45

3.6K 163 10
                                    

Als Alex die Treppe herunterkommt, stehen wir schon alle bereit. In seinen Händen hält er nur noch vier Rosen, die er mit äußerster Vorsicht auf dem Podest neben ihm ablegt. Nathan steht mit verschränkten Armen hinter ihm und beobachtet das Geschehen. Was haben die beiden bloß besprochen? Und wie hat Nathan wohl über mich gesprochen? Habe ich ihn von mir überzeugt? Immerhin habe ich nur die Wahrheit gesagt und ich war tatsächlich sogar mal ganz ich selbst. Wenn ich nicht überzeugt habe, dann habe ich immerhin kein falsches Spiel gespielt.

"Heute müssen leider vier von euch gehen. Die Entscheidung ist mir trotz des Gesprächs mit meinem Bruder sehr schwer gefallen. Ihr seid alle ganz wundervolle Frauen und ich bin mir hundertprozentig sicher, dass ihr irgendwann den richtigen Mann für euch finden werdet. Ich habe die Zeit mit euch wirklich sehr genossen."

Er stockt und sieht sich einmal um. Erst sieht er uns an, dann sieht er noch einmal zu seinem Bruder, welcher ihm ein beruhigendes Lächeln schenkt. Dann greift Alex nach der ersten Rose.

"Meine erste Rose an diesem Abend geht an eine selbstbewusste, willensstarke Frau, die mich jedes Mal aufs neue damit beeindruckt, dass sie ihre Meinung gerade heraus sagt. Wir hatten schon einige tolle Momente und ich würde gerne noch viele weitere mit dir erleben. Martha, möchtest du diese Rose haben?"

Natürlich steht sie auf und nimmt die Rose an. Als sie mit der Rose in der Hand zu ihrem Platz zurückkehrt, strahlt sie bis über beide Ohren und ich kann nicht anders als auch zu lächeln und mich für sie zu freuen. Sie ist eine wirklich liebenswerte Person.

Als Alex die zweite Rose in die Hand nimmt, steigt meine Nervosität an. "Amy, du bist einfach immer für eine Überraschung gut und ich fände es sehr schön mich noch ein paar Mal öfter von dir überraschen zu lassen. Bist du dabei?"

"Gerne.", antwortet sie und holt sich ihre Rose ab. Nun liegen nur noch zwei rote Rosen auf dem Podest. Vor Angst kann ich kaum noch stillhalten. Noch zwei Rosen, aber noch sechs Mädchen. Erneut blickt er in die Runde.

"Liz." Und das Spiel geht von vorne los. Liz geht nach vorne, Küsschen links, Küsschen rechts und sie kommt mit ihrer Rose in der Hand zurück. Noch eine Rose. Wird er mich nach dem, was wir gerade draußen getan haben, raus werfen? Bin ich ihm womöglich zu weit gegangen?

Alex nimmt die letzte Rose in die Hand und dreht sie zwei, drei Mal in seinen Händen hin und her. Er sieht jede von uns an. Bei unserem kurzem Augenkontakt wird mir fast schwindelig vor Angst. Okay, nichts anmerken lassen.

"Die letzte Rose.", murmelt er. Dann blickt er wieder hoch. Er zögert, dreht sich zu seinem Bruder um und sieht dann wieder auf die Rose in seiner Hand. Hat er sich etwa noch gar nicht überlegt wem er die letzte Rose gibt? Wieso zögert er so lange? Und wieso fällt das keinem außer mir auf? Nathan runzelt mittlerweile die Stirn, bewegt sich aber nicht vom Fleck. Die Mädchen sehen ihn aufgeregt und erwartungsvoll an, während mir die Situation immer komischer vorkommt.

Er atmet einmal tief durch. Dann bewegt sich sein Kopf wieder nach oben, er sieht uns an und während dieser Bewegung sagt er den Namen.

"Melissa."

Ich verspüre pure Erleichterung. Meine Füße bewegen sich auf ihn zu und ich versuche nicht die Fassung zu verlieren. Natürlich wird geklatscht, aber diesmal klatscht auch Nathan. Bevor ich weiter darüber nachdenken kann, stehe ich schon vor Alex.

"Nimmst du die Rose an?", fragt er. Ich nicke und nehme sie ihm vorsichtig ab. Als ich ihn kurz an mich drücke, flüstert er einen Satz in mein Ohr, der mir eine Gänsehaut über den ganzen Körper jagt. "Du schuldest mir einen Kuss."

Wieder auf meinem Platz nehme ich Laura kurz in den Arm. Leider wird der Moment von Alex unterbrochen, der sein Wort nun wieder an die Allgemeinheit richtet.

"Ich möchte mich dann jetzt noch kurz von denen verabschieden, die heute gehen müssen. Ich hoffe, dass euch der Abend gefallen hat und freue mich sehr darauf euch vier morgen wieder zu sehen. Nathan und ich werden uns dann gleich nochmal zurückziehen und in Ruhe reden."

Die vier, die die Villa heute verlassen müssen, verabschieden sich kurz von Alex, während wir schon mal zum Wagen gehen. Gerade als der Rest zu uns stößt, fällt mir auf, dass ich meine Tasche vergessen habe. Ich gebe den anderen die Anweisung auf mich zu warten und gehe zurück in die Villa. Meine Tasche habe ich schnell gefunden, als ich mich jedoch wieder umdrehen und zum Ausgang gehen will, werde ich sanft gegen die Wand gedrückt.

Ich bekomme zwar einen Schrecken, aber bevor ich irgendwas tun kann, drückt Alex seine Lippen hart auf meine und umschlingt meinen Körper mit seinen Armen. Seine Hände sind überall und ich kann mir ein leises Stöhnen nicht verdrücken. So plötzlich wie es angefangen hat ist es aber auch wieder vorbei.

„Danke.", sagt er leise, presst seine Lippen kurz auf meine Wange, und drückt dann noch kurz meine Hand. Verwirrt und atemlos lässt er mich zurück. Ich bleibe noch für einen Moment dort stehen und versuche irgendwie zu verarbeiten was gerade passiert ist. Dann schüttle ich schnell den Kopf, als könnte ich meine Gefühle mit abschütteln, und gehe hinaus auf den Flur.

Nathan hält mir die Tür auf. Dankbar lächelnd verlasse ich das Haus, werde von ihm aber auf der Türschwelle durch eine Berührung an der Schulter zurückgehalten.

„Heißer Kuss."

Ich werde auf der Stelle rot und laufe mit schnellen Schritten zu den anderen. Sein Bruder hat es gesehen. Jetzt habe ich wahrscheinlich einen richtig miesen Eindruck gemacht. Ich bin sehr froh, dass es dunkel ist, denn so kann man meine Gesichtsfarbe nicht sehen.

„Wann musst du gehen?", frage ich Laura, um etwas herunterzukommen.

„Noch heute Abend."

Sofort wechselt die Stimmung. Ich hatte erwartet, dass Laura noch eine Nacht bei uns bleiben kann, aber dass sie jetzt gleich geht trifft mich unvorbereitet. Mir bleibt also nichts anderes mehr übrig als anzubieten beim Packen zu helfen und die letzten zwei Tage über mich ergehen zu lassen.

Bachelor Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt