Von Ängsten und der aufbrausenden See

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Weißt du, was du damit angerichtet hast?"

Ein Schulterzucken war die einzige Reaktion, die von Abby folgte. Jules seufzte leise auf und sah Liam von der Seite an, der sich ebenfalls nicht am Gespräch beteiligen wollte. Sie löste sich von ihm und zog ihren Arm wieder zu sich zurück, was ihn leicht zusammenzucken ließ. Stattdessen strich sie ihm seitlich über das Bein und lehnte sich vor. Mit den Unterarmen stützte sie sich auf ihren Oberschenkeln ab und betrachtete Abby, die auf ihrer Unterlippe herumkaute.

„Abby, wir dachten, dass du dich umgebracht hast", sagte Jules sanft, „und die Leute geben Liam die Schuld dafür, dass du das getan hast."

„Aber er ist doch auch Schuld. Warum hat er diesen verdammten Solodeal unterschrieben und eine Single raus gebracht?" Sie hob ihren Kopf und ihre Wangen liefen rot an, während sie Liam wütend anfunkelte. „Er macht damit alles kaputt. Wie sollen sie denn jetzt jemals wieder zurückkommen? Erst Liam, als nächstes fängt Louis in der Jury an. Harry spielt in einem Film mit und Niall spielt Golf oder so. Warum macht ihr das? Wisst ihr, was ihr uns damit antut? Ihr seid unser Leben und jetzt macht ihr alles kaputt. Es war perfekt!"

Neben ihr zuckte Liam zusammen angesichts dieser Heftigkeit mit der Abby dies sagte. Er schluckte schwer und auch Jules wusste für den Moment nicht, was sie darauf erwidern sollte.

„Aber wir sind derzeit in einer Pause und niemand hat gesagt, dass wir nicht wieder zurückkommen", sagte Liam leise und sah Abby an. „Wir sind seid fünf Jahren ununterbrochen unterwegs. Wir brauchen Zeit für uns, Abby. Wir müssen uns selber wieder finden, aber wir haben niemals von einem Ende gesprochen."

„Das ist eine Lüge", fuhr sie gleich dazwischen und sah Liam verzweifelt an. Jules wurde es schwer ums Herz und sie konnte sich gut vorstellen, wie Abby sich fühlen musste. Die Band bedeutete ihr eine Menge. Man sah es an der Gestaltung ihres Zimmers, an den zahlreichen Fanaccounts, die sie im Internet hatte, den Geschichten, die sie schrieb und an den Posts, die sie verfasste. Sie war nicht nur ein Fan, sie lebte One Direction. Jules konnte es nachvollziehen.

Noch gut konnte sie sich daran erinnern, als sie die letzte Seite von Harry Potter gelesen hatte. Danach war sie in ein Loch gefallen, weil sie sich mit dem Gedanken anfreunden musste, dass sie nie wieder ein neues Abenteuer mit dem Zauberlehrling lesen würde. Die Vorstellung war schrecklich gewesen. Zwar war dies nicht direkt mit der Erfahrung zu vergleichen, die Abby mitmachte, aber in gewisser Weise konnte Jules sich vorstellen, wie sie sich fühlte. Sie stand davor sich von etwas zu verabschieden. Möglicherweise war dies sogar der Schritt weg vom Kindsein hinein ins Leben als Erwachsene. Mit One Direction starb ein Teil ihrer Kindheit und nun musste sie sich neu finden. Ein Loch war entstanden und das musste sie füllen.

„Nein, Abby. Wir werden wiederkommen. Wir haben es euch versprochen und wann haben wir je ein Versprechen gebrochen?" Liams Stimme war sanft und er regte sich neben ihr. „Ihr bedeutet uns alles. Immerhin habt ihr uns dorthin gebracht, wo wir jetzt sind. Wir lieben jeden Einzelnen von euch. Kannst du dir vorstellen, wie weh es getan hat zu lesen, dass du dir etwas angetan hast? Weil... diese Single wird nie veröffentlicht werden. Der Song ist... er ist entstanden, weil ich mit Freunden im Studio war."

„Du lügst doch", fuhr Abby ihn an und schüttelte heftig ihren Kopf. „Es ist eine Lüge. Du hast doch schon geplant, wann das Album kommen soll."

„Woher hast du diesen Unsinn?", entfuhr es Liam heftig. Frustration schwang in seiner Stimme mit. Jules zuckte zusammen und griff nach seinem Arm. Sie drückte sanft zu, woraufhin er sich zu ihr drehte und sie fragend ansah. Sie schüttelte den Kopf und presste die Lippen aufeinander. Er musterte sie und ein verzweifelter Ausdruck erschien in seinen Augen. Sie nahm an, dass er überfordert war mit der Situation. Schwach lächelte sie und löste ihren Griff um seinen Arm. Er aber griff sofort wieder nach ihrer Hand um sie festzuhalten, als würde sie ihm Halt geben. Sie lächelte schwach und wandte sich wieder Abby zu, die sich inzwischen in ihrem Sessel zusammengerollt hatte. Die Beine hatte sie an die Brust gezogen und die Arme darum geschlungen. Eine Abwehrhaltung. Jules musterte sie und lehnte sich leicht nach vorne. Sie wusste nicht, was sie sagen sollte um die Stille zu brechen, die sich über sie gelegt hatte. Noch immer schwebte die Frage im Raum. Die harschen Worte von Liam wirkten nach und Jules hätte gerne etwas zur Besänftigung gesagt, aber ihr fiel nichts ein.

Changing lifeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt