Kapitel 7

630 32 4
                                    

Ich ging gerade zur Rezeption im Hauptgebäude, als es anfing zu regnen. Das kalte, graue Wetter passte hervorragend zu meiner Stimmung. Denn es waren mittlerweile zwei weitere Tage vergangen, in denen Manuel mich ignoriert hatte. Ich wäre verrückt geworden, wenn ich ihn nicht täglich sehen konnte, aber zum Glück gab es noch seine YouTube Videos, die ich mir jetzt immer anschaute, um seine Stimme zu hören. Das half mir wenigstens ein bisschen, nicht wegen Liebeskummer durchzudrehen. Der Regen wurde immer stärker und ich wurde komplett durchnässt. Ich hatte immer noch keine Regenjacke mit Kapuze gekauft, würde es aber auch nicht mehr tun. Schließlich hatten wir nur noch diesen Freitag und das Wochenende, dann würden wir abreisen. Tschüss Urlaub, Tschüss Italien, Tschüss Manu. Deprimiert starrte ich auf den Boden und fing leise an zu singen. „Sein Gesicht auf allen Wegen, niemand trocknet deine Tränen. Für ihn bist du nur ein Mädchen im Regen. Du wolltest alles für ihn geben, das Wasser perlt von deinen Strähnen. Für ihn bist du nur ein Mädchen im Regen." Ich brach ab. Meine Stimme hörte sich so total zerbrechlich und dünn an, nicht so kraftvoll wie sonst. So, als ob ich kurz vor dem Heulen wäre. Ich fasste mir an die Wange, an der etwas Wasser herunterlief. Das war kein Regentropfen, das war eine Träne. Ich war nicht kurz vorm Heulen, nein, ich weinte schon bereits. Aber wie verdammt recht dieses Lied hatte! Außerdem hatte ich seit neuestem eine weitere Sorge: Ein Mädchen war neu angereist. An sich war das nichts Besonderes, doch sie war mindestens ein Jahr älter als ich und war mit ihren blonden Locken und tiefblauen Augen nicht nur hübscher als ich, sie entsprach auch noch dem perfekten Schönheitsideal. Aber das Schlimmste war: Sie wohnte genau gegenüber von Manuel und die beiden sind sich garantiert schon begegnet. Ich hatte gar nicht mitbekommen, dass ich schon längst vor dem Hauptgebäude stand. Ich trat durch die Drehtür ein und meldete mich schnell an der Rezeption. Da „The night of music" schon morgen Abend stattfinden würde, wurde mir ein kleiner Proberaum inklusive einer Gitarre freigestellt. Der Raum war nicht besonders groß, doch das störte mich nicht. Zwischen Instrumenten und Notenblättern fühlte ich mich wie zuhause. In einer Ecke gab es dann auch noch ein Mikrofon und einen Mikrofonständer, also zögerte ich nicht lange, sondern fing gleich an, mein erstes Lied zu proben. Ich hatte mich bewusst gegen das Lied „One summer in love" entschieden. Stattdessen sang ich meinen neuen Song, den ich extra für Manuel geschrieben hatte. Vielleicht würde er ja an dem Abend da sein und es würde alles wieder gut werden? Gab es ein Happy End denn eigentlich nur im Kino und in all diesen Büchern? Was hätte ich dafür gegeben, wenn plötzlich die Autorin meiner Geschichte namens „Leben" vorbeispazieren würde, Manuel an ihrer Seite, und alles einfach aufklären würde. Dann hätte sie doch gleich alles umschreiben können, damit es nicht diese Verwirrungen und Missverständnisse gab. Eventuell könnte sie dann auch dieses blonde Mädchen auch wieder rückgängig machen... Ich schüttelte meinen Kopf. Was hatte ich da bloß für komische Gedanken! Ich sollte mich echt lieber um die Musik kümmern. Ich übte noch eine ganze Stunde, bis ich wieder zu meiner Familie ging, und konnte an nichts Anderes mehr denken als an meine Songs. Und zugegebenermaßen auch an Manuel, dessen Gesicht ich genau vor mir hatte, wenn ich meine Augen schloss.

Es war nun schon der nächste Morgen und mir lief die Zeit davon. Ich musste doch noch irgendetwas tun können! Nach langer Überlegung hatte ich beschlossen, mit Dani zu reden. Wenn ich es nicht mehr schaffen würde, vor meiner Abfahrt mit Manuel zu reden, könnte sie ihm vielleicht alles erklären. Mit dieser Idee wagte ich mich wieder zu dem Haus der Büttingers. Vor der Tür blieb ich noch stehen, schluckte dann und drückte auf die Klingel. Wie das Schicksal es so wollte, machte natürlich Manu mir auf. Ich bekam ein richtig schlechtes Gefühl, als er mit seinen wunderschönen, dunkelgrünen Augen mit leerem Blick an mir vorbeistarrte. Ich begrüßte ihn nicht, da er sowieso nichts erwidern würde, sondern fragte gleich: „Kann ich mit Dani sprechen?" Er trat einen Schritt zur Seite und Dani kam heraus. „Hallo, was gibt es denn zu besprechen?" Natürlich konnte ich nicht vor Manuel mit ihr reden, sondern lud sie auf ein Eis ein. Während wir dann in der Eisdiele saßen, führten wir ein ziemlich langes, ernsthaftes Gespräch. Doch als wir fertig waren und ich aufstand, hatte ich das gute Gefühl, dass Manuel wenigstens nach dem Urlaub nicht mehr wütend wurde, falls er sich an mich erinnern würde.

„Perfekt!", meinte ich und klebte die letzte Note an die Seite der Bühne. Rechts und links waren überall bunte Noten aus Pappe befestigt, die als Deko für den Musikabend dienten. Auch bei den Girlanden an der Überdachung hatte ich mitgebastelt und mitgeholfen. Das Ergebnis konnte sich sehen lassen und außerdem war ich so sinnvoll beschäftigt gewesen. Aber nun gab es keine Aufgabe mehr für mich, weshalb ich ununterbrochen an Manu denken musste. Würde er kommen? Wusste er überhaupt, dass ich bei „The night of music" mitmachte? Vermutlich nicht. Ahnte er, dass ich hier sein würde? Würde er vielleicht genau deswegen nicht zuschauen? Ich hatte keine Ahnung aber hoffte so sehr, er würde mich auf der Bühne sehen. Ich holte gerade meine Gitarre aus dem schwarzen Gitarrenkoffer, als mein Handy in der Hosentasche klingelte. Mir wurde angezeigt, dass meine beste Freundin anrief, doch als ich abnahm, hörte ich nur ein lautes Rauschen. Der Empfang hier war wirklich nicht zum Telefonieren geeignet. Egal, was sie mir sagen wollte, es konnte ja nicht allzu wichtig sein, dachte ich, als ich schulterzuckend auflegte.

Der Vorhang würde sich gleich öffnen und ich war ziemlich nervös. Nicht wegen meinem Auftritt vor Publikum, sondern eher wegen der einen Person, die jetzt hoffentlich zum Publikum gehörte. Im Moment machte noch der Besitzer dieses Feriengeländes eine Ansage, die ein paar Minuten dauerte. Dann durfte ich als erstes auf die Bühne und meine Aufmerksamkeit galt nur den Menschen, die sich hier versammelt hatten. Lächelnd registrierte ich, wie Zoe mir zuwinkte. Sie und meinen Eltern waren selbstverständlich auch dabei. Alles war bereit und aufgebaut, doch ich fing erst dann an zu singen, als ich Manuel entdeckt hatte. Mit undurchschaubarer Miene blickte er zu mir hinauf. Das war meine Chance! Ich spielte mit der Gitarre die ersten paar Takte und sagte dann: „Dieses Lied habe ich nur für eine ganz bestimmte Person geschrieben." Alles war total still und ich fing an zu singen. Während des Liedes kamen die ganzen Emotionen wieder hoch und ich sang mit so viel Gefühl wie noch nie und erntete dafür ziemlich viel Applaus. Im Laufe der Veranstaltung hatte ich noch zwei weitere Auftritte und durfte sogar den Abend mit einem Lied von mir beenden. Ich war ziemlich zufrieden, was meine Gesangsleistung anging, doch ich konnte mich nicht darüber freuen. Manuel war schon gegangen und zeigte kein Interesse daran, mir zu gratulieren oder sich mit mir zu unterhalten. Geknickt packte ich das Equipment zusammen und brachte es zurück in den kleinen Proberaum. Ich legte den Gitarrenkoffer auf den Boden und erneut klingelte mein Handy. Wieder war es Sophie. Ich konnte nur ein paar Wortfetzen verstehen. „Pass auf!...du...Gefahr!" Ich wollte gerade grübeln, was das bedeuten konnte, als sich eine kalte Hand auf meine Schulter legte.

Hey, ich melde mich auch mal unter der FF ^^. Ich wollte nur sagen, dass ich mich sehr über ein paar Kommentare von euch freuen würde, Kritik oder Lob, nur die Morddrohungen bitte per privat. Danke. xD

Ein Urlaub ohne MaskeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt