Von unzähligen Sternen und Abschieden

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Das musst du schon alleine herausfinden!" Jules zog einen Schmollmund bei den Worten von Eleanor, die nur grinsend einen Karton zu ihr schob. Vorsichtig hob sie den Deckel an und spähte in das dunkle Innere. Ihre Augen weiteten sich als sie einen Gutschein ans Licht beförderte, der ihr einen Flug von Deutschland nach London spendierte. „El", stieß Jules hervor und krabbelte nahezu über den Tisch um der Braunhaarigen um den Hals zu fallen. Diese lachte und strich Jules über den Rücken. „Damit ich dich auch wieder sehe und du nicht einfach so verschwindest", murmelte sie und Jules drückte Eleanor noch fester. „Du bist die Beste. Vielen Dank", meinte sie, nachdem sie sich wieder voneinander gelöst hatten. „Gern geschehen", grinste Eleanor und zwinkerte ihr zu. Dass Jules nach wie vor unter Flugangst litt, geriet in diesem Augenblick in den Hintergrund. Die Freude darüber, dass ein Wiedersehen in greifbare Nähe rückte, war einfach zu groß.

Weitere Geschenke wurden ausgepackt und niemals hätte Jules mit dieser Fülle gerechnet. Von Andy bekam sie eine Fotocollage mit vielen Bildern, die ihre gemeinsame Zeit festhielten. Lachend schwelgten sie in den Erinnerungen, die wieder hochkamen. Anekdoten wurden erzählt und die kuriosesten Geschichten kamen ans Tageslicht. Eleanor schien eine Menge aufgesogen zu haben in ihrer Zeit als Louis Freundin und sowohl Liam, der noch immer draußen war, als auch Harry waren die Leidtragenden, die sich nun dem Spott der restlichen Anwesenden beugen mussten. Aber auch Andy bekam sein Fett weg, woraufhin er sich revanchierte und Geschichten über Liam hervorholte, die bislang wohl behütet wurden. So wurde es eine lustige Runde und die Geschenke gerieten in den Hintergrund.

Sie lachten viel und Jules fühlte sich vollkommen befreit. Es waren heitere Stunden und die dunklen Gedanken konnte sie in den Hintergrund schieben, dennoch ergriff sie irgendwann ein Gefühl von Wehmut, denn alle die hier waren, würden sich weiterhin sehen in der ein oder anderen Konstellation. Für sie würde es nicht schwierig werden sich zu treffen. Ein Anruf und schon wäre ein Treffen arrangiert. Sie aber würde bald verschwinden und aus diesem Kreis austreten. Spontane Treffen würden nicht mehr möglich sein. Kein Kaffeetrinken in der Mittagspause mit Ellie. Keine Shoppingtouren mit Eleanor. Keine Filmabende mit Andy. Keine unnötigen Modeberatungen von Max.

Ein Kloß bildete sich in ihrem Hals und sie verstummte. Sie lauschte den munteren Gesprächen, die um sie herum weiter stattfanden, aber sie selbst fiel in ein Loch. Langsam erhob sie sich von der Couch und schritt in Richtung Terrassentür. Liam war noch immer draußen, während Andy irgendwann wieder hereingekommen war. Auch Watson hatte sich wieder blicken lassen, aber von Liam fehlte jede Spur.

„Jules?" Eleanors Stimme hielt sie zurück. Sie drehte sich langsam um. „Ich geh mal nachsehen, wo Liam ist", bemerkte sie und schlüpfte nach draußen. Sie schlang sich die Arme um den Oberkörper und blickte sich bibbernd in der Kälte um. Es war eigentlich eine schöne Nacht. Der Himmel war sternenklar und auch die Kälte war angenehm. Von einem Bein aufs andere hopsend spähte sie in den Garten, konnte Liam aber nicht entdecken.

„Liam?" Ihre Stimme schwebte durch die Dunkelheit und die Antwort kam aus dem hinteren Teil des Gartens, der vollkommen im Dunkeln lag. Sie setzte einen Fuß nach vorne und trat auf das gefrorene Gras, das leise unter ihren Schritten knackte. Der ausgestoßene Atem bildete weiße Wolken, die in den Himmel stiegen. Sie fand Liam auf der alten Gartenbank. Er hatte eine Decke um sich geschlungen um der Kälte zu entgegen. Jules trat auf ihn zu. Er hob die Decke an und schnell setzte sie sich zu ihm. Sie schmiegte sich in die Decke und lehnte sich gegen ihn um von seiner Körperwärme etwas abzubekommen.

„Was machst du hier draußen?", fragte sie leise.

„Schau mal hoch", meinte er. Sie tat wie ihr geheißen und legte den Kopf in den Nacken. Über ihr erstreckte sich der unendliche Sternenhimmel. Abermillionen Sterne schickten ihr Licht auf die Erde und es war ein Anblick, der sie verstummen ließ. Sie ließ sich gegen ihn sinken. Ihr Kopf lag auf seiner Schulter, während ihr Geist versuchte die Geheimnisse des Universums zu ergründen.

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