Chapter 32

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Narzissa stand in der Diele an der Brüstung des Treppenabsatzes ein Stockwerk höher. „Draco, Ginny. Schön, dass ihr wieder da seid. Draco, du könntest auch mal öfter schreiben!", rief sie vorwurfsvoll und schenkte der Weasley ein herzliches Lächeln, welches von dieser herzlich erwidert wurde. Dracos Mutter kam die Treppe herunter, verwies, was das Gepäck betraf, auf die Hauselfen und wandte sich dann an Ginny, die Stirn plötzlich voller Sorgenfalten: „Der Dunkle Lord erwartet dich in seinem Büro."
Ginny klopfte das Herz bis zum Hals. Mit dem auf Narzissas Aussage folgenden Strahlen wirkte sie vermutlich etwas verrückt, doch das kümmerte sie nicht im Geringsten. „Dann will ich ihn nicht länger warten lassen."
Als Bellatrix, die bis jetzt gewartet hatte, eilig den Raum verließ, fügte Narzissa noch besorgt hinzu: „Pass auf dich auf."
Die Rothaarige nickte eifrig und lief los, die Gänge entlang und an dutzenden Türen vorbei. Vor der dunklen Tür von Voldemorts Büro blieb sie stehen, sah an sich herunter und rümpfte angesichts der Muggelkleidung, die sie trug, kritisch die Nase. Egal. Jetzt konnte sie sowieso nichts mehr daran ändern.
Kurzentschlossen klopfte sie an.
„Herein." Der scharfe Tonfall der Stimme war unverkennbar.
Ginny drückte die Klinke herunter und trat ein. „Mylord."
Sein Blick wurde kaum merklich weicher. „Ginny."
Ihr Magen flatterte. Schnell konzentrierte sie sich auf ihre Okklumentikwälle, ein Gewirr aus schwarzem Nebel, der jeden Eindringling in die Irre führen würde.
„Du hast Okklumentik gelernt", bemerkte er.
Sofort packte sie schlechtes Gewissen. „Ich..."
„Nein, das ist gut", sagte er überraschenderweise. „Wenn du zum Orden gehst, musst du vorbereitet sein." So hatte Ginny das noch gar nicht gesehen. Der Dunkle Lord schnitt ein neues Thema an: „Ich möchte, dass du Duellieren lernst. Übe doch mit einigen Todessern. ... Beherrschst du die Unverzeihlichen?"
„Nur den Imperius."
„Dann werde ich sie dir beibringen. Auch der Dolch-Unterricht bei Bellatrix wird fortgeführt."
Ein unangenehmes Schweigen entstand.
Er brach es: „T., also."
Sie errötete. „Damit hast du unterschrieben."
„Ja... Wir sollten zum Abendessen."
„Mh", machte Ginny, mehr, um irgendwas erwidert zu haben.
Sie verließen das Büro durch die immer noch offene Tür.
Ginny sagte irgendwann: „Danke."
„Wofür?", wollte der Dunkle Lord verwirrt wissen.
„Für alles."

***

Draco waren fast die Augen aus dem Kopf gefallen, als Ginny sich wie selbstverständlich ans Tischende gesetzt hatte.
Wie sie später erfuhr, durften dort nur diejenigen sitzen, die hoch in der Gunst des Dunklen Lord standen, oder freiwillig dort Platz nahmen.
Jetzt verstand sie, weshalb Bellatrix so sauer gewesen war, als sich niemand an Ginnys Stelle setzen durfte. Vermutlich hatte sie versuchsweise irgendwen nach vorne beordert und derjenige war zurückgeschickt worden.

***

Abends zog sich Ginny ihr schwarzes, am Oberkörper Falten schlagendes Schlafkleid an, verstaute ihr Gepäck und putzte sich dann die Zähne. Als sie zurückkam, fand sie auf ihrem Kopfkissen einen Zettel vor.

Du musst dich für eine Seite entscheiden, Weasleygöre. Blutsverräterfamilie UND Todesser geht auf Dauer nicht. Dein Bruder ist gar nicht mehr bei euch zu Hause, hast du das bemerkt? Aber hier ist er auch sehr selten. Ewig funktioniert das nicht, und das weiß er genauso gut wie ich.
Was ich dir eigentlich sagen soll: George kommt leider morgen Mittag zu Besuch.
Erstick an deinem Kissen.
Bella.

„Nett", murmelte Ginny sarkastisch, doch Bellatrix' Worte hatten sie beunruhigt.
Genauso wie die Tatsache, dass diese in ihrem Zimmer gewesen war, ohne dass die jüngste Weasley es bemerkt hatte. Daraufhin verbarrikadierte Ginny ihr Zimmer mit einigen Schutzzaubern.
Fünf Minuten später versuchte sie einzuschlafen, aber Bella hatte schon irgendwo Recht. Früher oder später musste sie sich entscheiden. Zwischen ihrem Dasein als Blutsverräterin oder als Todesserin d.h. anerkanntes Reinblut. So formuliert fiel die Wahl nicht besonders schwer.
Todesserin. Ihre Entscheidung stand fest.
Das würde ihre Familie ihr nie verzeihen, doch es schien es ihr wert zu sein. Der Orden hatte längst verloren und wollte es nur nicht einsehen. Wäre sie Todesserin, wären sie und ihre Familie samt Hermine sicher (hatte sie einmal mit Voldemort ausdiskutiert) und sie stand bereits hoch in der Gunst des Dunklen Lords. Außerdem bedeutete ihr dieser sehr viel, mehr als sie sich eingestehen wollte. Aber das war wohl nicht der plausibelste Grund.
Was Harry wohl denken würde? Begeistert würde er schon mal nicht sein.
Morgen kommt George, versuchte sie sich aufzuheitern.

His Best Horcrux (Tominny) ✔Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt