Stop holding your breath

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'Ok, ich habe Yoongi gefragt, jetzt müssen wir nur noch auf eine Antwort warten.'
'Was gefragt?', hakte ich nach, auch wenn ich mir schon denken konnte, woraus die Frage bestand.
'Ob er vorbeikommen will.'
Vermutung bestätigt. Dass er möglicherweise bald vor mir sitzen könnte, ließ sich die Nervosität in mir bemerkbar machen. Ob er dann noch immer so schweigsam sein würde?
'Was macht er eigentlich noch so in seiner Freizeit außer Basketball spielen?', warf Hoseok in den Raum und Namjoon sah zu ihm.
'Nicht so viel. Yoongi ist die meiste Zeit zu Hause und schreibt irgendwelche Songtexte.'
Songtexte? Damit hatte ich nicht gerechnet.
'Singt er die dann auch selber?'
'Singen nicht unbedingt, er rappt eher.'
Ok..ok. Das machte ihn in meinen Augen gleich um das Vielfache cooler. Ich meine, wer konnte das schon von sich behaupten?
'Das ist ja cool!', sprach Hoseok meine Gedanken aus und hüpfte wie ein Flummi auf dem Sofa umher.
'Ja, er hat das wirklich drauf.', pflichtete Namjoon ihm bei, doch dann ergriff Jungkook das Wort.
'Aber er ist stinkend faul, was alles andere angeht. Und bald irgendwie dauermüde.'
'Hey, du solltest unseren Freund in den höchsten Tönen loben und nicht schlecht darstellen! Wenn er das hört, reißt er dir den Arsch auf.', mahnte Namjoon ihn und warf ihm einen scharfen Blick zu.
Jungkook winkte nur ab 'Ach, er ist ja gerade nicht hier und ehrlich sollte man schon sein.'
Bei Namjoons letztem Satz musste ich schlucken. War das nur Spaß oder eben sein Ernst gewesen? Wollte ich das überhaupt erfahren?
Auf einmal bimmelte Namjoons Handy und er sah gleich auf den Bildschirm.
'Dieser kleine..', fluchte er.
'Was hat er denn geschrieben?
'Dass er jetzt lieber zu Hause hockt, anstatt sich zu bewegen.'
'Typisch.', ließ Jungkook vernehmen und streckte sich.
'Nehmts ihm nicht übel, manchmal kann er ein ziemlicher Arsch sein. Aber im Grunde genommen ist er umgänglich. Vorausgesetzt man ist nicht so frech wie Jungkook.'
'Hey!'
'Notfalls kommen wir zu ihm. Im Normalfall lässt er seinen Besuch nicht vor verschlossener Tür stehen.'
'Ist das nicht ein wenig..forsch?', fragte ich vorsichtig nach. Schließlich wollte ich niemanden auf die Füße treten. Und erst recht nicht Min Yoongi.
'Ach, der kann damit umgehen. Wenn er eins nicht ist, dann empfindlich.', versicherte mir Namjoon und steckte sein Handy zurück in seine Hosentasche.
'Also gehen wir jetzt zu ihm?'
Jungkook legte die Chipstüte, die mittlerweile nun leer war, vor sich ab und Namjoon bejahte mit einem Nicken.
'Ok, ich hole meine Sachen.'
Jungkook rappelte sich sogleich von der Couch auf, um ins Nebenzimmer zu gehen und alles Nötige zusammen zu suchen.
Also die Jungs waren wirklich spontan. Hoffentlich behielten sie Recht und Yoongi würde positiv auf uns reagieren. Ich hatte mit meinem ersten Auftritt ihm gegenüber ja nicht wirklich geglänzt, und der nächste war auch eher suboptimal.
Alle guten Dinge sind drei, sagte ich mir, damit mich nicht der ganze Mut verließ Du hast immer noch Hoseok, auch wenn der momentan doch eher hinderlich als hilfreich agierte.
Ich musste meinen Optimismus bewahren.
Jungkook kam ein paar Sekunden später wieder und daraufhin gingen wir auch gleich los.


'Yoongi mach die Tür auf!', rief Namjoon und klopfte lautstark gegen die weiß bemalte Tür 'Verstecken ist zwecklos!'
Jungkook währenddessen kicherte nur und blickte belustigt zwischen Namjoon und der Tür hin und her.
Ich war davon ausgegangen, dass wir länger brauchen würden, aber Yoongi wohnte von Jungkook gar nicht so weit entfernt, sodass wir zu Fuß gerade mal 15 Minuten brauchten, um bei ihm anzukommen.
Auf der anderen Seite hörten wir nur ein Fluchen, was die Worte Penner und Ich habe nein gesagt beinhaltete, bevor ein Schlüssel die Tür aufschloss und ein mies dreinblickender Yoongi vor uns stand und Namjoon und Jungkook mit seinen Blicken erdolchte.
'Ich frage mich immer wieder aufs Neue, wieso ich mit euch Nervensägen befreundet bin.', knurrte er, öffnete die Tür jedoch für uns, weswegen ich mich minimal entspannte.
'Weil du uns liebst, Hyung.', säuselte der Jüngste mit einer unschuldigen Stimme und großen Augen und folgte ihm auf dem Fuß, da Yoongi sich ohne ein weiteres Wort umgedreht hatte und in seinem Haus verschwand.
Ok Jimin, ruhig bleiben. Yoongi wohnt bestimmt nicht in einem Folterkeller oder sowas.
Aber aus einem mir unerfindlichen Grund war ich dennoch angespannt und es wurde nicht besser, als wir in der Wohnung standen.
Sein Haus war, im Gegensatz zu Jungkooks, sehr modern eingerichtet und auch ziemlich ordentlich, wenn man einmal von den vielen Zetteln, die überall verstreut rumlagen, absah.
'Woah..', staunte ich und blickte mich fasziniert um 'Wie kann er sich das leisten?'
Ich sagte das eher zu mich selbst als zu jemand anderem, aber es war Namjoon, der darauf einging.
'Er kam mit seinen Eltern nicht mehr klar, und da haben sie vorgeschlagen, dass er alleine wohnen kann.'
'Ist das nicht ziemlich teuer? So ein ganzes Haus?'
Namjoon zuckte mit den Achseln 'Schätze schon, aber seine Familie hat eine Menge Asche.'
Darauf antwortete ich nichts, sondern beließ es dabei.
Yoongi wurde immer komplexer für mich. Wieso kam er mit seinen Eltern nicht mehr klar? Namjoon wollte ich nicht fragen, er würde mich sonst noch für einen Stalker halten, und Yoongi direkt zu fragen, traute ich mich auch nicht. Vielleicht würde mir einer von ihnen irgendwann erzählen, weshalb ich zum jetzigen Zeitpunkt einfach meine Klappe hielt.
Wir folgten ihm in die Küche, in der leise Musik im Hintergrund lief und ein Kochtopf befand sich auf dem Herd und dampfte still vor sich hin.
'Was kochst du Yoongi?', fragte Namjoon beiläufig, als er sich an dem Tisch, der mitten in der Küche stand, niederließ, Jungkook zu seiner Rechten.
'Etwas essbares.', meinte dieser trocken und ging zu dem Herd, um weiter mit einem Holzlöffel in dem Topf rumzurühren.
'Wow, darauf wäre ich nie gekommen.', genervt verdrehte Namjoon die Augen, woraufhin er zu mir und Hoseok sah, weil wir beide noch im Türrahmen standen und bedeutete uns mit einem Blick, uns mit an den Tisch zu setzen, was wir auch sogleich taten.
'Weiß ich, deswegen habe ich es dir ja erklärt.', sagte er und hatte uns den Rücken zugewandt. Fand er uns so nervtötend oder weswegen war er so kalt und schlecht gelaunt?
'Hyung, hast du wieder deine Tage oder was ist los?', wollte Jungkook wissen und man konnte ihm ansehen, dass er ein Lachen unterdrückte. Namjoon und er tauschten Blicke aus und sie wirkten beide äußerst amüsiert. Jungkook sah zwar unschuldig aus, aber er hatte so ein loses Mundwerk, wie ich es schon lange nicht mehr bei jemandem erlebt hatte. Ich würde mich nicht mal ansatzweise trauen, Yoongi gegenüber frech zu werden, aber Jungkook schien eine Art Welpenschutz zu genießen. Anders konnte ich es mir nicht erklären, weswegen Yoongi es ihn durchgehen ließ.
Meine Augen suchten einen Moment Hoseok, der neben mir saß und die beiden mit einer emotionslosen Miene beäugte.
Es sah zwar so aus, als wenn er keine Meinung dazu hätte, aber ich kannte meinen Bruder besser. Auch er war leicht irritiert über das Verhalten der beiden. Das sagte mir sein zuckender Mundwinkel.
Ich entschied mich, so ruhig wie er zu bleiben, da ich nicht zwischen die Fronten geraten wollte und rutschte unruhig auf meinem Stuhl hin und her.
'Jeon Jungkook, wie kann man nur so frech sein, und dann auch noch gegenüber einem Älteren?!', Yoongi drehte sich um, den Löffel drohend schwingend und Jungkook sah hilfesuchend zu Namjoon, der jedoch nur mit den Schultern zuckte, so nach dem Motto 'Du bist selbst Schuld'.
Wow, ok. Yoongi konnte also auch laut werden. Bei jedem Wort zuckte ich zusammen und hoffte, dass er seine Laune nicht an mir auslassen würde, auch wenn Hoseok im Notfall bestimmt dazwischen gehen würde.
'War doch nur Spaß Hyung, das weißt du doch.', lachte er nun nervös und kratzte sich am Hinterkopf.
Er kümmerte sich nicht weiter um Jungkook, der sich fast unter dem Tisch verkroch, was Namjoon mit einem skeptischen Blick verfolgte, sondern wandte sich an uns, musterte zuerst Hoseok eindringlich und danach mich, was Hitzewallungen in mir auslöste. Ich hatte keine Ahnung, wie ich seinen Blick deuten sollte, aber ich fühlte mich unwohl unter ihm.
'Und Jungkook und Namjoon haben euch einfach mitgeschleppt, ja?'
Ich konnte mir nur ein Nicken abringen, Hoseok hingegen machte..GAR NICHTS. In mir verfiel alles in Panik und ich hätte ihn schlagen können für die Tatsache, dass er mich hier gerade alleine 'reden' ließ. Er wusste doch, dass ich mit Fremden nicht gut konnte. Vor allem, wenn sie so distanziert und abgekartet wirkten.
'Wie heißt du eigentlich genau?'
Und das war das erste Mal, dass ich mit ihm redete.
'Jimin.'
Meine Stimme zitterte zwar nicht, doch ich selbst war nicht erfreut über meine Wortgewandheit, aber mehr zu sagen, war mir in dieser Situation nicht möglich, da die Nervosität mich von innen heraus auffraß und ich befürchtete, dass ich mich selbst verraten könnte.
'Jimin also.', wiederholte er nachdenklich 'Der Unterschied zwischen euch ist riesig.', stellte er fest und ich wagte nicht, etwas dazu in den Raum zu werfen. Doch mein Name klang schön, wenn er ihn mit seiner Stimme verwendete. Könnte er ihn noch einmal wiederholen? Aber Hoseok grätschte dazwischen.
'Ja oder? Ich habe die ganze Schönheit abbekommen.', prahlte er und schlug sich auf seine vor Stolz geschwellte Brust.
Überrascht und beleidigt zugleich schnellte mein Kopf zu ihm und mein Mund stand offen. Wie frech er doch manchmal war! Fast so sehr wie Jungkook. Ich konnte es nur schwer ertragen, wenn er mich vor anderen bloßstellte. Er tat es nicht oft, aber wenn, dann richtig.
Konter Jimin, konter!
'Das ist Ansichtssache.'
Sofort verstarb Hoseok Grinsen auf seinem Gesicht und geschockt sah er zu Yoongi. Ich hatte gar keine Zeit, um selbst etwas zu meiner Verteidigung zu sagen. Vollkommen baff sah er erst mich an und dann Yoongi, um herauszufinden, ob das ein Scherz war aber nein, er scherzte nicht. Seine Miene war ausdruckslos und ließen keinen Zweifel zu.
'Oooh, Yoongi teilt aus!', grölte Jungkook beinahe, riss die Augen auf und hielt sich die Hand vor den Mund, damit man sein amüsiertes Gesicht nicht so sehr sehen konnte, was aber nicht ganz funktionierte.
Warte mal, hatte er mich gerade damit indirekt schön genannt?
Ich unterdrückte die Hitze, die ich allzu deutlich in meinen Wangen aufsteigen spürte sowie meine brennenden Ohren und versuchte mich auf etwas anderes zu konzentrieren. Also Namjoon. Doch er guckte selbst verwundert uns drei alle nacheinander immer wieder an und hielt seinen Mund eisern geschlossen.
Mir wurde das Ganze von Sekunde zu Sekunde unangenehmer. Wieso musste Hoseok auch so eine große Klappe haben?
Wegen ihm stolperte ich von einer peinlichen Situation in die andere. Konnte ich nicht einen Bruder haben, der seine Worte etwas mehr mit Bedacht wählte?
Nachdem nach weiteren Sekunden noch immer keiner etwas sagte, unterbrach Yoongi die Stille selbst.
'Ihr seid erst seit ein paar Minuten hier und schon ist mein Stresspegel auf das Maximum angestiegen.'
Oh oh.
'Dafür sind wir doch da.', meinte Jungkook zuckersüß und lächelte ihn schelmisch an.
Gleich würde es eine Explosion von gewaltigem Ausmaß geben, da war ich mir sicher.
'Yah, du kleiner Hosenscheißer, sei nicht so frech! Seht zu, dass ihr hier rauskommt! Ich ertrage euch für den Rest des Tages nicht mehr.', keifte Yoongi aufgebracht und griff nach einem zusammengeknüllten Zettel, um damit die Person, die ihm am nächsten war (und das war Namjoon) abzuwerfen.
'Yah!', rief er aufgebracht, doch mit einem Grinsen auf den Lippen, sprang auf und rannte zur Tür, wobei er mich kurzerhand packte und mit sich zog, Hoseok und Jungkook waren direkt hinter uns.
'Komm Jiminie, verschwinden wir, bevor Yoongi noch einen Tobsuchtsanfall bekommt!', schrie er lachend und preschte durch die Tür nach draußen, während ich noch einmal zurücksah, Yoongis und mein Blick sich streiften und die Zeit für einen ganz kurzen Augenblick einfror, bevor er aus meinem Blickfeld verschwand.
Dass ich bald mehr Zeit mit ihm verbringen würde, als ich am Anfang gedacht hatte, war Fluch und Segen zugleich.

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'So Jiminie, bist du bereit, gegen Yoongi anzutreten?'
Wir befanden uns in der überdimensional großen Sporthalle unserer Schule. Der Montag war schneller gekommen, als mir lieb war, und Hoseok hatte – im Gegensatz zu mir – nicht das Spiel vergessen, welches er zwischen Yoongi und mir arrangiert hatte. Es fand direkt nach der Schule statt, weswegen die Halle leer war und wir ungestört das Spiel austragen konnten.
'Nein.'
Völlig entmutigt ließ ich mir von Hoseok mein Tanktop zurechtzupfen. Er selbst trug auch eines, jedoch stand mir so ein Kleidungsstück um Weiten besser als ihm, was ich ihm jedoch niemals ins Gesicht sagen würde, doch insgeheim wusste er es auch, aber es war ihm ziemlich egal. Dafür hatte er andere Qualitäten als ich.
Mein Gemütszustand rührte daher, dass ich mich bestimmt so sehr blamieren würde, dass es jedem Anwesenden im Gedächtnis bleiben würde, was in diesem Fall Yoongi, Namjoon, Jungkook und Hoseok selbst waren.
'Komm schon, wir schaffen das.', er klang so zuversichtlich, dass ich es ihm fast abkaufte. Aber auch nur fast.
Wir hatten uns auf Zweierteams geeinigt. Namjoon und Yoongi gegen mich und Hoseok. Jungkook hatte mir vorher noch erzählt, dass Namjoon mit zu den schlechtesten Spielern gehörte, die die Welt je gesehen hatte, wofür er eine Kopfnuss von Namjoon persönlich bekam, was mich aber nur in geringem Maße beruhigte.
Hoseok selbst war eher ein durchschnittlich guter Spieler. Früher hatten wir oft zusammen gespielt, aber mit der Zeit entwickelte er andere Interessen, denen er intensiv nachging und so blieb mir nichts anderes übrig, als mir jemand anderen zum Spielen zu suchen.
Wer mir mehr Sorgen bereitete, war Yoongi. Ich hatte ihn bis jetzt noch nicht spielen sehen, aber ich rechnete damit, dass ich nicht mal ansatzweise eine Chance gegen ihn haben würde.
Jungkook übernahm die Rolle des Schiedsrichters. Er hatte sich dafür sogar extra eine Pfeife besorgt und ging eifrig vor uns allen auf und ab.
'In Position mit euch! Auf mein Zeichen geht es los.', brüllte er, und ich ging nach vorne, genauso wie Yoongi.
Ich stand ihm nur ein paar Zentimeter entfernt gegenüber und ich konnte das Braun seiner Augen viel zu deutlich sehen. Sein Blick war konzentriert auf mich gerichtet und schon wieder sorgte er somit dafür, dass ich mich unwohl fühlte.
Lass dich nicht ablenken, Jimin!
Der Pfiff, der innerhalb von ein paar Sekunden erfolgte, wurde von den Wänden der Halle zurückgeworfen und war dadurch noch lauter als ohnehin schon. In dem Moment, in dem ich hochsprang, um den Ball an mich zu bringen, fiel mir - weswegen auch immer - ein, dass ich von Zeit zu Zeit etwas tollpatschig war.
Und das sollte mir noch zum Verhängnis werden.

The MonsterWo Geschichten leben. Entdecke jetzt