NEUN

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West Ambridge war größer als gedacht. William zeigte mir ein paar Ecken, die ich bei meiner Suche noch nicht entdeckt hatte und wir reden über alles mögliche. Es tut gut, einfach mal wieder so richtig lange mit jemandem reden zu können. Holly und ich hatten in letzter Zeit nicht so viel unternommen wie früher, weshalb wir auch nie wirklich lange und viel geredet haben. Meine Eltern sind auch selten länger Zuhause und mit Carlos kann man auch nur über Dragon Fall diskutieren. Und nein, William spielt das Spiel nicht. Ich hoffe, Carlos wird deshalb nicht allzu böse sein.

Mir fallen dann doch noch ein paar Sachen aus den letzten sieben Jahren ein, die ich William erzähle. Er lässt mich immer aussprechen und äußert dann seine Meinung dazu oder lacht auch hin und wieder. In diesem Moment sorge ich mich um gar nichts und genieße einfach nur den Moment. Obwohl es eigentlich ein paar Punkte gibt, über die ich mir Gedanken machen sollte, doch mein Kopf verdrängt diese gerade komplett.

William und ich verhalten uns wie zwei alte Freunde. Nicht wirklich wie ein Paar. Sieben Jahre lang haben wir keinen Kontakt gehabt. Natürlich fallen wir uns bei der Begegnung nicht in die Arme und sind unsterblich ineinander verliebt. Also nicht, dass ich das schlecht gefunden hätte, aber...

Mein SmartPad klingelt und da trifft es mich wie ein Schlag. Holly. Meine Eltern. Ich habe ihnen noch nichts gesagt. Also, dass ich meinen Partner gefunden haben. Natürlich werde ich ihnen nicht erzählen, wer er wirklich ist. Will sieht  mich fragend an, ich greife zu meinem SmartPad. „Moment", sage ich zu ihm, wir bleiben in einer kleinen Gasse stehen und ich nehme ab.

„Lange nichts von dir gehört. Bist du noch verzweifelt am Suchen?", ich höre ihr grinsen schon fast. Ich sehe angespannt auf den Boden. „Also, eigentlich...", ich mache ein Pause und sehe zu William. Er lächelt mich an. Wahrscheinlich kann er sich denken, worum es geht. „Alice...?", Holly hat einen wissenden Unterton. „Ok, pass auf. Ich hatte in den letzten paar Stunden keine Zeit dir zu schreiben. Ja, ich habe ihn gefunden..". Stille. Ich schaue auf mein SmartPad um nachzusehen, ob Holly noch dran ist. Sie hat noch nicht aufgelegt. Jetzt sehe ich Will fragend an, er zuckt nur mit den Schultern. Dann meldet sich Holly wieder und mir platzt fast mein Trommelfell. „Was?! Das ist ja toll!", ich habe sie wirklich noch nie so schreien hören. Ich entferne den kleinen Bildschirm etwas von meinem Ohr und verziehe mein Gesicht. Will lacht nur.

„Hat er gelacht? War das sein Lachen? Sein Lachen klingt sexy...", ok, ich muss dringend auflegen. Will hört ihren Kommentar und lacht nur noch mehr. Ich verdrehe die Augen. „Ich muss jetzt auflegen, Holly. Rufe später an!" „Was nein, du kannst doc ni-", ich drücke sie schnell weg. „Wow..", William hat sich beruhigt und sieht mich jetzt belustigt an. Ich schreibe meine Mutter, dass ich ihn gefunden hatte, mit dem Wissen, dass sie höchstwahrscheinlich gleich anrufen wird, schalte ich mein SmartPad aber aus und stecke es wieder ein. Nach der kurzen Unterbrechung gehen wir weiter. „Holly war ein bisschen... aufgedreht? Glücklich?", ich sehe zu ihm rüber. Er schaut geradeaus und lächelt. „Ein bisschen...", murmelt er und grinst. Ok, was ist los. Ist es überhaupt möglich, dass ein Mensch durchgehend grinsen kann. William schaut schon die ganze Zeit so.

Die Sonne steht schon etwas tiefer, wärmt uns aber trotzdem noch und so kremple ich meine Ärmel hoch. Will schaut mich an. Sein Lächeln verschwindet und er starrt gebannt auf meinen nackten Unterarm. Ich folge seinem Blick. Er ist weg. Der Name. Mir war klar, dass das passiert, sobald man seinen Partner gefunden hat, doch meist dauert dies einige Tage. „Das...ging schnell", ich runzle meine Stirn und fahre mir über den Arm. „Naja, aber jetzt können wir uns sicher sein, dass ich wirklich dein Partner bin", Wills Blick ist nicht mehr so entspannt wie eben. Er starrt noch immer auf meinen Arm. „Vielleicht sollten wir trotzdem zu einem Haupthaus un-" „Nein!", Unterbricht mich Will. Komplett verwirrt sehe ich ihn an. Er schüttelt den Kopf und bemerkt dann meinen Blick. Er lächelt schnell wieder, aber ich bemerke, dass er noch immer angespannt ist. Ich beschließe, das Thema fallen zu lassen und ein anderes Mal darauf zurückzukommen. Denn er hat recht, wir sind also wirklich Partner, ob das Haupthaus das nur nochmal bestätigt oder nicht. Mir fällt das Gespräch ein, welches ich vorhin mit den Mann hatte.

„Früher konnte jeder mit jedem zusammen sein", William bemerkt, mein Themenwechsel und seine Gesichtszüge entspannen sich wieder. „Wir hätten sogar vor sieben Jahren schon zusammen sein können", ich lächle, als ich mich an damals erinnere. Diese eine Lichtung war unser eigener kleiner Ort. „Waren wir das nicht?", Will sieht mich an. Ich werde rot. „Naja, ohne all dieses heimliche", ich wende meinen Blick ab und sehe nach vorne. Wir laufen auf eine Wohnsiedlung zu. Er lacht. „Ja, ich frage mich wie es damals war. Wie sind die Macher eigentlich au sein ein System gekommen? Wer wollte das eigentlich ändern, was war so falsch an dem früheren System, dass-", von links kommt ein Mann angerannt. Er rempelt Will an und lässt dabei seine SmartPad fallen. Der Mann, der komplett in weiß gekleidet ist, sieht verärgert zu William auf. „Passen Sie doch auf", der Mann hat eine unglaublich tiefe Stimme. Ein Schauer läuft mir den Rücken hinab. Sein Ton lässt keine Wiederrede zu und er starrt uns beide an. Will der gar nichts getan hatte, hebt die Hände und beginnt sich zu entschuldigen. Der Mann hebt sein SmartPad auf und richtet sein weißes Jackett. Dann dreht er sich um und geht.

„Was war das denn?", wir beide sehen dem Mann hinterher und bewegen uns nicht. „Keine Ahnung", antwortet Will. Schweigend gehen wir weiter. Wir haben beide vergessen, worüber wir eben noch gesprochen hatten.

Es ist schon fast halb zehn, als ich in meinem Hotelzimmer ankomme. Wir hatten abgemacht, dass ich heut noch hier bleibe, um in Ruhe mit allen sprechen zu können. William muss morgen arbeiten, aber er sagte ich könne gerne ins Café kommen. Abends wird er mir dann seine Wohnung zeigen und wir werden weiter sehen.

Ich werfe mich auf das weiche Bett. Ich sollte unbedingt meine Mutter anrufen. Ich schalte mein SmartPad ein. Ich drehe mich auf die Seite und starre den Bildschirm an. Dieses Ding braucht ewig. Ich seufze und schließe meine Augen. Nach der Aktion mit dem eigenartigen Mann, waren wir Essen. Will hat sich kaum verändert und das macht mich unglaublich glücklich. Ich hatte ihn unglaublich vermisst. Mein SmartPad klingelt mindestens zehn Mal, um mir zu sagen, dass ich verpasste Anrufe und Nachrichten hatte, doch meine Augen sind zu schwer und so gleitet es aus meiner Hand und liegt dann neben mir. Die Müdigkeit holt mich ein und kurze danach bin ich eingeschlafen.

Find Him - Looking for Will (ABGESCHLOSSEN)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt