Von einem Date und einem Kuss

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Er war frei. Jules wusste nicht, ob sie darüber nun froh sein sollte oder ob es für sie eher eine Belastung war. Denn seitdem Liam nun seine Pause genoss, verbrachte er fast jeden Abend bei ihr. Er tauchte ungebeten auf, übernachtete bei ihr und verschwand am nächsten Morgen nach einem Frühstück wieder. Die Begründung für sein Verhalten? Er hasste es alleine in seinem großen Haus zu sein. Den Vorschlag sich ein Haustier anzuschaffen, schlug er in den Wind. Er habe bereits eines, welches allerdings derzeit bei seinen Eltern sei. Somit musste sie herhalten, denn auch Andy hatte keine Zeit.

Andy war ein weiteres Thema, welches sie zu umschiffen versuchte. Seitdem er hinterhältig in ein Date gelockt hatte, hatte er sich nicht mehr bei ihr gemeldet, was ihr Angst machte. Nun wartete sie regelrecht, dass er jeden Moment vor ihrer Tür stand und sie entführte.

Damit aber nicht genug. Es ging auf Weihnachten zu und wenn die zwei Männer nicht schon genug Chaos in ihr Leben brachten – ob nun aktiv, wie Liam oder passiv wie Andy – so meldete sich auch ihre Mutter regelmäßig und erkundigte sich, wann Jules nach Deutschland kam und wie lange sie bleiben würde. Bislang hatte sich Mr Pennington noch nicht geäußert, wie lange sie frei bekam und wann. Er redete sich heraus, behauptete, er habe viel zu tun und könne sich noch nicht darum kümmern. Nun waren es aber nur noch wenige Tage bis zum Heiligabend und sie hatte noch immer keine Ahnung, wann es für sie nach Deutschland ging. Genervt, weil an diesem Tag nichts so lief wie sie es sich erhofft hatte, packte sie kurz vor Feierabend ihre Sachen zusammen und beschloss Mr Pennington solange festzuhalten bis er sich zu einer Antwort durchringen konnte. Sie atmete tief durch, straffte ihre Schultern und verließ den Raum. Zielsicher trat sie an die Tür zum Büro ihres Chefs und klopfte an. Es dauerte einige Sekunden bis von drinnen eine gedämpfte Antwort erklang. Jules öffnete die Tür und trat in das nur schwach beleuchtete Büro.

„Miss Sommer. Was kann ich für sie tun?" Der ältere Mann hob seinen Blick von den Unterlagen, die vor ihm auf dem Schreibtisch lagen und musterte Jules abwartend. „Nun ja... ich wollte fragen, ob sie inzwischen sagen können, wie es mit dem Urlaub aussieht. Ich müsste langsam einen Flug buchen damit ich heim fliegen kann", kam es von ihr und sie versuchte dem Blick stand zu halten mit dem sie bedacht wurde. Er schien durch sie hindurch zusehen und sie auf ihre Worte hin genau zu prüfen. Jules kaute auf ihrer Unterlippe herum und wartete geduldig auf eine Antwort, mit der sich ihr Gegenüber aber Zeit ließ.

„Urlaub? Sie wissen doch, dass die Agentur am Montag schließt und erst im neuen Jahr wieder aufmacht, oder? Demnach ist Ihr Urlaub längst genehmigt."

Jules glaubte ihren Ohren nicht. Seit Wochen wartete sie darauf, dass er sich dazu äußerte und nun sagte er, dass der Urlaub bereits genehmigt sei? Sie war wieder einmal ins offene Messer gelaufen. „Sie müssen sich schon ein bisschen besser informieren. Es war eine Mail in ihrem Postfach, in dem ich alle Mitarbeiter darüber in Kenntnis gesetzt habe. Von allen habe ich eine Rückmeldung bekommen. Außer von Ihnen."

Jules öffnete ihren Mund um etwas zu erwidern, denn so eine E-Mail hatte sie definitiv nicht erhalten. Statt etwas zu sagen, senkte sie den Blick und nickte schwach. „Okay", murmelte sie leise. „Dann...danke und bis morgen?" Der Wunsch so schnell wie möglich zu verschwinden wurde größer und sie wäre am liebsten direkt verschwunden.

„Wir sehen uns erst im neuen Jahr wieder", bemerkte ihr Chef und sie sah überrascht auf. „Ich fahre bereits morgen in den Urlaub", verkündete er der erstaunten Jules, denn auch darüber hatte niemand etwas gesagt. „Oh... dann wünsche ich Ihnen einen schönen Urlaub und schöne Feiertage."

Nach einer schnellen und auch etwas verklemmten Verabschiedung verließ Jules das Bürogebäude und erst als sie auf der Straße trat, atmete sie erleichtert auf nur um im nächsten Augenblick erschrocken zusammen zu fahren, als jemand ihr von hinten die Hände auf die Schultern legte. „Überraschung!"

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