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Am nächsten Morgen spricht Alex das Thema nicht mehr an und obwohl ich weiß, dass wir dringend darüber reden müssen, tue ich es ebenfalls nicht. Meine Angst ist einfach zu groß. Wenn Alex unbedingt ein Kind möchte gibt es nur zwei Möglichkeiten.
Möglichkeit eins: Ich entscheide mich ebenfalls dafür und wir versuchen es. Möglichkeit zwei: Alex trennt sich von mir, weil ich ihm nicht das geben kann, was er sich am sehnlichsten wünscht. Und im Moment weiß ich wirklich nicht ob ich bereit bin Mutter zu werden.
Wie viele Beziehungen sind schon an diesem Thema zerbrochen?

Den ganzen Tag über herrscht dieses unangenehme Schweigen, aber ich weiß nicht wie ich es brechen soll. Wir frühstücken zusammen, dann bringt Alex mich zu mir nach Hause, damit ich mich frisch machen kann und anschließend fahren wir zum Krankenhaus. Wir wechseln nur ein paar Worte und die Stimmung ist ziemlich getrübt, als wir endlich Kates Zimmer erreichen. Nachdem wir geklopft haben und hereingebeten werden, betreten wir das Zimmer, in dem Kate mit einer weiteren Frau liegt.

Kate liegt im Bett, während Dean auf einem Stuhl daneben sitzt, den er nah an sie herangerückt hat. In ihren Armen liegt ein winziges Bündel aus Decken.

"Hey." Unsicher stehe ich im Raum und weiß nicht was ich tun soll.

"Hey ihr zwei. Kommt ruhig her."

Alex stellt sich zu Dean und ich gehe auf der anderen Seite des Bettes zu Kate. Sie zieht die Decken etwas zurecht und ermöglicht mir den Blick auf das kleine Mädchen. Sie schläft und atmet ruhig.

"Wow, Kate. Sie ist so winzig. Aber sie hat jetzt schon deine Nase.", sage ich leise.

"Möchtest du sie halten?"

"Ja, gerne. Kann ich mich vielleicht hinsetzen?"

"Ja, klar.", sagt Dean und steht hastig auf. Wir tauschen Plätze, sodass Alex jetzt neben mir steht. Alex hat seine Hand auf den Stuhl, nahe meiner Schulter, gelegt. Nervös nehme ich das Baby entgegen und lege es in meine Armbeuge. Ich hoffe einfach, dass die Kleine nicht durch das Zittern meiner Hände aufwacht. Ich streiche ihr vorsichtig über die Wange. Auch Alex lehnt sich über etwas weiter vor, um das Baby zu sehen.

"Wie heißt sie denn überhaupt?", frage ich.

"Lina.", antwortet Dean stolz.

"Alex? Kannst du uns vielleicht einen Kaffee holen? Oh warte, vielleicht kann Dean dir ja zeigen wo das ist?"

Verwundert sehe ich auf. Kate macht kein großes Geheimnis daraus, dass sie die beiden loswerden möchte. Nur mein Freund scheint das nicht ganz zu verstehen.

"Ich arbeite hier, Kate. Dean muss mich nicht begleiten."

"Aber du kannst das doch gar nicht alleine tragen. Na los, lass dir von Dean helfen."

Die beiden Männer werfen sich einen vielsagenden Blick zu, geben dann aber nach und verlassen den Raum. Kaum ist die Tür zu, da fängt Kate auch schon wieder an zu reden.

"Okay. Hau raus, was bedrückt dich?"

"Mich bedrückt nichts.", antworte ich und sehe wieder auf das Baby in meinen Armen. Als ich kurz wieder zu Kate schaue und ihren Blick sehe, erzähle ich ihr seufzend von den Ereignissen.

"Alex will ein Kind. Gestern, als Dean angerufen hat, meinte er, dass wir vielleicht doch nicht mehr warten müssen und dass wir es vielleicht einfach versuchen sollten."

"Aber du willst es nicht?"

"Ich weiß es nicht. Ich meine, wir sind erst seit drei Monaten zusammen."

"Aber ihr liebt euch doch schon viel länger. Ihr kennt euch schon fast ein Jahr. Daran solltest du es nicht scheitern lassen."

"Ja, aber da ist auch noch die Sache mit dem Job. Ich habe so lange darauf hingearbeitet. Was wenn das mit einer Schwangerschaft nicht passt? Ich weiß wirklich nicht ob ich schon Mutter werden möchte."

"Okay. Also, als ich den positiven Schwangerschaftstest in der Hand hielt hatte ich auch Angst und ich habe auch jetzt noch Angst, aber trotzdem bin ich glücklich. Wenn du dich nicht bereit fühlst, dann sprich mit Alex darüber."

Ich wiege Lina hin und her. Sie schläft immer noch ganz friedlich. "Was ist wenn Alex dann Schluss macht?"

"Jetzt drehst du aber wirklich am Rad. Alex liebt dich so sehr. Er würde dich nie verlassen nur weil du kein Kind möchtest."

Sie verstummt, als die Türe sich wieder öffnet und Alex und Dean wieder hereinkommen.

"Weißt du, Melissa, ich glaube wir sind erwachsen geworden."

"Ich weiß nicht, ob ich das so gut finde."

*

Die Rückfahrt verläuft so schweigend wie die Hinfahrt. Aber ich weiß, dass wir darüber reden müssen. Ich suche nur noch nach dem passenden Moment. Die Stille ist so unangenehm. Wohin fährt Alex eigentlich? Zu mir? Zu ihm? Wir können kein Kind aufziehen. Wir wohnen getrennt, wir haben kaum Zeit für uns selbst. Alex hält auf seiner Auffahrt. Ich weiß nicht wohin mit mir, deshalb gehe ich einfach in die Küche. Das muss aufhören.

"Melissa, wir müssen noch kein Kind kriegen wenn du nicht bereit dazu bist.", sagt Alex, der plötzlich hinter mir steht. "Ich weiß, dass wir das hinkriegen würden, aber es muss noch nicht sein. Wir haben alle Zeit der Welt."

"Du verlässt mich nicht wenn ich nein sage?"

"Was? Nein, natürlich nicht. Hast du das wirklich geglaubt?" Er kann sich ein Grinsen nicht mehr verkneifen. "Mein Gott, es tut mir so leid. Ich hätte dich nicht so überrumpeln dürfen."

"Ich dachte einfach.. Ich dachte, dass du keinen Sinn in unserer Beziehung siehst wenn du doch ein Baby haben möchtest und ich es dir erst später geben kann."

Alex kommt jetzt auf mich zu und umarmt mich. Ich lege meinen Kopf auf seine Schulter und genieße die Berührung.

"Das würde ich niemals tun. Glaubst du mir das?"

"Natürlich glaube ich dir das.", antworte ich. "Ich hatte einfach Angst und habe mir zu viele Gedanken gemacht."

"Okay. Lass uns einfach abwarten was passiert und wenn wir irgendwann beide dazu bereit sind, dann versuchen wir es. Klingt das nach einem Plan?"

"Klingt nach einem sehr guten Plan."

"Und was machen wir jetzt? Netflix?"

"Aber nur wenn wir Friends gucken."

Ich sehe ihn flehend an. Er ist nicht der größte Fan der Serie, aber zu meiner Freude gibt er sich geschlagen und nickt. Und so starten wir einen langen Friends-Marathon.

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