18. Kapitel (Shade)

19 1 3
                                    

    DasPiepsen war unerträglich und wollte einfach nicht aufhören. Benommen und durchbleierne Müdigkeit sowie einem Schlauch, der aus meinem Arm hing, gefesselt,öffnete ich die Augen. Stöhnend richtete mich in dem fremden Bett, in dem ich lag,auf und sah mich um. Eindeutig ein Krankenhaus. Die sterilen, weißen Wände undder Geruch nach Desinfektionsmittel und Sauberkeit stürmten auf mich ein undließen keine andere Schlussfolgerung zu. Weder Bilder noch Fenster hellten dieStimmung in diesem Zimmer auf, was den Patienten wirklich nicht schaden würde.Neben meinem Bett stand ein weiteres, welches jedoch leer war. Was mir nurwillkommen war. Auch der Fernseher in der Ecke schaffte es nicht, dem Zimmereine gemütliche Atmosphäre zu verschaffen. Die Infusionsnadel, die in meinemArm steckte, war durch einen dünnen Schlauch mit dem Tropfbeutel verbunden, derneben dem Bett stand. Ich selbst war von einer dünnen Decke bedeckt und als ichdiese zurückzuschlug, erkannte ich, dass ich eines dieser hässlichen Krankenhauskleidertrug. Ansonsten nichts. Was wiederum bedeutete, dass mich jemand nackt gesehenhaben musste. Gerade als ich dabei war, aufzustehen und mir die unnütze Nadelaus dem Arm zu reisen, öffnete sich die Tür und ein angespannt und müde wirkenderSebastian trat, einen Kaffee in der Hand, ins Zimmer.

 Als er merkte, dass ichihn beobachtete und offensichtlich wach war, kippte er sich beinahe vor Schreckden Kaffee übers Shirt. Dann erhellte sich seine Miene. Schnell zog er sicheinen Stuhl herbei und setzte sich neben mich. „Was machst du hier? Müsstest dunicht in der Schule sein?" Sebastian lachte und meinte: „Wirklich? Da kommt einjunger Mann mit verdammt viel Sexappeal durch die Tür und das erste, an das dudenkst, ist Schule?" Ich lächelte und erwiderte: „ Überschätz dich mal nicht.Außerdem bin ich vergeben." Leiser fügte ich hinzu: „ Noch jedenfalls." ZumGlück hatte er es nicht gehört. Das würde nur weitere Fragen aufwerfen. Welche,die ich selbst nicht beantworten konnte. Oder wollte. „Wie geht's dirüberhaupt? Hab einen ganz schönen Schrecken bekommen, als ich dich hab zusammenbrechensehen." Erschöpft fasste ich mir an den immer noch leicht schmerzenden Kopf.Die Geschehnisse vor meiner Ohnmacht waren immer noch zu verwirrend für mich.Was mich auf den Gedanken, wo Alex im Moment war? Da erinnerte ich mich anSebastians Frage und antwortete ihm: „Ging schon mal besser. Aber wird schonwieder." Nachdem Sebastian einen Schluck seines Kaffees getrunken hatte, erkundigteich mich bei ihm: „ Was ist denn passiert, nachdem ich in Ohnmacht gefallenbin?" „Naja, ich habe natürlich zuerst einen Krankenwagen gerufen..." „Warte,warte. Wie hast du mich eigentlich gefunden? Ich meine, als ich dich das letzteMal gesehen habe, warst du nicht mal in der Nähe des Isus..." 

Eine leichte Röteüberzog seine Wangen und er stammelte verlegen: „Ich...hab mir Sorgen gemacht, obdu Alex auch wirklich findest und da dachte ich mir, ich folge dir und schaunach. Allerdings wollte mich der Türsteher nicht reinlassen." Auf Phil warimmer Verlass. Er würde nie einen normalen Menschen ins Isus lassen. „Aber ichhab dich nicht gestalkt oder so", verteidigte er sich schnell. „Würde das nichtjeder Stalker von sich behaupten?", hakte ich nach und zog eine Augenbrauehoch. Sebastian zuckte nur mit den Schultern. „Schon gut. Und wie ging'sweiter?" „Dann hab ich behauptet, ich wär dein Bruder, damit ich imKrankenwagen mitfahren konnte." „Als ob", warf ich dazwischen. Genervt meinteer: „Kann ich bitte erzählen, ohne, dass du mich dauernd unterbrichst?"Beschwichtigend hob ich die Hände: „Jaja, schon gut." „Danke. Jedenfalls wussteniemand, was dir fehlt, weshalb sich dich auf alles Mögliche untersucht haben.Ohne richtigem Ergebnis. Als Folge deiner Ohnmacht ist vermutlich etwas indeinem Gehirn angegriffen worden und...ähm...ich weiß nicht, wie ich es sagen soll,aber..." Langsam bekam ich es mit der Angst zu tun. „Sag schon!"; drängte ichihn. Ich war auf das Schlimmste gefasst. „Deine Augen...der Arzt meinte, es seieine...Art Pigmentstörung in den Augen. Sie sind nun...dunkler." Erleichtert amteteich auf. Ich hatte doch nur die Kontaktlinsen vergessen. „Halb so schlimm."Verwirrt blickte er mich an: „Ich dachte, Mädchen wäre ihr Aussehen immer sowichtig." „Seh ich für dich aus wie ein normales Mädchen?" Er lachte: „Jetztnicht mehr." Ich schnaubte und verdrehte die Augen.

 Genau in diesem Momentklingelte sein Handy. Hastig klaubte er es aus seiner Hose und stöhnte auf: „MeineMum." Schicksalsergeben drückte er auf Annehmen und hielt sich das Hand ansOhr. „Wo bist du?", hallte es schrill aus dem Handy, wobei er plötzlich mit demKopf vom Hörer wegzuckte. Kein Wunder bei der Lautstärke, mit der seine Muttersprach. „Mum, bitte. Bisschen leiser. Ich bin in der Schule", flüsterte er. Ichschüttelte den Kopf. Irgendwie schienen alle Leute in meiner Umgebung zu lügen.Ausgenommen Ronan natürlich. „Die Schule hat gerade angerufen. Ich weiß, dassdu nicht da bist. Lüg mich nicht an. Wo bist du? Und wie lang bist du schonweg? Du wolltest doch mit Kay in die Schule gehen. Oder hast du gar nicht beiihm übernachtet. Oh, das wird mächtig Ärger geben, wenn du nach Hause kommst.Du kannst dich schon mal von deiner X-Box verabschieden!" Entweder musste dieFrau auch einmal Luft holen oder sie ließ Sebastian sich endlich verteidigen.Was er auch tat, nachdem er blass geworden war: „Mum, Mum, bitte, beruhige dichund hör mir mal zu!" „Wie sprichst du denn mit deiner Mutter?", brauste siewieder auf. Armer Sebastian. „Mum, bitte! Ich hab wirklich bei Kay übernachtet.Ich bin jetzt nur gerade im Krankenhaus..." „Was? Im Krankenhaus? Wieso? Was hastdu getan? Wie geht's dir? Hast du wieder diesen Ausschlag an dieser Stelle?Soll ich dir wieder diese Salbe kaufen? Soll ich dir deine Star WarsUnterwäsche mitbringen?"

 Fremdschämen hoch zehn. Mein Blick war nur nochmitleidig, während er selber im Boden zu versinken schien. Allerdings konnteich mir auch ein leises Lachen nicht verkneifen. „Nein. Nicht ich bin im Krankenhaus...ich meine...irgendwieschon..." „Soll ich dir deine Lieblingsbärchenwurst kaufen? Ich kenn diesesKrankenhausfraß..." „Nein! Ich besuch nur eine Freundin!" „Was? Du hast eineFreundin? Wieso weiß ich noch nichts davon?! Erzählst du mir nichts mehr?Nimmst du auch noch Drogen? Trinkst du Alkohol?" Nein, Mum! Nicht meineFreundin! Sie hat einen Freund!" „Junge, du bringst mich noch ins Grab! Duspannst jemandem die Freundin aus? Du weißt genau, was mit deinem Vaterpassiert ist!" „Mum. Ich bin nicht alleine hier! Sei bitte leiser! Ich bin zumMittagessen daheim. Da reden wir dann. Ich kann grad nicht." „Wieso? Seid ihrgerade beschäftigt? Hattet ihr schon euer erstes Mal? Soll ich dir Kondome..." „NEIN!Ich leg jetzt auf. Bis zu Mittag." Bevor diese Irre nochmal antworten konnte,hatte er bereits sein Handy in der Tasche. Verzweifelt raufte er sich dieHaare. Ich beschwichtigte ihn: „Wow. Deine Mum ist echt...lebhaft." Er warf mireinen Blick zu, der keiner Worte mehr bedarf. Genau in diesem Moment trat derArzt ins Zimmer. Sebastian verabschiedete sich schnell und verschwand, umwahrscheinlich an einem schalldichten Ort mit seiner Mutter zu telefonieren.Nachdem der Arzt sich nach meinen Wohlbefinden erkundigt und mir Kontaktlinsenangeboten hatte, damit mich nicht jeder so anstarrte, klärte er mich über meinengesundheitlichen Zustand auf: „Ihr Blutdruck und auch Ihre anderenVitalfunktionen sind soweit im grünen Bereich. Die Ohnmacht können wir uns nurbedingt durch eine große Ausschüttung von Stresshormonen erklären, da wir keinekörperlichen Auslöser finden konnten. Ihre Blutwerte sind auch weitgehend inOrdnung, allerdings ist uns ein Fremdkörper in ihrem Blut aufgefallen. Nebenden roten und weißen Blutkörperchen und den Blutplättchen, ist dieKonzentration einer anderen Substanz ebenso hoch. Eine andere Substanz, die imBlut normalerweise nichts zu suchen hat und ziemlich ungewöhnlich ist."Verwirrt runzelte ich die Stirn und starrte den älteren Arzt im weißen Kittel,dessen Namensschild ihn als Dr. Nicolay Drehwitch auswies, an und hakte nach: „WelcheSubstanz?" „Winzige Goldpartikel." Mein Magen verkrampfte sich augenblicklich,als ich realisierte, was das bedeutete. Wahrscheinlich, war es in dem Drinkgewesen, den die Fremde mir gereicht hatte. Wer war sie gewesen? Und warumwollte sie mich umbringen?

Shadow of LightWo Geschichten leben. Entdecke jetzt