Find Him - Looking for Will (ABGESCHLOSSEN)

SIEBZEHN

Die nächsten Wochen vergingen. Piper und James sind im Hochzeitsstress und kaum noch ansprechbar. Wills Café ist besser besucht als sonst, weshalb ich aushelfe und mit Piper kellnere. Sie ist in den Mittagspausen nur am SmartPad und bespricht Bestellungen und Gästelisten. Immer wenn ich sie dabei erwische, muss ich schmunzeln. Nie hätte ich gedacht, dass die zwei das so gut meistern würden.
Eingespannt wurden William und ich erst als es um die Klamotten der zwei ging. James fuhr mit Will einen Anzug besorgen und Piper bat mich und ihre Freundin Nora sie beim Hochzeitskleid-Kauf zu begleiten. Natürlich sagten wir zu. Und so bemerkte ich kaum, wie die Tage vergingen.

„Wo ist Piper?", ich trage die schmutzigen Tassen in die Küche. Will steht mit dem Rücken zu mir und befüllt gerade diverse Backformen mit Teig. Als er bemerkt, dass ich in die Küche gekommen bin dreht er sich um und lächelt mich an. Sofort wird mir warm.
Ich sehe ihn weiterhin an und warte auf eine Antwort. Sein Blick ist abwesend, doch er starrt mich nach wie vor an.

Er bemerkt, dass ich darauf warte, dass er etwas sagt. „Eh...was?"
Ich muss mir ein Lachen verkneifen und grinse ihn an. „Ich habe gefragt, wo Piper ist." Sein Gesichtsausdruck ändert sich und er versteht.
„Sie bespricht noch die letzten Sachen für morgen und heute ist eh nicht viel los, deshalb habe ich ihr freigegeben", ich nicke. Und nicke. „Was ist morgen", Will hat mir wieder den Rücken zu gedreht, doch jetzt wirbelt er ruckartig herum. Als er bemerkt, dass ich keine Ahnung habe, spiegelt sich erst Schock in seinen Augen wieder, bis er den Kopf in den Nacken wirft und anfängt zu lachen.

Morgen war Sonntag. Heute war der... 15.? 15. Mai? Verdammt!
„Morgen ist schon die Hochzeit! Oh Gott!", Will beruhigt sich langsam wieder. Dann nickt er. Ich lege das Tablett mit dem Geschirr auf die Arbeitsplatte.  „Wie konnte ich die Zeit so aus dem Auge verlieren?" Ich fahre mit meiner Hand durch mein Gesicht und seufze.

Zum Glück brauche ich kein Kleid mehr, da Nora und ich Brautjungfern sind und Piper uns zwei wunderschöne blaue Kleider ausgesucht hat. Ein Punkt weniger. Trotzdem muss ich noch das Geschenk von mir und Will einpacken und Pipers Schuhe im Laden abholen.
„Ich kann dich förmlich denken hören", Will schaut mich nicht einmal an, aber er kennt mich gut genug, um zu wissen, dass ich schon wieder versuche, alles zu planen.
Ich ignoriere sein Einwand. „In zwei Stunden kommt Henry und löst mich ab. Dann fahre ich die Schuhe abholen, bringe sie Piper vorbei, beruhige sie und versichere ihr, dass die Hochzeit keine Fehlentscheidung war und packe anschließend das Geschenk für die zwei ein. Gehe nach Hause, koche Abendessen, versuche die Küche nicht abzubrennen, ehm, irgendwas habe ich vergessen..."
Ich wippe mit meinem Fuß, als würde es dabei helfen mich daran zu erinnern, was mir fehlt. Die Schuhe habe ich, das Geschenk... „Ich kann dir auch eine Aufgabe abn-" Genau! Die Bestellung! „Kaffee! Ich muss Kaffe kochen" Ich stelle mich auf Zehenspitzen und gebe William ein Kuss auf die Wange. „Ich schaffe das!" Ob ich damit ihn oder mich beruhigen will, weiß ich nicht.
William schüttelt grinsend den Kopf und widmet sich wieder seiner Arbeit.
Ich tue es ihm gleich und mache mich an den Kaffee.

„Was ist wenn sie anstatt blaue Lilien grau verstanden haben! Allie stell dir vor graue Lilien! Oder wenn meine Eltern heute Abend nicht ankommen, weil sie der Meinung sind, dass ich eine schreckliche Tochter bin und sie mich plötzlich hassen. Oder James Eltern kommen nicht, weil sie denken ich bin nicht gut genug. Kann man in einer Nacht so viel zunehmen, dass das Kleid nicht mehr passt ?! Was, wenn das Restaurant heute Nacht abbrennt und wir morgen kein Lokal haben. Oder..." Mir ist schon schwindlig. Nach jedem Satz schüttelt Piper mich an meinen Schultern, obwohl ich sagen muss, dass ich gar nicht mehr weiß, ob sie überhaupt Punkte macht. Schon nach fünf Minuten habe ich aufgegeben ihr zu sagen, dass alles gut laufen wird.
Kein Wunder, dass James aus dem Haus geflüchtet ist. Angeblich ist er beim Friseur.

„Piper! Graue Lilien gibt es nicht! Deine Eltern lieben dich! James Eltern auch! Du kannst unmöglich so viel zunehmen, dass dein Kleid nicht mehr passt. Es sei denn ich stopfe dir für jeden Zweifel den du hast ein Stück Schokolade in den Mund! Das Restaurant wird nicht abbrennen und du wirst morgen heiraten!" Ich weiß nicht, ob ich schreien oder lachen soll.

„Ok, ok, ok. Ich schaffe, das. Ok. Ich bin ruhig. Ok", Piper schüttelt während ihres Mantras ihre Hände aus, die sie nach gefühlten Stunden endlich von meinen Schultern genommen hatte. „Das waren zwei Oks zu viel, aber ja, es wird wundervoll morgen!"
Ihre Augen weiten sich und ich mache mich auf den nächsten Schwall voller Zweifel bereit.

„Was ist, wenn jemand die Hochzeit vergisst!?" Ihre Hände sind wieder auf meinen Schultern und erneut schüttelt sie mich. Ihre Hände lassen meine Schultern einfach nicht los, wie als wäre ich ihr Rettungsanker. „Pipes, niemand wird deine Hochzeit vergessen", meine Stimme ist ruhiger als vorher.
Ich ignoriere einfach Mal den Punkt, dass ich kurz davor war die Hochzeit zu vergessen.
Nein, Moment, ich habe nur für einen Augenblick nicht daran gedacht.

Wir stehen immer noch mitten im Ankleidezimmer von James und Piper. „Stimmt, ja. Ok, ok, alles ist ok!"
Wenn es einen Preis für die hyperaktivste und zweifelndste Braut  geben würde, hätte Piper allein für die letzten zehn Minuten schon sieben Trophäen erhalten.
„Pipes, ich muss jetzt los. James kommt gleich wieder. Beruhige dich. Du schaffst das. Lenk dich aber oder so. Und komm bloß nicht auf die Idee, dein Hochzeitskleid zu zerstören oder sonst etwas", vielleicht hätte ich sie nicht auf die Idee bringen sollen. Aber Piper atmet ruhiger und lächelt mir dann zu. Dann umarmt sie mich.
„Danke, du bist die Beste", ihr Griff wird fester. „Wehe du kommst morgen nicht pünktlich um neun hier her", sie quetscht mir zwar fast die Luft aus den Lungen, aber ihr amüsierter Unterton macht den Schmerz wett. Ich tätschel ihren Rücken.
„Versprochen", dann flüchte ich ebenfalls aus dem Haus der zwei Verlobten und genieße die Stille die außerhalb des Hauses herrscht.