Kapitel 9

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Ich wachte mit leichten Kopfschmerzen auf. Meine Gedanken an die erlebten Ereignisse überschlugen sich und ich war mir sicher, nur etwas Zusammenhangloses geträumt zu haben. Ein Blick auf mein Handy verriet mir, dass ich fast bis elf Uhr geschlafen hatte, länger als je zuvor in diesem Urlaub. Die Sonnenstrahlen, die durch das Fenster kamen, erleuchteten den Raum auf eine angenehme Weise. Wie ich feststellte, war selbst Zoe schon wach. Also stand ich auf und beeilte mich beim Umziehen. Wahllos griff ich in meinen Koffer voller Klamotten holte mir zuerst ein Top, dann eine helle Jeans heraus. Im Badezimmer trug ich noch ein bisschen dezentes Make-up auf und wollte gerade schon meiner Familie Bescheid sagen, dass ich jetzt wach war, als mein Blick noch einmal am Spiegel hängenblieb. „Oha, das muss Schicksal sein", zitierte ich Sophie, während ich mir mein blau schwarz gestreiftes Oberteil noch einmal zurechtrückte. Ich entschied sofort, dass mein Frühstück noch warten konnte. Es gab Wichtigeres zu tun! Gut gelaunt riss ich die Tür auf, als meine Mutter mich aufhielt. „Du musst dich doch schonen und alles erstmal verarbeiten! Ruhe dich doch noch aus." Aber nichts und niemand konnte mich aufhalten, erklärte ich auch meiner Mutter. Ihr war klar, dass ich zu Manuel wollte und deshalb ließ sie mich auch gehen. Vielleicht nervte sie manchmal, aber wenn es darauf ankam, konnte man sich voll und ganz auf sie verlassen! Ich schwebte geradezu über die Türschwelle, den Weg entlang, bis zu der Ferienwohnung, in der die Büttingers wohnten. Höflich klopfte ich an, um niemanden zu stören und wartete, bis Peter kam und mir die Tür öffnete. Dani begrüßte ich auch gleich, dann blieb ich unentschlossen im Flur stehen und spähte an den beiden vorbei. „Manuel ist in seinem Zimmer, das rechte am Ende des Flurs", verrieten mir die beiden augenzwinkernd und ich lief rot an. Vorsichtig näherte ich mich dem Raum und warf einen Blick hinein, bevor ich eintrat. Kurz spielten sich in meinen Gedanken schreckliche Szenen ab, wie er mit blutiger Nase, offenen Wunden und blauen Flecken am Ende seiner Kräfte war, doch glücklicherweise war mit ihm nichts dergleichen geschehen. Er schlief ruhig und eine Weile lang beobachtete ich ihn. Manuel hatte wirklich ziemlich lange Wimpern und mit seinen leicht verstrubbelten Haaren, sah er fast noch süßer aus als sonst. Ich kniete mich neben sein Bett und fing an, mit ihm zu sprechen. „Sieht so aus, als hättest du den Abend recht gut überstanden", flüsterte ich. „Eigentlich war es total leichtsinnig von dir, dich mit Ben anzulegen. Dir hätte sonst was passieren können, ich hatte ehrlich gesagt ziemlich viel Angst um dich... aber mich zu retten war echt verdammt mutig." Ich machte eine kurze Pause. „Weißt du, ich mag dich echt total. Okay, das ist fast untertrieben, ich bin verliebt in dich. Aber es total schwer, dir das zu sagen und dann warst du auch noch so sauer auf mich... Egal, ich wünsch dir jedenfalls noch gute Besserung." Ich stand auf, drehte mich um und umfasste die Türklinke. Kaum zu hören sang ich: „Bye bye bye bye, meine Liebe des Lebens, und ja wir beide werden uns nie wiedersehen." Heute würden wir abfahren und ich hatte keine Ahnung, wie es dann für mich weitergehen sollte. Ohne Manuel. Eine Träne lief mir die Wange herunter und ich drückte die Klinke herunter. „Warum hast du das denn nicht gleich gesagt?" Überrascht drehte ich mich um. Manu saß auf der Bettkante und starrte mich mit seinen wunderschönen, dunkelgrünen Augen hellwach an. „Wie jetzt? Du warst die ganze Zeit wach?" „Jap", bekam ich als Antwort. Oh. Mein. Gott. „Warum hast du dann so getan, als würdest du noch schlafen?", fragte ich nach. Manu grinste mich frech an und stand ebenfalls auf. „Ach, es war noch ganz interessant zu hören, was du noch zu sagen hast", meinte er. „Blödmann!", sagte ich, lachte, rannte auf ihn zu und wir umarmten uns. Es tat so gut, wie er mich mit seinen Armen umschlang und ich seinen Duft riechen konnte. „Hast du Lust, etwas zu unternehmen?", fragte er mich. „Nur wir beide?" „Nur wir beide." „Ich bin dabei!"

Handin Hand liefen wir Italiens Straßen entlang. Wahrscheinlich war ich schon vielmehr gelaufen, als auf dem Markt, den wir besucht hatten, aber das machte mirnicht das Geringste aus. An Manuels Seite würde ich überall hingehen. Wirredeten und redeten und ich strahlte vor Glückseligkeit. Nichts konnte mirdiesen Moment zerstören, den ich immer in Erinnerung behalten würde. Dachte ichjedenfalls, denn plötzlich wurden wir von einer Person angerempelt und meineMiene verfinsterte sich. Ich drückte fest Manuels Hand. Manu stellte sichgleich schützend vor mich. „Du tust ihr nichts!" Ben schüttelte den Kopf.„Natürlich nicht", sagte er etwas kleinlaut, denn anscheinend hatte er jetztRespekt vor Manuel. Gut so. „Was hast du überhaupt hier gemacht?", hakte ichnach. Ben senkte den Kopf. „Ich habe Sophie ausgefragt, wo genau du Urlaubmachst", gestand er. Sophie? Meine beste Freundin Sophie? Ben merkte wohl, dassich jetzt wütend auf sie war. „Sie hat gedacht, ich würde dich überraschen, undweil du gesagt hast, dass es mit diesem anderen Jungen nicht so gut läuft..."Sein Blick wanderte zu Manuel. „Hat sie dir alles verraten", vollendete ichseinen Satz. Ben nickte. Ich hatte keine Lust, mich noch länger mit meinemExfreund abzugeben. „Komm Manu, wir gehen!"


Ein Urlaub ohne MaskeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt