Tapp. Tapp. Tapp. Ihre Schritte hallten gedämpft über den Gang.
Ginny fror. Tatsächlich war es etwas kühl, aber es war mehr die Ausstrahlung dieses Gebäudes, die sie so frösteln ließ. Die Atmosphäre war lauernd.
„Miss Weasley?"
Ginny fuhr herum, als täte sie etwas Verbotenes. Vor ihr stand eine große, schlanke Frau in Todesserkleidung. Sie hatte dunkelblonde Haare mit bereiten schwarzen Strähnen darin, warme, braune Augen und kaum sichtbare Falten im Gesicht. Sie war sehr schön.
„Ich bin Narzissa Malfoy. Meine Schwester dürftest du bereits kennengelernt haben", sagte sie freundlich.
„Bellatrix."
„Ja."
Ginny bemerkte: „Ihr ähnelt euch nicht besonders, bis auf die Augen."
„Ich weiß. Andromeda dagegen sieht ihr zum Verwechseln ähnlich."
Die Rothaarige grinste. „Stimmt, aber nur von hinten. Harry hat sie mal gesehen und hätte sie beinahe angegriffen." Beim Gedanken an Harry wurde ihr Herz schwer, trotzdem sprach sie ziemlich gefasst weiter: „Aber dann hat sie sich umgedreht. Das Gesicht ist zu anders."
Narzissa seufzte. „Als Kinder war selbst das fast gleich. Bella hatte nur hellere, leichtere Haare."
Die Vorstellung von einer elfjährigen Bellatrix ließ Ginny schmunzeln, dann fiel ihr ein, was sie hier überhaupt machte: „Äh, Narzissa? Weißt du – natürlich weißt du das! – wo die Küche ist?"
„Warum möchtest du das wissen?", fragte Narzissa verwirrt.
Ginny druckste herum. „Nun ja... meine beste Freundin ist am Verhungern..."
Zehn Minuten später hatten Luna und Ollivander durch eine wundersame Fügung zwei Schüsseln Kartoffelsalat mitsamt Besteck vor sich stehen.***
„Zieh dich mal um", forderte Narzissa mit einem Blick auf Ginnys schmutzige, zerknitterte Kleidung.
Sie waren in Ginnys Zimmer. Narzissa war von Ginny mit Fragen gelöchert worden, wie der Tag hier im Manor ablief, welche Todesser noch zurechnungsfähig waren, ob Voldemort auch mal nett war, und so weiter. Auf dem Gang könnte eine solche Unterhaltung leicht unvorteilhaft werden.
Ginny zuckte mit den Schultern und betrachtete ihr fragwürdiges Outfit mit einem schiefen Grinsen. „Okay."
Damit wandte sie sich ihrem Kleiderschrank zu. Sie nahm ein schwarzes Kleid von der Stange, das eindeutig Todesseruniform war. Es war ziemlich figurbetont und weit ausgeschnitten, eigentlich nicht ihr Stil, aber zu ihrer Überraschung stand es ihr großartig. Als nächstes fand sie in ihrem Schrank – „Eine Maske?!" Kopfschüttelnd steckte sie diese zurück und ließ sie los, als hätte sie sich verbrannt. Dann fand sie ein schwarzes, elastisches Haarband, das sie wie einen Haarreif benutzte. Die Schuhe... waren nicht nach ihrem Geschmack.
„Fünf Zentimeter Absatz? Nee. Narzissa, kannst du mir Ballerinas draus machen?", fragte sie bittend.
„Warum nicht?" Schulterzuckend tat Narzissa wie ihr geheißen.***
Später ging Ginny unter der exakten Wegbeschreibung von Dracos Mutter zu Voldemorts Büro. Das Treffen mit Narzissa hatte ihre Stimmung sehr aufgehellt. Sie war ihr gleich sympathisch gewesen, und ohne dass eine der beiden es gemerkt hätte, war Narzissa für Ginny eine Mutterfigur bei den Todessern geworden.
Das Manor erschien ihr auch gleich etwas weniger dunkel und kalt.
Ginny klopfte an der dunklen Tür, die zu Voldemorts Büro führte. Aus irgendeinem Grund war sie ganz nervös. Vermutlich wollte er Informationen. Die wollte er immer. Was sollte sie nur antworten, ohne Luna zu gefährden?
Die Tür flog auf. Am Schreibtisch etwa zehn Schritte ins Zimmer hinein saß der Dunkle Lord. Er senkte gerade den Zauberstab, den er wohl genutzt hatte, um die Tür zu öffnen.
„Ah, Ginevra. Schön, dass du gekommen bist."
Sie verbeugte sich leicht. Der letzte Cruciatus war ihr noch geistesgegenwärtig genug, um auf eine Wiederholung verzichten zu können. Also unterließ sie irgendeine spöttische Bemerkung, die ihr in den Sinn kam.
„Wie ich sehe, hast du dich auch endlich umgezogen. Was verschafft mir die Ehre?", spöttelte er.
Ginny erwiderte trocken: „Narzissa."
Das ließ Voldemort wieder ernst werden. „Setz dich." Er deutete auf einen zweiten Stuhl, von dem Ginny hätte schwören können, dass er eben noch nicht dagewesen war. Als sie saß, fuhr er fort: „Erinnerst du dich, dass ich gesagt hatte, du erhieltest Unterricht?"
Damit hatte Ginny jetzt überhaupt nicht gerechnet. „Was... äh, ja", stammelte sie verdutzt.
„Du wirst in folgenden Fächern unterrichtet, obwohl man das nicht wirklich Unterricht nennen kann: Geschichte der Zauberei bei mir, Reinblutlehre bei Narzissa, Zaubertränke bei Severus, Umgang mit einem Dolch bei Bella und vielleicht darfst du irgendwann sogar Okklumentik, Verteidigung gegen die Dunklen Künste und Schwarze Magie lernen, insofern du dich als vertrauenswürdig erweist." Er schob ihr ein Blatt Papier über den Tisch, welches sie überrascht annahm. „Dein Stundenplan. Lies ihn dir durch und sei immer pünktlich zu den Stunden. Ich werde manchmal deine Fortschritte kontrollieren. Du kannst gehen."
Etwas überrumpelt stand Ginny auf und ging hinaus. Dieses Komm-und-du-kannst-wieder-gehen nervte sie ein wenig, doch er hatte sie immerhin nicht gezwungen, irgendwas über den Orden oder Harry zu verraten.
Glück gehabt.
DU LIEST GERADE
His Best Horcrux (Tominny) ✔
FanficDumbledore ist tot, der Orden geschwächt. Ginny hat aufgegeben. Nur widerwillig ruft sie mit Neville und Luna die DA wieder ins Leben. Viel hat sich in Hogwarts verändert: Todesser unterrichten, Schüler werden gefoltert... Ginny muss etwas tun, und...