schien, als würden sie mich fiter machen.
Vorsichtig, bedacht darauf die Folie nicht zu verschieben, krempelte ich meine Jackenärmel etwas hoch, bis die abdeckende Folie mit dem darunterliegendem, frischen Tattoo zum Vorschein kam. Beim Anblick der zusätzlichen, davon fliegenden Schwalben, schlich sich ein Lächeln auf meine Lippen, ich war schon immer gerne an Problemen vorbei gelaufen und hatte lieber etwas Positives darin gesehen.

Wie so oft ergab sich viel mehr, was ich meiner Uni vorzog, sodass ich mich entschied zu schwänzen.
Statt zu lernen schlenderte ich also rauchend durch einige Shoppingpassagen und genoss das gute Wetter. Besser konnte es nicht sein: Freitagmittag und perfektes Wetter zum chillen.

Bei den Gedanken an Mittag hätte ich meine Vergesslichkeit ohrfeigen können. Mal wieder hatte ich total verpeilt, dass heute Ashton-Michael-Tag war.
Gedanklich schlug ich mir gegen die Stirn, physisch bewegte ich mich allerdings mit eiligen Schritten zum nächst besten Cafe und bestellte einen Coffee-to-go. Mit dem Kaffee in der einen und meinem Handy in der anderen Hand beeilte ich mich zur Underground. Während ich lief schrieb ich meinem Bruder, dass ich mich etwas verspätete, er sollte einfach vor der Schule auf mich warten.
Allerdings dachte ich mal wieder, wie so oft, nicht nach und überschüttete mich mit meinem Kaffee, als ich mein Handy zurück in meine Tasche stecken wollte. Die dunkelbraune Flüssigkeit verteilte sich schön auf meiner Brust aus und ich sah aus wie sonst was.

"Fuck", fluchend warf ich den Becher, dessen Inhalt nicht einmal warm war, beiseite und suchte mir ein Taschentuch aus meiner Tasche. So gut es ging tupfte ich an mir herum, vergeblich. Damit nicht jeder die Flecken sofort sah, zog ich meine Jacke etwas zu, auch wenn mir dadurch nur noch wärmer wurde.

2o Minuten später kam ich endlich an der Schule meines Bruders an, dieser war nicht zu übersehen mit seinen lilagefärbten Haaren. Aber er war nicht alleine, er schien sich mit jemanden zu unterhalten.
Na wenigstens war irgendjemand sozial und wartete mit ihm.
Zügig ging ich auf die beiden zu, Michael stand mit dem Rücken zu mir und bemerkte mich nicht, sein Gesprächspartner jedoch schon.
Als ich nur noch wenige Schritte hinter Mikey stand erhob sein Gegenüber den Kopf, seine Augen richteten sich sofort auf mich. Ich wollte ihn nicht weiter beachten und meinem Bruder auf die Schulter tippen, stattdessen wurden meine Schritte langsamer, ununterbrochen blickte ich in das wunderschöne klare Blau, der Augen des blonden Jungens. Ich war gefesselt von diesem Blick.
Das definierte Blaue musterte mich und der Junge schien offensichtlich mit seinen Gedanken vom Gespräch mit Mikey abzudriften.

Laut, etwas zu laut, stieß ich meinen Atem aus, gleichzeitig, wie ich Mikey auf die Schulter tippte, drehte er sich um.

"Madame hat nicht länger brauchen können?", fragte er ironisch und grinste breit, ehe er mich in seine Arme schloß. Augenrollend schüttelte ich den Kopf und murmelte ein "Hi", als wir uns lösten fing mein Blick wieder den des anderen auf. Der Blondschopf biss sich auf die Lippe, lächelte kurz schüchtern und senkte dann den Blick. Ich wollte es aber längst nicht bei einem Lächeln belassen. Langsam machte ich zwei Schritte auf den Freund meines Bruders zu.

"Hi", meinte ich freundlich und hoffte, der hübsche Junge würde aufschauen, "ich bin Ashton". Statt aufzuschauen zuckte er erschrocken zusammen.

"Luke", antwortete mein Bruder für seinen Kumpel. Ohne noch weiter zu überlegen zog ich ihn in eine Umarmung. Damit erreichte ich auch, dass er aufsah. Verdutzt riss er seine Augen auf, erwiderte jedoch meine Geste. Wir lösten uns für meinen Geschmack jedoch etwas zu schnell und Luke gewann schnell wieder Abstand zu mir, was ich mit einem schiefen Grinsen quittierte.

Eine kurze Stille entstand. Unentschlossen sah Mikey zu mir und dann zu Luke, dessen Blick auf seinen Schuhspitzen hing. "Für gewöhnlich würden Michael und ich jetzt zu mir fahren und was zu essen bestellen... Luke, hättest du Lust mitzukommen?", erst bei seinem Namen registrierte der Schönling, das er der Angesprochene war. Er hob den Kopf und sah von mir zu Michael und wieder zu mir.

"Wenn ihr das wollt", murmelte er so leise, dass ich echt Mühe hatte, ihn zu verstehen. Wenn man diesen Blondschopf so auf der Straße begegnen würde, käme man nie auf den Gedanken, dass er so schüchtern war und so selten, wie es nur ging, seine wunderschöne Stimme benutzte.

Diesmal ergriff Michael die Initiative und lächelte nickend Luke zu. Luke schien die Antwort zu gefallen, auf seinen Lippen bildete sich eine erfreutes Lächeln.

In Gedanken schrieb ich ihn mit auf die Liste für leidenschaftliches Abenteuer.
Er schien zwar noch so unschuldig, aber das könne man ändern.

Stumm liefen wir in Richtung Underground, hin und wieder wechselten Mikey und ich ein paar Worte, Luke schien aber kein bisschen weiter aufzutauen. Dich knack ich noch, murmelte ich in Gedanken und lächelte. Luke schien so unglaublich unbereit und unberührt, was er wahrscheinlich auch war, und dennoch war er anziehend sexy. Er strahlte etwas aus, was ihn unheimlich interessant machte. Und das, obwohl er gerade mal einen Satz gesagt hatte.

Noch mit meinem Kopf völlig bei Luke und all den Sachen, die ich mit ihm anstellen könnte, lief ich das Treppenhaus zu meiner Wohnung hoch und blieb kurz vor der Tür stehen um meine Schlüssel zu suchen.

"Nicht wundern, Jas ist ausgezogen", erklärte ich, als ich meine Wohnung aufschloss und meine Schuhe neben den Abtreter stellte. Michael und Luke taten es mir gleich und liefen dann mit mir in die Küche, wobei Luke sich aufmerksam umsah. Ich hoffte nur, dass er sich nicht insgeheim nach Fluchtmöglichkeiten umsah.

"Angenehme Stille", lachte Mikey, der meine Exfreundin noch nie leiden konnte, "hast dir mal wieder nen andres Bettchen ausgesucht oder was?"

"Haargenau", lächelnd winkte ich ab und wendete mich an Luke, der unschlüssig mitten in der Küche stand, aber noch alles um sich herum zu beobachten schien. "Willst du auch den Rest der Wohnung sehen?", das leuchtende Blau war mit einem Mal ein starkes Strahlen, er nickte und drehte sich langsam um. Ich hüpfte vom Barhocker und lief zu ihm, bedeutete ihm, ich würde ihm alles zeigen.

So aufmerksam, wie er sich alles ansah, schien er sich für Architekturzeugs zu interessieren und ganz sicher nicht auf der Flucht zu sein.
Als wir in meinem Schlafzimmer ankamen, stieg ihm eine leichte Röte ins Gesicht. Hatte ich meine Gedanken, dass ich ihn gerne mal hart über den Schreibtisch nehmen wollte, laut ausgesprochen?! Hoffentlich nicht. Mein Blick folgte Lukes, direkt aufs Bett, und da erkannte ich den Grund seiner Röte.

"Das ist etwas sehr Privates...", murmelte er verklemmt, ging ganz langsam auf mein Bett zu und breitete die zusammengeruschelte Decke ordentlich über das Bett aus, sodass es die Spermaflecken gänzlich überdeckte. "das zeigt man nicht so öffentlich"

Grinsend schüttelte ich den Kopf "Ich mache ja kein Foto von und klebe es an meine Haustür" Luke wurde noch ein Stückchen röter, "Aber ich habe es gesehen"

Es war unglaublich, wie man über soetwas so nach denken konnte. Ich verstand es nicht, fand es dennoch interessant.
Gut, ich war auch kein Musterbeispiel für Schwiegersohn, der sich dem Partner erst zur Hochzeitsnacht gab, dem war ich mir bewusst, dazu hatte ich schon viel zu früh angefangen, mich für andere Körper zu interessieren.
Aber das Luke so verklemmt war hatte ich nicht erwartet.

"Du wolltest es ja auch sehen", forderte ich ihn heraus, schließlich hätte man die Flecken auch absichtlich übersehen können. Aber mit einem Mal entwich sämtliche Farbe aus Lukes Gesicht. Schnell schüttelte er den Kopf, "Ich konnte ja nicht ahnen..."

Nun konnte ich mir mein Lachen nicht mehr verkneifen und strich ihm aufmunternd über die Schulter. "Luke, Sex ist etwas vollkommen Natürliches"

Beleidigt legte er den Kopf schief, um mir zu zeigen, er wusste was Sex war, woraufhin ich nur noch mehr lachen musste. Es brauchte einige tiefe Atemzüge, bis sich meine Atmung wieder normalisiert hatte. Immernoch breit grinsend, zog ich ihn zurück in die Küche, wo Mikey sich eine Schürze umgebunden hatte und vorm Ofen saß. Wartend auf die Pizza.

"Setz dich Luke, möchtest du etwas trinken?", ich deutete auf einen der Barhocker und lief dann zum Kühschrank.

Luke zuckte nur schweigend mit den Schultern, wahrscheinlich darauf bedacht, sein immer noch errötetes Gesicht nicht völlig bloßzustellen.

~ Wir sind passiert, bevor wir wussten, was passiert ~

Apartment 69 - LashtonWo Geschichten leben. Entdecke jetzt