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Der Flug dauert elf Stunden, aber schon nach einer einzigen ist mir total langweilig. Das Flugzeug hat nämlich, anders als beim Hinflug, weder Bildschirme noch sonst irgendwas was meine Langeweile bekämpfen könnte. Immerhin ist es nicht ganz so eng, sodass ich genug Platz für mich habe. Allerdings sitze ich am Gang und dass die Flugbegleiter ständig hin und her rennen geht mir langsam auch leicht auf die Nerven, weil die Gänge eng sind. Vor Langeweile schlafe ich irgendwann doch ein, muss beim Aufwachen aber enttäuscht feststellen, dass es immer noch sechs Stunden bis zur Landung sind. Trotzdem ist das ja schonmal ein Fortschritt, denn fast die Hälfte ist geschafft. Ich werde wohl gegen Abend in Düsseldorf ankommen.

"Kann ich Ihnen etwas bringen?", fragt die Stewardess jetzt gefühlt zum zehnten Mal.

"Nein danke."

Immer schön höflich bleiben, schließlich ist es ihr Job und sie kann auch nichts dafür. Ich hasse es im Flugzeug aufzustehen, aber ich tue es trotzdem und hole meine Handtasche aus dem Fach über meinem Sitz. Es war generell eine dumme Idee sie dort hinzulegen. Normalerweise lasse ich sie einfach auf meinem Schoß liegen, aber heute war ich so gestresst, dass ich sie einfach zu meiner Reisetasche in das Fach gelegt habe. Wieder auf meinem Sitz krame ich meinen Collegeblock mit den Notizen für mein Studium heraus und lese sie mir ein paar Mal durch. Wenn man schonmal Zeit hat, kann man ja auch mal lernen. Eine knappe Dreiviertelstunde kann ich mich damit beschäftigen, dann fällt mir auf einmal eine große Veränderung auf und ich blicke verwirrt von meinen Notizen auf.

Die Kameramänner sind weg. Aber das nicht erst seit gerade eben. Die Aufnahmen wurden gestoppt, als ich ins Flugzeug gestiegen bin, also wurde ich schon nach den Boarding nicht mehr gefilmt. Es ist Wahnsinn wie unsichtbar die Kameras werden. Am Anfang, als ich nach Afrika geflohen bin, habe ich so aufgepasst was ich sage und hatte die Kameraleute immer im Blick. Im Laufe der letzten Monate hat sich das aber völlig geändert. Es war mir recht egal wo sie sich gerade rumtrieben und was genau man von mir sehen konnte. Ich habe nicht mehr wirklich aufgepasst.

Hoffentlich habe ich nichts schlechtes gesagt. Ich meine, natürlich möchte ich ich selbst sein, das ist ja auch für eine Beziehung wichtig, aber es wäre ziemlich dumm zu glauben, dass Alex sich die Aufnahmen nicht ansieht. Ich hoffe einfach, dass ich keinen schlechten Eindruck hinterlassen habe. Das wäre wirklich das Letzte was ich wollen würde.

Irgendwie bekomme ich die letzten Stunden dann auch noch rum. Die Lampe für das Anschnallen blinkt auf und eine der Flugbegleiterinnen gibt per Durchsage weiter, dass wir bald in Düsseldorf landen werden. Nachdem die Anweisungen durchgegeben sind, ist es wieder still und man hört nur noch das Geräusch der Maschine. Trotz meiner Erschöpfung werde ich immer hibbeliger. Ich bin in Deutschland. Ich bin Zuhause.

Gleich werde ich den Flughafen verlassen und Kate und Dean wieder sehen. Ich werde zu meiner Wohnung fahren und ich werde endlich wieder eine Nacht in meinem Bett verbringen. Die drei Monate waren schön, sind jetzt aber vorbei und ich bin zurück in meinem Leben. Jedenfalls für ein paar Tage.

Sanft landet das Flugzeug auf der Landebahn und die Passagiere beginnen zu applaudieren. Tatsächlich war die Landung ziemlich gut, sodass ich ganz beruhigt und ohne halben Herzinfarkt aufstehen und meine Taschen nehmen kann. Beim Verlassen verabschieden sich sowohl Flugbegleiter als auch Pilot von allen Passagieren. Dann gehe ich auch schon durch den Tunnel ins Innere des Flughafens und suche nach dem Band für die Koffer. Jetzt soll alles schnell gehen , denn ich werde immer ungeduldiger.

Dort muss ich allerdings nochmal einige Zeit warten, sodass ich mich auf eine Bank setze und darauf warte, dass das Band losläuft. In der Wartezeit nutze ich das deutsche Netz und sehe nach, ob mir noch jemand eine Nachricht geschrieben hat, nachdem ich in das Flugzeug gestiegen bin. Schließlich ist das schon elf Stunden her. Leider habe ich aber keine neuen Nachrichten, sodass ich stattdessen Löcher in die Luft starren muss. Das ändert sich auch nicht, als das Band sich endlich bewegt, denn meine zwei Koffer kann ich auf den ersten Blick nicht finden.

Als ich endlich alle meine Sachen bei mir habe, mache ich mich auf den Weg in die Ausgangshalle. Meine Vorfreude steigt immer mehr. Kate wird da sein. Wir haben uns so viel zu erzählen und ich habe das Gefühl Zuhause so viel verpasst zu haben. Aber am wichtigsten ist, dass ich Kate endlich wieder in die Arme nehmen kann. Und ich will die neuen Möbel sehen und auch endlich erfahren, was sie mir erzählen wollte.

Ich ziehe meine Koffer hinter mir her. Dann, endlich gehe ich durch die letzte Türe und lande in dem großen Raum. Erst kann ich weder Kate noch Dean finden und stehe etwas hilflos in der Gegend rum, doch dann werde ich plötzlich von hinten angetippt. Etwas desorientiert drehe ich mich um.

"Kate! Oh mein Gott, was? Seit wann? Du hast mir einiges zu erklären!"

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