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Ich schaffe es die Bühne einigermaßen souverän zu betreten. Irritiert muss ich jedoch feststellen, dass Frauke Ludowig keine Anstalten macht sich aus ihrem Sessel zu erheben und mich in Empfang zu nehmen. Ich werde etwas langsamer und bin erleichtert, als Alex aufsteht und auf mich zukommt. Es ist totenstill im Studio. Das Publikum klatscht nicht und es wirkt so, als traue sich keiner sich zu bewegen. Was ist hier bloß los?

Im Hintergrund spielt Truly Madly Deeply von Savage Garden. Es erinnert mich an die Nacht der Rosen, bei der Alex und ich draußen zu diesem Lied getanzt haben. Er hat mich damals angefleht ihn zu küssen, aber wir wurden von Nathan unterbrochen. Irgendwo auf der Mitte der Bühne treffen Alex und ich uns.

"Hi." Er gibt mir einen Kuss auf die Wange und nimmt meine Hände in seine. Am liebsten würde ich ihn fragen was hier vor sich geht, aber die Mikrofone sind schon an.

"Erinnerst du dich an das Lied?", fragt er. Ich nicke leicht. "Ich glaube, auch wenn ich mir das nicht eingestehen wollte, als wir zu diesem Lied getanzt haben, wusste ich, dass du die Frau bist mit der ich zusammen sein möchte. Es kommt mir so vor, als wäre alles an dir so perfekt. Du siehst wunderschön aus, Melissa, besonders heute Abend."

Ich bin mir sehr sicher, dass mein Gesicht gerade die Farbe einer Tomate annimmt, aber ich bin eigentlich ganz froh, dass Alex mich empfängt. Mit ihm ist einfach alles einfacher und so vertraut. Trotzdem weiß ich nicht ganz was das Ganze hier soll.

"Ich weiß, dass du einiges für überstürzt hältst. Wir kennen uns schließlich erst ein Jahr und zusammen sind wir erst seit einem halben Jahr. Aber ich glaube, dass wir uns da keine Gedanken machen müssen. Ich meine, wir kennen uns so gut. Ich weiß, dass du es hasst wenn dein "Ich wasche mir alle drei Tage die Haare" - Plan nicht zu deinen Plänen für die Woche passt. Und ich weiß, dass du es hasst bei Gewitter im Auto zu sitzen und du liebst es bei Regen am Fenster zu sitzen und zu lesen. Und ich weiß wie ehrgeizig du bist. Ich könnte noch Stunden damit füllen, dich zu beschreiben. Aber das wichtigste ist, dass ich dich liebe und dass du mich liebst."

Ich bin so gerührt, dass es mir Schwierigkeiten bereitet die Tränen wegzublinzeln. Womit habe ich diesen Mann nur verdient?

"Melissa, ich kann es gar nicht oft genug sagen. Du bist meine große Liebe. Sieh mal."

Er zeigt auf die Leinwand neben uns. Dort läuft eine Diashow mit Bildern von Alex und mir. Der Moment, in dem ich Alex zum ersten Mal gegenüber stand. Ich war total verunsichert und überwältigt. Der Moment auf der Hollywoodschaukel. Bilder von unserem ersten Date am Strand. Der erste Kuss. Es sind so viele Bilder. Ich, wie ich Alex aufgeregt vor dem Zirkus umarme und der anschließende Kuss. Bilder vom Camping, mit Nathan, und vom Tanzen. Es ist unsere Geschichte zusammengestellt. Ich erzähle Alex von meinen Eltern, unser misslungenes Foto, bei dem ich Idiot nicht in die Kamera sondern zu Alex sehe. Alex und ich auf der Yacht, die schrecklichen Momente im Flugzeug, die Umarmung am Flughafen, Tiefkühlpizza und kuscheln bei mir Zuhause, Island und die vielen Streitereien von Nathan und Alex. Es ist alles da. Ich kann die Tränen nicht mehr zurückhalten und Alex legt einen Arm um mich, während wir uns die Bilder ansehen.

Die Polarlichter, Malibu. Jegliche Momente der Entscheidung sind festgehalten. Mein erster Besuch bei Alex, wir zusammen in der Uni. Tanzen im Pub, Dinner bei Alex' Freunden, Ich, wie ich Lina zum ersten Mal halte und natürlich das Foto von Linas Taufe, auf der wir beide mit Lina sind. Dann noch ein paar Bilder von der Party. Als die Diashow sich wieder wiederholt, dreht Alex mich wieder sanft zu sich und nimmt meine Hand.

"Melissa, ich liebe dich und ich hoffe, dass du die Frage, die ich dir gleich stellen werde, nicht für zu überstürzt hältst. Weil ich ganz genau weiß, dass sie nicht überstürzt ist."

Alex sinkt auf die Knie und sieht zu mir herauf. Er holt ein kleines Kästchen aus seiner Hosentasche und lässt meine Hand kurz los, um es zu öffnen. Zum Vorschein kommt ein silberner, mit Steinchen verzierter Ring.

"Melissa." Alex holt nervös Luft. "Melli." Es scheint, als würde der ganze Saal den Atem anhalten.

"Willst du meine Frau werden?"

"Ja.", antworte ich sofort, während die Tränen mir nur so übers Gesicht laufen. "Ja, natürlich."

Alex streift mir den Ring an und lässt sich von mir hochziehen. Erst umarmen wir uns, dann küsst er mich, als wären wir ganz alleine im Raum. Das Publikum applaudiert. Ich kann es kaum glauben und muss immer wieder auf den Ring an meiner Hand sehen, um mir vor Augen zu führen, dass das gerade wirklich passiert ist. Ich, Melissa Parker, bin verlobt. Ich werde Alex heiraten.

Es ist der erste große Schritt in meinem Leben, der sich nicht überstürzt sondern einfach nur richtig anfühlt. Und ich sehe Alex an, sehe in seine strahlenden Augen und ich weiß, dass ich nicht nur dazu bereit bin ihn zu heiraten. Ich bin auch dazu bereit ein Kind zu bekommen und mit ihm großzuziehen. Und ich werde ihm das sofort nach der Show sagen. Alex hatte in allem Recht. Wie konnte ich nur so blöd sein und alles durch mein zu vieles Nachdenken verderben? Alex ist nicht nur meine Gegenwart. Alex ist auch meine Zukunft.

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