DREI

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„Ausnahme? Wie...", ich bin total verwirrt. Was soll das alles?

„Hör zu. Du weißt ja, dass es strikte Regeln gibt, was den Kontakt zwischen Jungen und Mädchen unter 17 betrifft. Werden diese Regeln gebrochen, schreiten die Macher ein", jetzt kann ich sie kaum noch verstehen, da sie so flüstert. „Was wollen Sie mir damit sagen. Ich bin doch jetzt 17 und die Regeln kenne ich und ... ich habe mich auch immer an diese gehalten!", vielleicht war das nicht ganz die Wahrheit, früher war ich mal einem Jungen näher gekommen als erlaubt war, aber als er weggezogen ist, spielte das sowieso keine Rolle mehr. Außerdem erinnere ich mich kaum noch daran.

Die Frau sieht nach rechts, lächelt mich dann ganz plötzlich an und übergibt mir den Umschlag. „Bitteschön. Wenn du fragen hast melde dich einfach wieder", sie starrt mich mit großen Augen an und hat noch immer dieses falsche Lächeln aufgesetzt. Verwirrt sehe ich sie an. „Aber...eben...", doch ich werde unterbrochen, denn eine ältere Frau mit einem weißen Overall kommt zum Schalter und begrüßt uns. „Jules Winter, ich hoffe sie machen ihre Arbeit gut", die Dame im Overall sieht zu der Frau hinter dem Schalter. Jetzt weiß ich, warum sie eben so einen Mimikwechsel hatte. Ich sehe zu der älteren Frau, die hinter mir steht. Soll ich jetzt gehen? Ich bleibe erstmal sitzen. Ich habe das Gefühl, dass die Frau vom Schalter, oder auch Jules, gerade gar keine Lust hat mit dieser Frau alleine zu sein.

„Sie hat mir alles ganz wunderbar erklärt", keine Ahnung woher ich den Mut aufbringe, mit dieser Frau zu sprechen, aber Jules scheint zu schockiert zu sein, um zu reden. Jetzt sieht mich die Frau an. Auch sie schenkt mir ein falsches lächeln und nickt. „Das ist ja toll. Würdest du uns nun bitte alleine lassen? Ich muss noch mit Miss Winter reden", ich sehe zu der schweigenden Jules, die mir aber nur zunickt und so verschwinde ich schnell vom Schalter. „Auf Wiedersehen", sage ich noch, bevor ich zum Haupteingang gehe. Die Frau von der Information sieht mich nur an.
Ich schließe meine Jacke wieder und gehe dann nach draußen. Was ist da eben passiert? Was sollte dieses flüstern? Und wer war die Frau, auf die sie so komisch reagiert hat? Ich schenke meinem Nachhauseweg so wenig Aufmerksamkeit, dass ich fast gegen einen Pfosten gelaufen wäre.

Zuhause angekommen bemerke ich, dass ich alleine bin. Mein Vater ist wahrscheinlich im SmartMarket und kauft Lebensmittel. Ich bin ganz froh erstmal alleine zu sein und nicht direkt mit Fragen bombardiert zu werden.
Ich ziehe meine Schuhe und Jacke aus und renne dann hoch in mein Zimmer. Ich will unbedingt wissen, was in dem Umschlag ist. Ich setzte mich auf mein Bett und öffne vorsichtig den weißen Umschlag. Zuerst nehme ich ein Informationszettel heraus. Darauf sind alle wichtigen Punkte notiert, die zu beachten sind. Ich lesen den Zettel kurz und greife dann wieder in den Umschlag. Diesmal bekomme ich einen kleinen Bildschirm zu fassen. Darauf steht der Name meines Partners, die jetzige Entfernung, die Uhrzeit, sowie das Datum und die Telefonnummer unseres Haupthauses.

Ich schaue nochmal in den Umschlag, doch dieser ist jetzt leer. Den Bildschirm lege ich auf mein Nachttisch. Als ich den Zettel auf meinen Schreibtisch legen möchte und den Umschlag wegwerfen will, bemerke ich einen gelben Notizzettel auf der Rückseite vom Informationsblatt.

Jules Winter: 21-87-JW-0406
Wenn du denkst, dass etwas nicht stimmt, ruf mich sofort an. Du sollst zwar zuerst das Haupthaus informieren, aber wir wissen ja, dass du nicht gerne Regeln befolgst.
Und in diesem Fall, solltest du sie definitiv brechen! -J

Ich starre den kleinen Zettel an. Will sie damit sagen, sie weiß von diesem einen Fehler? Warum werde ich erst jetzt darauf angesprochen und woher will sie davon wissen?
Und wann sollte etwas falsch laufen? Kennt sie Will? Vielleicht ist er ja ein Verbrecher und wird deshalb mir zugeteilt, weil ich damals die Regeln gebrochen habe... Oder es gibt gar keinen Will und die Leute vom Hauthaus wollen, dass ich verschwinde und womöglich auf der Suche von irgendwem angegriffen werde, damit sie mich los sind.
Meine Gedanken sind schon wieder total unrealistisch, doch so langsam werde ich verrückt vor Nervosität. „Ich muss ihn finden", murmele ich und stecke den Zettel in meine Hosentasche. Ich drehe mich zu meinem Kleiderschrank, öffne die linke Tür und stelle mich auf meine Zehnspitzen, um meinen Rucksack zu erreichen. Ich bekomme ihn zu fassen und werfe ihn kurzerhand auf mein Bett. Ich schließe die Kleiderschranktür mit meinem Fuß und gehe dann zurück zum Bett. Ich mach den blauen Rucksack auf und beginne zu packen.

Ich weiß gar nicht, weshalb ich so schnell packe. Meine Eltern würden mich heute sowieso nicht mehr rauslassen. Ich stecke wahllos irgendwelche Klamotten ein, die mich einigermaßen warm halten und hole dann die restlichen Sachen aus dem Bad. Kurz bevor ich den Rucksack zu mache renne ich in das kleine Büro von meinen Eltern. Auf dem großen Holzschreibtisch befindet sich eine rote Mappe mit Landkarten von früher und heute.

Als ich klein war, habe ich mit meinem Vater immer die alten Karten angesehen und überlegt, wo ich gerne mal hinfahren würde. Heute leben wir in dem früheren Nordamerika. Winnington wäre damals zwischen New York und Brooklyn gewesen.

Ich schlage die Mappe auf und blättere etwas zurück um eine Karte zu finden, auf der auch West Ambridge verzeichnet ist. Nach minutenlangen suchen finde ich endlich eine Karte. Auf der ist Winnington so klein, wie mein Fingernagel. Wieder einmal wird mir bewusst, wie weit ich gehen muss um Will zu finden. Ich muss vorher auf jeden Fall noch einmal zum Haupthaus, um ein E-Drive anzumelden. Ich werde wohl kaum 1804 Kilometer zu Fuß gehen.
Ich seufzte und hefte die Karte aus. Mein Vater wird das bestimmt nicht merken. Ich greife zu einem Stift, der geöffnet neben mir liegt und umkreise West Ambridge und Winnington. Danach falte ich die Karte und gehe in mein Zimmer, wo ich sie in die Vordertasche von meinem Rucksack lege. Den kleinen Notizzettel nehme ich aus meiner Hosentasche und lege ihn zur Karte.

Ich setzte mich neben den Rucksack uns starre auf den Boden. Wenn alles klappt, wird es am Ende bestimmt wunderbar sein und auch ich kann endlich glücklich sein... Oder?

Find Him - Looking for Will (ABGESCHLOSSEN)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt