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"Dr. Stevens wird gleich kommen.", sagt die Krankenschwester, als sie den Behandlungsraum verlässt.

Alex sitzt auf einem Stuhl und ich sitze mit verschränkten Armen auf der Behandlungsliege.

"Guten Tag. Wie kann ich Ihnen denn helfen?", begrüßt uns Dr. Stevens und schließt die Tür hinter sich. Er reicht erst Alex und dann mir die Hand.

Ich will meine Situation gerade erklären, als Alex einfach das Wort übernimmt: "Sie hatte einen Kreislaufzusammenbruch, der Puls ist erhöht und ihre Temperatur ist ebenfalls erhöht."

"Gut, dann wollen wir uns das doch gleich mal ansehen."

Dr. Stevens führt diverse Tests durch. Er misst Fieber, hört meine Lunge ab und nimmt Blut ab. Dann tippt er eifrig etwas in seinen Computer, während ich mit immer noch verschränkten Armen auf der Liege sitze und versuche meine Beine in einem einheitlichen Rhythmus hin und her schwingen zu lassen.

"Haben Sie Kopfschmerzen, Melissa?", unterbricht der Arzt auf einmal die Stille und lässt mich aus meinen Gedanken aufschrecken.

"Ein bisschen.", gebe ich zu.

"Gut, ich denke ich kann jetzt die Diagnose stellen. Die Symptome weisen auf eine Grippe hin. In den nächsten Tagen können wir dann noch das Blutbild hinzuziehen und die Entzündungswerte überprüfen. Es sieht aber nicht dramatisch aus. Ich verschreibe Ihnen ein paar Medikamente gegen Kopfschmerzen und Fieber, ansonsten empfehle ich Ihnen sich auszuruhen."

"Sie muss nicht hier bleiben?", fragt Alex nervös.

"Nein, wie kommen Sie denn darauf? Es handelt sich um eine einfache Grippe.", erklärt Dr. Stevens etwas verständnislos.

"Wissen Sie, es ist nämlich so. Wir nehmen gerade an einer deutschen Fernsehserie teil und ich denke für eine kranke Person ist das ganze mit der Kamera und den Menschen etwas unangenehm.", sagt Alex.

"Alex!", unterbreche ich ihn mahnend, doch Alex lässt sich nicht beirren.

"Wäre es nicht möglich sie für ein oder zwei Nächte hier zu halten? Ich käme natürlich auch für alle Kosten auf."

Nein. Nein, nein, nein. Wieso tut er das? Damit wäre ich vom nächsten date und der nächsten Nacht der Rosen ausgeschlossen. Theoretisch kann ich direkt nach Hause fahren.

"Das lässt sich sicher irgendwie einrichten. Ich schicke Ihnen gleich eine Schwester."

Alex bedankt sich bei Dr Stevens und er verlässt den Raum.

"Dafür hasse ich dich.", murmle ich und starre stur auf den Boden.

"Ich glaube du liebst mich.", erwidert Alex und ich kann sein Grinsen förmlich hören. Und wie recht er damit hat. Ich mag ihn viel zu sehr. Ich hätte nicht auf meine beste Freundin hören sollen. Ich hätte mich auf mein Studium und danach auf meine Karriere konzentrieren sollen. Und was tue ich stattdessen? Versuchen einen Mann zu gewinnen, der auf nichts anderes aus zu sein scheint als mich zu verletzen.

Nachdem eine Krankenschwester uns zu meinem Zimmer gebracht hat sitze ich einfach auf dem Bett und starre aus dem Fenster. Ich versuche Alex zu ignorieren, um meinen Beschluss leichter zu machen. Immerhin hat er mir ein Einzelzimmer besorgt.

"Ich fahre kurz zur Villa und hole dir ein paar Sachen. Ich bin gleich wieder da."

"Sag Amy bitte, dass sie meine ganzen Sachen packen soll und bring die Sachen dann mit.", sage ich ruhig, ohne den Blick vom Fenster abzuwenden.

"Melli, du bleibst doch nur zwei Tage hier. Da brauchst du doch nicht alle deine Sachen."

"Nein, ich werde nicht mehr zurück in die Villa gehen. Ich werde nach Hause gehen.", erklärte ich.

"Warte. Halt, ich glaube du hast da was nicht verstanden.",

"Ich glaube, dass ich das schon ganz gut verstanden habe.", unterbreche ich. "Du willst mich loswerden, also tue ich dir den Gefallen und mache es dir einfacher."

"Du spinnst doch." Er fängt an zu lachen und setzt sich auf die Bettkante. Mir ist nicht gerade nach Lachen zumute.

"Du bist krank. Das sieht man dir sogar an, dir geht es nicht gut und du tust vielleicht so, als ginge es dir gut aber wir wissen beide, dass du lügst. In der Villa bekommst du aber keine Ruhe und deshalb bleibst du hier bis es dir besser geht."

Eigentlich ist das ja total lieb von Alex. Er scheint sich Sorgen um mich zu machen und, wenn das was er sagt stimmt, will er einfach nur, dass es mir schnell besser geht. Aber meine Skepsis werdeich nicht los.

"Ich habe aber nur eine Grippe. Die stempeln mich doch sofort als totale Drama-Queen ab. Dann kann man mich da noch weniger leiden."

"Ich sage ihnen einfach, dass du so hohes Fieber hast, dass die dich da behalten wollen. Du bekommst ja sogar Medikamente.", sagt er.

"Und du willst mich wirklich nicht loswerden?", hake ich noch einmal nach.

"Nein, ich will dich wirklich nicht los werden.", bestätigt er.

"Okay."

Er gibt mir einen schnellen Kuss auf die Wange und winkt mir kurz zu als er das Zimmer verlässt. Etwas erleichtert lasse ich mich auf das Kissen sinken. Ich habe keine Ahnung ob das die richtige Entscheidung war aber vielleicht, und das hatte ich endlich begriffen, sollte ich das Ganze mal lockerer sehen und mich darauf einlassen. Das Schlimmste was passieren könnte wäre, dass ich total verletzt werde und von Kate wieder aufgemuntert werden müsste aber dank meinem Studium sollte das kein Problem werden. Das Beste was passieren könnte wäre allerdings, dass Alex mir die letzte Rose gibt und wir unser restliches Leben zusammen verbringen.

Während ich über meine Zukunft nachdenke werden meine Augen immer schwerer. Schließlich muss ich eingeschlafen sein, denn als ich wieder aufwache liege ich zugedeckt in dem Bett. Außerdem trage ich eine Jogginghose und ein Top, welches ich heute morgen ganz sicher nicht an hatte. Neben meinem Bett sitzt Alex und liest in einer Zeitung über Neurochirurgie.

"Guten Morgen. Oder eher guten Abend.", sagt er lächelnd und klappt das Magazin zu.

"Hast du mich ausgezogen?", frage ich verwirrt und vorwurfsvoll.

"Jap. Keine Sorge, ich hab nichts gesehen was ich nicht am Strand auch schon gesehen hätte. Wie geht's dir so?"

"Wie lange habe ich geschlafen?", stelle ich die Gegenfrage.

"Sechs Stunden.", antwortet er mit einem Blick auf seine Armbanduhr. "Keine Sorge, die haben dir ein paar Schmerzmittel gegen die Kopfschmerzen, das Fieber und die Gliederschmerzen, die dich noch erwarten, gegeben."

Mein Blick fällt auf die Infusion.

"Ich hätte den Zugang gerne selber gelegt. So als Übung."

"Schmoll nicht und ruh dich lieber etwas aus. Ich bleibe hier.", sagt er und nimmt meine Hand. Dann schließe ich die Augen wieder, in der Hoffnung, dass die beiden Tage schnell vorbei sind. Andererseits werde ich wohl mehr Zeit mit Alex verbringen, als unter normalen Umständen. So eine Grippe kann wohl doch etwas gutes haben.

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