„Hi, Phil!", begrüßte ich den Türsteher des von außen unauffällig wirkenden Isus. Heute war die Schlange nicht so lang wie sonst, wahrscheinlich verscheuchte Phil sie mit seiner unfreundlichen und gefährlichen Erscheinung. Er nickte mir nur zu, was nicht böse gemeint war, es war nur schlichtweg seine Art. Bereits trat er einen Schritt zur Seite, um mich passieren zu lassen, als er bemerkte: „Hab mich schon gefragt, wann du hier auftauchst, seit Alex rein ist." Das war die Bestätigung, die ich brauchte. Normalerweise ließ Phil niemanden so schnell in die Bar, doch da er mich kannte und wusste, dass ich einer übernatürlichen Spezies angehörte, machte er mir nie Probleme. Vor allem nicht, wenn Alex dabei war. Irgendwie schien er ihn zu mögen. Die übliche Prozedur, die Phil über einen potenziellen Gast verhing, war, dass dieser sich als übernatürliches Wesen auszeichnen musste. Für Menschen war hier kein Zutritt, weshalb Sebastian mich wirklich nicht hatte begleiten können. Die schlichte schwarze Tür öffnete sich und ich tauchte inmitten von künstlichem von Trockeneis erzeugten Nebel in eine andere Welt. Meine Welt.
Wie die verschiedenen Körper sich aneinander schlängelten, die Bässe durch die Bar dröhnten und dabei die Gläser auf den Tischen sowie die ganzen Gäste zum Beben brachten und die vielen bunten Lichter verschiedene Muster auf die Wände zeichneten, war nicht das, was mir am Isus so gefiel. Es war eher die Tatsache, dass man hier nie auf Menschen treffen würde und ich somit immer ich selber sein konnte. Manche würden nie verstehen, wie es sich anfühlte, sich in der gesamten Außenwelt den ganzen Tag verstellen und verstecken zu müssen. Obwohl der gesamte Nebel den Boden wie ein dicker, flauschiger Teppich bedeckte und die Tanzenden diesen mit ihren rhythmischen Bewegungen nach oben wirbelten, konnte ich trotzdem den gesamten Raum gut erkennen. Der Tresen, vor dem ein paar Barhocker standen, war zu meiner Rechten, die Tanzfläche befand sich in einer Senke links von mir. Zwar war dort ein Geländer, an dem sich die Betrunkenen runterangeln konnten, doch half das in den meisten Fällen nicht, da sie nicht mal in der Lage waren, dieses zu fassen und es so immer wieder zu spektakulären Stürzen kam. Während ich mich weiter zwischen betrunken Vampiren, aufgedrehten Werwölfen und ähnlichem hindurchschlängelte, hielt ich scharf die Separees vor mir im Auge, in der Hoffnung, Alex dort zu entdecken. Die Separees waren für mehr Ruhe und Romantik geschaffen worden, weshalb in mir die Hoffnung schwelte, dass er nur einer der viele Tanzenden war und ich ihn noch nicht entdeckt hatte. Während ich noch von allen möglichen Körpern bedrängt wurde, stand mir plötzlich jemand im Weg.
Ich wollte diesen Jemand schon aus dem Weg schubsen, als sie mich mit den Worten: „Hier, ein Drink", begrüßte und mir ein kleines Glas mit blauer Flüssigkeit in die Hand drückte. Als sie sich schnell an mir vorbeidrängte, blitzte ihr Nasenpiercing auf und schon war sie verschwunden. Völlig verblüffte und mit dem Drink in der Hand bahnte ich mir meinen Weg weiter, bis ich einen Tisch nahe den Separees erreichte und mich dort auf einen Stuhl fallen ließ. Das Glas stellte ich mit Wucht vor mir ab und wandte meinen Kopf unauffällig den Separees zu. Etwas kitzelte mich am Arm und erschrocken beobachtete ich die hübsche, junge Fremde, deren rotes Kleid mich vermutlich gestreift hatte, als sie an mir vorbeigegangen war. Ihr dunkelbraunes, gelocktes Haare war kunstvoll hochgesteckt und sie schien sich der Aufmerksamkeit, die man ihr ihrer äußerlichen Erscheinung wegen zuteil kommen ließ, bewusst zu sein und selbige in vollen Zügen zu genießen. Das Kleid floss sanft an ihrem schlanken Körper herab, als sie hocherhobenen Hauptes durch die Menschenmenge schritt. Trotz des Drängelns der Masse und gelegentlichen Ellbogen im Gesicht versuchte sie angespannt, Würde zu bewahren. Was mich dazu brachte, sie weiterhin zu beobachten, war die Tatsache, dass sie sich in Richtung der Separees bewegte und letztendlich bei einem der Separees stehen blieb, an dem sie anscheinend erwartete wurde. Ich blickte zu dem Mann, der ihr gegenüber saß und mir blieb der Mund offen stehen. Es war ohne Zweifel Alex.
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Shadow of Light
FantasyDie zwei Jugendlichen Carry und Shade könnten unterschiedlicher nicht sein: Carry ist seit dem Tod ihrer Eltern eine erbarmungslose Jägerin aller übernatürlichen Spezies, während Shade ihr Leben als Dämon in vollen Zügen genießt. Als die beiden das...