Chapter 15

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Am Ende der Stunde war sie unglaublich stolz, dass sie es geschafft hatte und wollte sich gerade im Hüpfschritt aus dem Staub machen, als Voldemort sie noch einmal zurückrief. „Gut gemacht, Ginevra."
Sie errötete wegen des Lobes.
Er nahm etwas aus der Pultschublade. Es war ein Päckchen mit einem bunt verzierten W darauf, dem Symbol für Weasleys zauberhafte Zauberscherze. „Das hat dein Bruder dir geschickt. Leider kam er in letzter Zeit zu keinem Besuch, zu viel Kundschaft im Laden. Trotzdem wollte er, dass du dies erhältst."
Mit einem Blick darauf wusste sie, was sich darin befand. Bellatrix konnte sich auf was gefasst machen.

***

Gerade war ein Treffen des Inneren Kreises und Voldemort ließ sich von Lucius langweilen, der ja längst wieder aus Askaban zurück war, und - wie Bellatrix damals - Ewigkeiten seine ganze lange Leidensgeschichte vor ihm ausbreitete. Apropos Bellatrix: Wo blieb die eigentlich?
Er spürte, wie eine gefühlslose Präsenz energisch auf die Tür zukam. Der Dunkle Lord ließ mit einem Schwung seines Zauberstabes die Tür aufschnellen. „Endlich bist du da. Pünktlichkeit ist wohl nicht-" Er brach ab und musste sich ein Lachen verkneifen.
Seine treueste Dienerin sah ja auch wirklich zum Schießen aus: Überall war sie mit bunten Farbspritzern übersät und zog ein Gesicht wie fünf Tage weiße Magie benutzt.
„Wie ist Ginevra denn in dein Zimmer gekommen?", wollte er, auf einmal gut gelaunt, wissen.
„Das fragte ich mich auch", murrte Bellatrix und ließ sich auf ihren Stammplatz fallen.
Lucius rückte leicht panisch von ihr ab. „Geht das Zeug denn nicht ab?"
Bellatrix schmollte: „Halt die Fresse. Nein, geht es nicht so gut."

***

Eine halbe Woche später ging Ginny wieder überall zum Unterricht. Bellatrix war weder besonders nett noch ausgesprochen fies, und so ließen sich ihre Stunden überstehen.
Voldemort brachte Ginny manchmal kleine Zaubereien bei, dafür durfte sie sogar ihren eigenen Zauberstab benutzen. Auch hatte er kein Wort über die übelriechende Farbbombe verloren, obwohl er es zweifellos mitbekommen hatte.
Snape hatte ihren Trank mit einem A bewertet, über das sie halb überrascht, halb verärgert gewesen war. Klar, es war eine bessere Note als die, die sie sonst erhielt, trotzdem hatte sie sich sehr viel Mühe mit dem Trank der lebenden Toten gegeben. Anbei ihrer Benotung hatte noch ein Zettel mit der Aufschrift „Sie können das besser, Miss Weasley." gelegen. Wütend hatte sie den Pergamentfetzen zusammengeknüllt und in den Papierkorb in ihrem Zimmer geworfen.

***

Ginny sah aus dem Fenster. Es war spät abends und sie hatte eben geduscht. Jetzt stand sie, in ihren Bademandel eingekuschelt und mit noch nassen Haaren, vor dem Fenster, das zur Ausfahrt der Malfoys hindeutete. Verdutzt stellte sie fest, dass die Magie am Tor gefährlich schwach flimmerte.
Freude durchflutete ihr Denken und sie musste zweimal hinsehen, um ihr Glück zu fassen. Der Schutzschild war nicht mit Magie versorgt worden, und sie konnte gehen. Das war ihre Chance! Sie würde ihre Freunde wiedersehen! An Luna dachte sie in dem Moment nicht. Oder an das Trio. Alle vier hatte sie in die hinterste Ecke ihres Bewusstseins gedrängt.
Ginny war klar, dass ihre Zeit begrenzt war. Lange würde es nicht dauern, bis jemand das Loch in der Barriere bemerkte.
Sie öffnete sie Tür einen Spalt breit, lugte hindurch und lief, barfuß, wie sie war, durch die ihr inzwischen so vertrauten Gänge und die Treppen hinunter. Sie wusste sogar, welche Stufen knarzten. Diese mied sie.
Es war, als würde sie durch zähen Sirup laufen: Sie rannte, aber es ging ihr zu langsam. Lautlos laufen gelang ihr dagegen perfekt.
Endlich war sie bei der Eingangstüre angekommen und rüttelte daran. Verschlossen, natürlich. Dann eben durch die Küche. Nachts waren dort keine Hauselfen. Sie räumt eine hölzerne Arbeitsplatte (leider nicht so geräuschlos) frei, stieg darauf und durch das Fenster. Der Aufprall unten war etwas unangenehm, denn sie fiel durch mangelnde Konzentration und freudige Hektik hin und rappelte sich mit schmerzverzerrtem Gesicht auf.
Das Gittertor in die Freiheit kam näher.
„Warte."
Diese Stimme ließ sie abrupt haltmachen, aber sie drehte sich nicht um.
„Ginevra. Du hast die Wahl: Du kannst gerne ohne Zauberstab zurück in die Schule und dich von den Carrows foltern lassen – was ich vermutlich verbieten würde – und deine Freunde von Tag zu Tag anlügen. Oder du bleibst hier, wo es sicher ist, wo normalerweise keine dauerhafte Stimmung herrscht, als wäre gerade eine Beerdigung. Dir geht es doch gut. Ich weiß, dass dir Gleichaltrige fehlen, aber die werden kommen, wenn ich den Krieg gewinne. Du darfst beziehungsweise sollst irgendwann wieder nach Hogwarts, aber es wäre mir lieber, wenn ich dich dann auf meiner Seite wüsste."
Ginny hatte bis dahin gebibbert und in Erwartung von Ärger geschwiegen, doch bei seinen letzten Worten wurde ihr ganz warm. Es würde ihn freuen. Sie musste lächeln.
Er zog seinen Zauberstab und auf einmal war ihr rotes Haar trocken. Überrascht drehte sie sich um. Er erklärte: „Sonst holst du dir hier noch den Tod."
„Das kann ich doch heilen, bevor es eskaliert", bemerkte sie beiläufig lächelnd, ein wenig gerührt von seiner Fürsorge, denn es war tatsächlich ziemlich frisch.
Voldemort hielt ihr die Hand entgegen und sah sie mit diesen unglaublich faszinierenden roten Augen an.
Sie zögerte, sah zwischen dem Wald vor ihr und seiner Hand hin und her. Wie hatte sie sich ihre Flucht eigentlich vorgestellt, zu Fuß nach Schottland, etwa? Ja, genau das war ihr unausgereifter Plan gewesen, wie sie sich eingestehen musste.
Ginny ergriff seine Hand. Ihre kleine lang in seiner großen. Er drückte ihre leicht. Dann strich er ihr eine Haarsträhne aus dem Gesicht, die sich selbstständig gemacht hatte. Ihr Herz hämmerte in ihrer Brust. Sie sehnte sich nach einer Umarmung, aber heute waren für sie genug Annäherungen gewesen. Fast bedauernd löste sie sich von ihm.
Nebeneinander gingen sie zurück ins Manor.

His Best Horcrux (Tominny) ✔Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt