S E C H S U N D D R E I ß I G

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"Es überrascht mich nicht mehr." hauche ich erneut.

Das kalte Getränk in meiner Hand erinnert mich an seine Fingerspitzen, verkrampft versuche ich nicht auf seine rosa Lippen zu sehen.

Zu stark würde mich der Drang überrollen.

In seinen dunklen Augen liegt etwas, eine offene Frage, Worte die er gerne aussprechen würde, doch wir beide wissen, dass er es nicht tun wird.

Zwei Wochen, zwei beschissene Wochen wiederholt sich dieses Gespräch in meinem Kopf, verfolgt mich in meinen Träumen.

Immer wieder denke ich an diesen Abend zurück, an seine glühenden Augen im schwachen Licht.

Meine Finger lassen den Kugelschreiber über das weiße Blatt fahren, unwirkliche Muster bilden sich, Motive die selbst ich nicht verstehen kann.

Ich könnte mich Ohrfeigen, die Schule war nicht dazu da um an Menschen zu denken, wie viele von uns Ihre Gedanken wohl an die Liebe verloren haben.

Wie viele Stunden wohl vergangen sind, in denen wir hoffen, uns Dinge vorstellen die niemals passieren werden. Wie viele es wohl sind.

"Ruby die Stunde ist vorbei? Willst du nicht heim?" fragt Mason vorsichtig.

Verstört blicke ich mich im Klassenzimmer im, tatsächlich sind wir die letzten im Raum.

Schnell stopfe ich alles in meine Tasche und schenke Mason ein schwaches lächeln.

Ist es nicht komisch wie jeder Tag irgendwie gleich ist, wenn wir jedoch ein Jahr zurück denken, uns alles anders vorkommt?

"Ich weiß du wirst mir nicht verzeihen." höre ich seine Stimme hinter mir und drehe mich erneut im Türrahmen um.

"Aber wenn du einen besten Freund brauchst, weißt du wo du mich findest." sagt er leise und irgendwas in seinen braunen Augen leuchtet auf.

Vielleicht gibt es uns Hoffnung, vielleicht gibt es uns Zeit.

"Liza du hast echt keine Ausschaltaste." jammere ich, während die große, rothaarige Schönheit mich durch die dunklen Straßen zieht.

"Nur weil mein dummer Bruder ein Wochenende nicht daheim ist, bedeutet es nicht, dass du daheim verrotten kannst." sagte sie und schnalzte kurz mit der Zunge.

Es war absolut zwecklos mit ihr zu diskutieren.

"Außerdem muss ich es ausnutzen, wenn er schon mal nicht da ist. So viele süßen Typen laufen auf dieser Feier herum." fügte sie begeistert hinzu und quietschte leicht auf.

Ein kleines Lächeln Schlich sich auf meine Züge, einfach weil ich sie bereits so liebte.

"Ich mach deinen Wingman." sagte ich lachend und zwinkerte ihr zu.

"Besser so, du musst meinem hässlichen Bruder doch treu bleiben." ihre Stimme war bestimmend, sie konnte sich jedoch nicht lange so halten und begann zu grinsen.

Ich konnte immer noch nicht glauben, wie gut unsere Lüge lief.

Vor uns stand ein schönes weißes Haus, selbstverständlich alles super modern, ein Pool erstreckte sich auf der rechten Seite und überall rannten schreiende Menschen herum.

ShamelessWo Geschichten leben. Entdecke jetzt