Confusion

200 11 14
                                    


Keine Ahnung, wie lange ich so mit meinen Gedanken beschäftigt gewesen war, aber ich schätze, dass es sich um mindestens eine halbe Stunde gehandelt hatte, bevor sich Yoongi auf mir wieder regte. Meine Arme befanden sich noch um seinen Körper, doch jetzt, wo er wieder wach wurde, kam Unsicherheit in mir hoch, ob ich sie nicht lieber woanders hingetan hätte. Aber das schien Yoongi verhältnismäßig egal zu sein, denn er setzte sich auf, woraufhin ich ihn so oder so loslassen musste, und rückte neben mich.
'Wie spät ist es?'
Seine Haare standen in alle Richtungen ab und er wirkte noch richtig schläfrig. Kein Wunder, er war ja auch gerade erst aufgewacht, aber das war eine der Situationen, in der ich meine Gesichtszüge nicht unter Kontrolle hatte und unweigerlich grinsen musste.
'Was grinst du so.'
Verschlafen, wie er war, rieb er sich über die Augen. Ich richtete mich auf, um ihm besser ins Gesicht sehen zu können, doch seine Stimme klang weder anklagend noch wütend – die ganze Schärfe war aus ihr gewichen.
'Du siehst noch total verpennt aus. Keine Ahnung, wie spät es ist, auf jeden Fall ist es dunkel draußen.'
Seine Augen waren geschlossen und die Wärme, die ich zuvor verspürt hatte, verschwand mit jeder Sekunde, die verstrich, doch das Kribbeln in meinem Bauch hatte weiterhin Bestand.
'Es tut mir leid, dass ich dich so lange aufgehalten habe. Du solltest gehen, schließlich hast du morgen Schule.'
Diese Worte verletzten mich zwar etwas, aber im Grunde hatte Yoongi Recht und meine Verletzung schlug dann doch in Freude um, da er sich anscheinend Sorgen um meinen Abschluss, um MICH, machte. Jedenfalls hoffte ich das.
Ich nickte zustimmend, nachdem er seine Augen geöffnet hatte und machte schon Anstalten aufzustehen, als mir etwas in meine eigenen fiel.
'Hyung?'
Noch halb auf dem Bett sitzend wandte ich mich ihm zu und sah ihn mit dem niedlichsten Gesicht, welches ich aufbringen konnte, an. Hoseok hatte mir schon ganz oft gesagt, dass mein Aegyo bezaubernd war, wenn ich es denn mal auf die Reihe bekam, und genau jetzt wollte ich davon Gebrauch machen. Außerdem wollte ich wissen, ob ich damit auch bei Yoongi weiterkam. Und ob er es genauso süß fand.
'Mh?', sein Gesicht war mal wieder ein Pokerface, was seinesgleichen suchte, und ich kam mir dann doch etwas dämlich dabei vor, ihn mit diesem Hundeblick anzusehen, da ich überhaupt nichts in seinem Gesicht lesen konnte.
'D-darf ich mir vielleicht eine andere davon mitnehmen?'
Ich zeigte auf ein größeres Regal, in dem sich ordentlich sortiert eine ganze Menge an Beanies befanden. Yoongi hatte sie auch in allen Farben und anscheinend Variationen, denn von rot bis schwarz über welche mit einem Aufdruck und vielen ganz schlichten konnte ich alles auffinden.
Der verwirrte Ausdruck, der daraufhin seine Miene zierte, brachte mich dazu, noch schnell etwas an meine Frage dranzuhängen.
'Also, es wird ja langsam kalt und so..und deine eine Beanie hat mich damals so gut warmgehalten, da dachte ich..'
Ich verstummte, da ich merkte, wie ich einfach nur totalen Stuss redete und hätte meine Worte am liebsten allesamt zurückgenommen, doch zu meinem Verwundern fiel Yoongis Antwort anders aus als angenommen.
'Nimm dir welche du auch immer willst.'
Verblüfft über das, was er soeben gesagt hatte, prüfte ich noch mal sein Gesicht auf irgendetwas, was mir sagte, dass er nur Spaß gemacht hatte, aber ich fand nichts. Wahrscheinlich war es ihm einfach nur egal, weil er aufgrund seiner Krankheit total fertig war und wollte nur noch, dass ich verschwand – oder er war wirklich damit einverstanden. Auf alle Fälle ließ ich mir das nicht zweimal sagen und sprang sogleich auf, um an das Regal zu treten und eine Beanie rauszusuchen.
Und die Entscheidung fiel mir schwer. Er schien wirklich diese Art von Mützen zu lieben, was mich ein wenig zum Schmunzeln brachte. Da ich ihn aber nicht zu lange mit meiner Anwesenheit nerven wollte, griff ich letzten Endes zu einer schlichten schwarzen, da ich mir sicher war, dass ich damit keinen seiner Lieblinge erwischte. Als ich sie aus dem Regal zwischen den anderen hervorholte, drehte ich meinen Kopf sicherheitshalber noch einmal zu Yoongi, aber der hatte schon wieder seine Augen geschlossen und atmete ruhig, während in mir weiterhin alles in Aufruhr war.
Nach kurzem Zögern traute ich mich dann doch, noch etwas zu sagen.
'Wann kommst du wieder zur Schule?', ich sagte es etwas leiser, da, wenn er eingeschlafen wäre, ich ihn nicht aufwecken wollte, aber anscheinend war er geistig noch anwesend, denn seine Augen öffneten sich, wenn auch nur träge.
'Nächste Woche denke ich. Mir geht's ziemlich beschissen.'
Ich gab einen zustimmenden Laut von mir und ging schon auf die Tür zu, als Yoongi noch einmal die Stimme erhob.
'Danke Jimin.'
Dazu sagte ich nichts, da ich einerseits noch nie ein 'Danke' von Yoongi gehört hatte und ich andererseits so blöd grinste wie ein Honigkuchenpferd und er das beim besten Willen nicht sehen musste, und so verließ ich sein Zimmer mit einer unglaublich guten Laune.

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Es dauerte tatsächlich noch zirka eine Woche, bis Yoongi wieder in der Schule zu sehen war. Solange, um mich etwas von ihm abzulenken, beschäftigte ich mich wieder etwas mehr mit Namjoon und Jungkook, wobei mein Bruder immer mit von der Partie war, und ersterer wollte ja sowieso noch mit mir – worüber auch immer – reden. Dazu kam es aber so schnell nicht und so schlug ich die Zeit halt mit meinen Freunden tot. Aber Namjoon sollte nicht der Einzige sein, der mit mir über ein ernstes Thema reden wollte.
Als Yoongi dann aber wieder da war, konnte ich mich kaum beruhigen. Er sagte nicht Bescheid, wann er genau wiederkommen würde, vielleicht entschied er es spontan, aber als ich ihn dann sah, sprintete ich gleich auf ihn zu und warf mich ihm bald förmlich in die Arme, weil ich ihn so vermisst hatte und ich atmete seinen mir mittlerweile so vertrauten Geruch ein.
Ich rannte ihn mit meiner etwas unbedachten Aktion zwar bald über den Haufen und erntete dafür den Spruch 'Ist es eigentlich normal, dass du immer Leute umrennst?', aber ich konnte sein Lächeln aus seiner Stimme heraushören und ich war glücklich, denn mein Lieblingshyung war endlich wieder da und mir war es auch egal, was die anderen in diesem Moment davon halten mochten.
Bei ihm hatte ich mich jedenfalls nicht angesteckt. Mein Immunsystem hatte mit Sachen wie grippalen Infekten oder ähnlichem nie ein großes Problem gehabt, weswegen ich auch selten erkältet war – eher holte ich mir eine Zerrung beim Tanzen oder Spielen. Yoongis Beanie trug ich jetzt immer auf den Weg zur Schule, da es keine Spinnerei von mir gewesen war, dass es kälter wurde, denn der Herbst rückte mit jedem Tag, der verging, näher und dementsprechend kühlte das Wetter ab, aber noch war nicht viel davon zu spüren und doch trug ich sie ab jetzt regelmäßig, und wenn ich mich nicht irre, zuckten Yoongis Mundwinkel immer leicht, als er mich mit ihr erblickte.
Nachdem Yoongi wieder da war, trat jedenfalls wieder der Alltag ein. Wir saßen oft in der Cafeteria und unterhielten uns oder wir spielten gemeinsam Basketball, was für mich nicht ganz so einfach wegen Yoongi war, und auch sonst geschah nichts Spannendes. Bis auf eine Sache.
Ich weiß bis heute nicht mehr, wer von den Jungs auf diese glorreiche Idee kam, aber irgendjemand äußerte sie und alle waren irgendwie sofort Feuer und Flamme, als es um die Umsetzung von dieser ging.
Was ich meine? Die Rede ist von Paintball. Und wie wir darauf kamen? Nun, Jungkooks Geburtstag stand vor der Tür, aber da er diesen nicht groß feiern, eigentlich gar nicht feiern wollte, überlegten sich die Jungs etwas und das war halt letzten Endes Paintball. Vorher kam ich nie dazu, das irgendwann einmal zu spielen, aber als eben diese Idee in den Raum geworfen wurde, war auch ich begeistert und stimmte freudig zu. Da wir aber jeweils zwei 3er Teams bilden wollten und uns einer fehlte, fragten wir kurzerhand Bobby, ob er Lust hätte, mitzumachen, und seine Augen funkelten, als er allein das Wort hörte, und auch, wenn mir noch etwas unwohl wegen dem letzten Zwischenfall, in den er involviert gewesen war, war, ignorierte ich meine Bedenken und stellte mich auf einen schönen Tag mit den Jungs ein. Und was das für ein Tag werden sollte.

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'So wir sind da.'
Das Gelände, auf dem wir Paintball spielen wollten, lag etwas außerhalb von Seoul, da wir es unbedingt draußen und nicht in irgendeiner Halle spielen wollten und so entschlossen wir uns dafür, den Zug zu nehmen.
Die Fahrt hatte ungefähr eine halbe Stunde Zeit in Anspruch genommen. Diese hatten wir mit reden auch gut rumgekriegt und nachdem der Zug an der Station, zu der wir wollten, gehalten hatte, mussten wir lediglich nur noch ein paar Minuten laufen, um an unserem Ziel anzukommen.
Nachdem wir das Gelände betreten und Bescheid gegeben hatten, dass wir angekommen sind, wurden wir in ein kleines Gebäude geführt, in dem uns zuallererst die Schutzausrüstung in die Hand gedrückt und uns erklärt wurde, wie wir sie anzulegen hatten.
'Ich will mit Jimin in einem Team sein!', rief Jungkook, nachdem das Personal, welches uns einwies, nach draußen verschwunden war, um den Rest der Einweisung, der noch daraus bestand, wie mit den Waffen umzugehen war, fertig zu machen, und wir mit dem Anlegen der einzelnen Teile beschäftigt waren.
Wahrscheinlich, um den Anderen klarzumachen, dass er WIRKLICH mit mir in einem Team sein wollte, hielt er sich bei seinen Worten an meinem Arm fest und zog mich an sich heran, klammerte sich bald an mich.
'Ich auch!', schrie Hoseok mindestens genauso laut und ich musste auf der Stelle loslachen. Es war ja schon süß, wie sie sich wie kleine Kinder aufführten, die unbedingt in den Zoo oder sowas wollten und es deswegen lautstark kundtaten.
'Kein Problem.', meinte Namjoon in einem ruhigen Tonfall und war noch dabei, seine Ausrüstung anzulegen 'Dann spielen Bobby, Yoongi und ich halt im Team.'
Daraufhin ließ Jungkook mich los, der vor allen anderen mit dem Anziehen fertig gewesen war und ich zog mich weiter an, da ich da doch etwas langsamer als er war, doch ich hatte nach kurzer Zeit mit der Schutzweste zu kämpfen, denn ich bekam einen der Verschlüsse an der Seite nicht zu und nach ungefähr einer halben Minute musste Jungkook meinen zum Scheitern verurteilten Versuch bemerkt haben, denn nachdem ich nach ein paar Sekunden den Verschluss immer noch nicht zubekam, trat er an mich heran.
'Warte, ich helfe dir.'
Ich ließ von meiner Tätigkeit ab und ihn gewähren und mit ein paar geschickten Handgriffen sorgte er dafür, dass der Verschluss mit einem Klicken einrastete.
'So.', beendete er sein Tun und sah zufrieden auf seine Arbeit.
'Danke.', lächelnd sah ich ihm in die Augen und er erwiderte es, bevor ich mich von ihm abwandte, da Hoseok uns noch etwas mitteilen wollte.
'Ok, ich würde sagen, dass wir auf Kopfschüsse verzichten, denn auch, wenn wir Helme tragen, müssen wir es ja nicht auf eine Verletzung anlegen.'
Er erntete zustimmendes Nicken von allen Seiten, bevor er mit einem Grinsen auf den Lippen weitersprach 'Na dann würde ich sagen, gehen wir nach draußen und fangen an.'


Da wir alle schon ganz aufgeregt wegen dem nahenden Spiel waren, brachten wir die Einweisung so schnell wie es uns möglich war hinter uns und betraten danach das eingezäunte Gebiet, in dem das Match stattfinden sollte.
Wir starteten an unterschiedlichen Punkten. Meine Mannschaft wurde, bevor es endlich richtig losging, mit roten Bändern versehen, während die Anderen orangene bekamen, damit wir uns so auseinanderhalten konnten.
Jungkook war noch aufgedrehter als ich, wie ich unschwer erkennen konnte, da er an unserer Basis von einem Fuß auf den anderen trat, wobei Hoseok – noch – die Ruhe in Person war und mit minimaler Begeisterung die Gegend abscannte.
Das Startsignal war schlussendlich der Ton von einem Horn und gleich am Anfang taten wir das, was unserer Meinung nach am sinnvollsten war – sich aufteilen. Die Regel war, dass das jeweilige Team bis zur Basis des jeweils anderen vordringen und dort eine Fahne ergattern musste, um so einen Punkt zu erhalten, und da wir nicht alle auf einmal abgeschossen werden wollten, teilten wir uns halt auf, denn ein Treffer bedeutete noch einmal zur Basis zurückrennen zu müssen und dort von vorne zu beginnen.
Ich will nicht sagen, dass ich keinen Orientierungssinn habe. Aber mir fiel es schon immer verdammt schwer, Wegbeschreibungen zu folgen, und so war es für mich kein Wunder, dass ich mich nach 10 Minuten des Umherrirrens irgendwie ganz woanders befand, als ich eigentlich sein sollte. Die ganze Zeit war ich nur am Laufen gewesen, und jetzt, um wenigstens einen kleinen Anhaltspunkt zu haben, wo ich mich denn genau befand, blieb ich stehen und ließ meine Waffe neben mir baumeln, um Luft zu holen, denn so langsam brannte meine Lunge durch das Gelaufe und verlangte nach Sauerstoff.
In diesem Moment, in dem ich mich umsah, war ich unachtsam, nicht empfänglich genug für die vielen kleinen Geräusche, die ich in meiner Umgebung hätte wahrnehmen können und die mich gewarnt hätten, denn ich atmete auch sehr schwer, sodass meine Ohren durch das fließende Blut rauschten.
Denn plötzlich hörte ich ein Knacken.
In Windeseile drehte ich mich zu dem Geräusch um und mein Atem stockte, als ich verstand, wie das Geräusch zustande kam.
Ich stand unmittelbar vor Yoongi - ich erkannte ihn an seiner Statur - direkt in seinem Schussfeld und er hatte seine Waffe im Anschlag, richtete sie auf mich und ich wusste, dass egal, was ich jetzt tun würde, ich zu langsam wäre, also ließ ich meine Waffe unten, hielt sie nicht auf ihn, es würde sowieso keinen Zweck haben, sondern ihn wahrscheinlich nur zu einem Schuss provozieren.
Er musste sich angeschlichen haben, denn nur ein paar Meter befanden sich zwischen uns und ich konnte seine Augen durch den Helm hindurch ausmachen.
Ich wusste, dass ich verloren hatte..und doch kam der schmerzhafte Schuss nicht.
Stattdessen sah er mich nur weiterhin an, hielt Blickkontakt zu mir, rührte sich aber nicht weiter.
Es war komisch, so wie er mich ansah und ich ihm entgegen, denn er behielt zwar seine eingenommene Haltung bei, schoss aber nicht.
Ich merkte, wie mir ein Schweißtropfen die Schläfe hinunterrann und das Visier meines Helmes beschlug, mir somit einen Teil der Sicht nahm und das Adrenalin sich unaufhörlich in meinem Körper verteilte.
Es fühlte sich so an, als ob die Zeit stehen geblieben wäre, während keiner von uns seine Augen von dem anderen nahm, so ähnlich, wie als wenn die Beute dem Tiger gegenübersteht und auf den sicheren Tod wartet. Aber auch, wenn die Rollen klar verteilt waren, trat dieser nicht ein.
Ich meinte ihm ansehen zu können, wie er mit sich haderte, konnte es anhand dessen erraten, dass er seinen Finger immer wieder an den Abzug legte, diesen aber nicht betätigte.
Warum schoss er nicht?
Doch dann ging alles ganz schnell. Ich hörte nur einen Schuss und danach Yoongi aufstöhnen, sah einen blauen Fleck, der sich von seiner Brust aus langsam über seine Weste verteilte und er sich die Stelle hielt, an der er erwischt worden war.
Dadurch löste sich meine Starre und mein Kopf schoss in die Richtung, aus der ich den Schuss vermutete.
Jungkook stand ein paar Meter von uns entfernt, seitlich hinter mir, auf einer Erhebung und ließ seine Waffe sinken.
'Wenn du so weiter träumst, gewinnen wir nicht!'
Seine Worte machten zwar Sinn, aber sie brauchten dennoch, um zu meinem Gehirn, was noch anderweitig zu tun hatte, vorzudringen.
Ich wandte mich wieder Yoongi zu, der seinen Helm abnahm und Jungkook einen finsteren Blick zuwarf, bei dem es mir bald eiskalt den Rücken runterlief, bevor er fluchend zurück zu seiner Basis stapfte.
Während ich ihm hinterhersah, hörte ich Jungkook angelaufen kommen und sah ihn dann aus dem Augenwinkel neben mir stehen bleiben.
'Halloooo, Erde an Jimin~', mit seiner Hand fuchtelte er vor meinen Augen herum, zog so meine Aufmerksamkeit auf sich, die vorher noch an dem fortlaufenden Yoongi hing.
'Hä, ja?'
'Wir sind noch mitten im Spiel.', erinnerte er mich und drückte auf den Verschluss unter seinem Kinn, um seinen Helm abnehmen zu können.
'Tut mir leid..', murmelnd sah ich hinab auf den mit Blättern bedeckten Waldboden. Ich war aber auch wirklich geistig nicht auf Hochtouren.
'Hey..', Jungkook neben mir hielt den Helm in seiner einen Hand, während er mich mit der anderen leicht anstupste und sein sanfter Tonfall beruhigte mich '..du brauchst dich nicht zu entschuldigen. Wir bleiben ab jetzt einfach zusammen, ja?'
Sein aufrichtiges Lächeln unterstreichte seine Worte und das unwohle Gefühl, was zuvor entstanden war, verschwand auf der Stelle.
Auch meine Gesichtszüge lockerten sich, wurden ebenfalls zu einem Lächeln und ich nickte ihm zu, sodass er verstand, und so begannen wir beide gleichermaßen loszurennen, um uns den Sieg zu holen.


Um es kurz zu machen: Wir hatten verloren. Auch wenn wir dachten, dass wir gut vorbereitet gewesen wären – wir waren es nicht. Ich wusste ja, dass Hoseok teilweise leicht zu erschrecken war, aber als ich dann den ersten Schrei durch den Wald hallen hörte, hätte ich mir denken können, dass seine Teilnahme an solchen Spielen eher unvorteilhaft – für ihn sowie seine Teammitglieder – sein könnte.
Bobby, Namjoon und Yoongi schossen erbarmungslos auf uns und besonders Jungkook verließ nachher das Spielgelände in einer Farbpracht, auf die selbst der schillerndste Paradiesvogel neidisch gewesen wäre, gerade was seinen Kopf betraf. Es hatte den Dreien sichtlich Freude bereitet, uns wie das Kanonenfutter, dass wir waren, abzuschießen und nach unzähligen Flecken, die wir uns eingefangen hatten, hatten wir uns einfach ergeben, da unsere Körper durch die Tortur schmerzten, auch wenn ich weniger als meine Teamkollegen abbekommen hatte, denn mir fiel auf, dass Yoongi trotzdem nicht auf mich schoss, lediglich einen Streifschuss auf mein Bein abgab.
Das sorgte jedenfalls dafür, dass Jungkooks und Hoseoks Laune sich in Grenzen hielt, als wir mit dem Zug zurückfuhren, während ich eher über die Schandtaten meiner anderen Freunde hinwegsehen konnte und mich gut gelaunt mit ihnen unterhielt. Doch nach einiger Zeit hatte ich den Drang, Yoongi etwas zu fragen und auch, wenn es mich Überwindung kostete, da meine Nerven jeden Moment wieder anfangen würden zu flattern, setzte ich mich neben ihn. Seitdem wir das Gelände verlassen hatten, beteiligte er sich nicht an den Unterhaltungen der Anderen, sondern war permanent anderweitig abgelenkt.
Seinen Kopf hatte er zum Fenster gedreht und er sah sich die vorbeiziehende grüne Landschaft an, aber ich war mir sicher, dass er mich schon lange bemerkt hatte und doch sah er weiterhin nach draußen, als ich neben ihm Platz nahm. Er saß etwas weiter entfernt von den anderen und so war ich dazu gezwungen gewesen, aufzustehen und zu ihm – mit wackligen Beinen – herüberzugehen.
Mit einem Mal wurde der Stoff des sonst so weichen Sitzes kratzig und ich rutschte etwas unruhig auf ihm umher.
'Hyung?'
Ich fragte leise, bot vorsichtig um seine Aufmerksamkeit, aber auch, wenn meine Stimme in diesem Moment dünn war, hatte er sie gehört, denn er erfüllte mir meinen Wunsch und wandte seine Augen von dem Fenster ab und mir zu.
'Was gibt's?'
Seine müden Katzenaugen sahen in mein Gesicht und ich konnte ihnen nicht lange standhalten, sah kurz an Yoongi vorbei nach draußen, um meine Gedanken zu ordnen, bevor ich fortfuhr. Schließlich wollte ich nicht nur untätig neben ihm sitzen.
'Wieso hast du vorhin nicht geschossen? Es war die perfekte Gelegenheit.'
Für manche mag die mögliche Antwort darauf irrelevant und unbedeutend sein – für mich war sie es nicht. Ich weiß nicht, was ich erwartet hatte. Das er sagte, dass er nicht geschossen hatte, weil er mich mochte? Unwahrscheinlich, und dennoch fragte ich.
'Ich wollte dir nicht wehtun.'
'Aber es war nur ein Spiel, und bei diesem ist das normal, dass man mit blauen Flecken da rausgeht.'
'Das ist mir egal.'
Jetzt war ich sprachlos. Wieso wollte er mir nicht wehtun? Auch, wenn mich die Antwort noch brennender interessierte als die zu der Frage davor, hielt ich meinen Mund, da ich es nicht drauf anlegen wollte, mir doch noch durch meine Fragerei einen blauen Fleck einzuhandeln, doch konnte ich nicht verhindern, dass sich meine Gesichtszüge selbstständig machten.
'Was gibt's da zu grinsen?'
Yoongi sah nicht verärgert aus, als er das fragte, was nebenbei mehr wie eine Aussage als eine Frage klang, aber ich schüttelte nur meinen Kopf, auch, um mein Grinsen irgendwie abzuschütteln, doch es war vergebens. Er war viel zu süß.
'Pff.'
Was er noch von sich gab, war ein Schnauben, ehe er wieder mit dem, was sich außerhalb des Zuges abspielte, beschäftigte, aber ich konnte ihn im Fenster leicht lächeln sehen.

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'Jimin!'
Hoseok platzte in mein Zimmer, sah dabei so aus, als wenn man ihn über einen Sportplatz gejagt hätte und schaubte auch mindestens genauso sehr. Und sowas nannte sich Tänzer. Ja, Hoseok tanzte mindestens genauso gerne wie ich, aber er war besser als ich darin, wenn auch nur ein klein wenig. Wir waren jetzt seit einer guten Stunde wieder zu Hause und ich hatte mich an meinem Schreibtisch niedergelassen, um am PC etwas im Internet zu surfen, so wie es sich für einen Jugendlichen gehörte. Nach dem Gespräch mit Yoongi hatte ich mich auch mit keinem anderen mehr unterhalten, sondern stumm seine Anwesenheit genossen, bis wir an der Endstation ankamen und uns voneinander trennten, da wird bald alle in unterschiedliche Richtungen fahren mussten.
Hoseok hatte mich auf unserer Rückfahrt noch mit belanglosem Zeug bombardiert, aber da hörte ich nur halb zu, da meine Gedanken sich im Allgemeinen um Yoongi und den Vorfall von heute kreisten.
Aber jetzt war er hier bei mir und wollte irgendetwas von mir, weswegen ich von meinem PC abließ und meinen Bruder jetzt beobachtete.
'Wir müssen reden.'
Ok, ok. Möglicherweise war er etwas sauer, da er meine geistige Abwesenheit vorhin bemerkt hatte, und so stellte ich mich schon mal auf einen verbalen Einlauf ein.
'Mir sind da..wie soll ich sagen..so einige Sachen aufgefallen.'
Er ging zu meinem Bett und setzte sich auf dieses, sah mich dabei ernst an.
'Ja?'
Mir war schon ein wenig mulmig zumute, und das sollte, wie sich gleich herausstellen würde, auch einen guten Grund haben.
'Bist du in Yoongi verknallt?'
Instinktiv war mir schon klar, dass er das todernst meinte, und doch versuchte ich, es gelassen zu nehmen.
'Was, ich? Wie kommst du denn bitte darauf?', ich lachte, was zu meinem Schock aber eher nervös klang und mich eher verriet, als dass es mir half.
'Jimin, ich bin nicht blöd. Ich merke doch, wie du Yoongi ansiehst, wenn du der Meinung bist, er sei beschäftigt, und wie du zum Dauerginser wirst, wenn du allein seinen Namen hörst.'
Ok, damit KONNTE er Recht haben und mein Bruder kannte mich auch besser als jeder andere Mensch, also nützte es mir reichlich wenig, ihm in Bezug darauf noch etwas vorzumachen.
'Ist das so auffällig?', fragte ich leicht ängstlich und fürchtete mich doch vor der Antwort. Wenn er es sah, war es dann auch für andere sichtbar?
'Nein, eigentlich nicht, aber da ich weiß, wie du dich verhältst, wenn du jemanden magst, ist es für mich nicht schwierig, das zu sehen.'
Ich ließ mich in meinem Stuhl zurücksinken und atmete erleichtert durch. Das wäre für mich der Tod gewesen, wenn Yoongi das mitbekommen hätte.
'Aber Jimin', ich sah zu Hoseok, als er die kurzlebige Stille durchbrach 'ich glaube Jungkook mag dich.'
'Ich mag ihn auch.'
'Das meine ich nicht. Ich meine SEHR mögen. Nicht so, wie es Freunde tun.'
Minimal verwirrt dachte ich kurz über das eben Gesagte nach.
'Und wie kommst du jetzt schon wieder darauf?'
Ein Stöhnen seinerseits folgte.
'So, wie du Yoongi ansiehst, sieht er dich an. Sag mal Jimin, bist du komplett blind? Der kriecht ja schon bald in dich rein, sobald er neben dir sitzt.'
.....Stille.
'Oookay.', ich zog das Wort nicht unbedingt extra so lang, es passierte von selber, da ich währenddessen über Hoseoks Worte ein zweites Mal nachdachte.
Ich musste zugeben, dass ich so die Vermutung hatte, aber sicher war ich mir nicht. Doch jetzt, wo es Hoseok so ansprach, fiel es auch mir auf.
Ich wurde wieder mit der Frage konfrontiert, ob ich vielleicht etwas mit Jungkook anfangen sollte. Ich liebte Yoongi, das wusste ich jetzt mit Sicherheit – aber ich wollte ihn wegen meinen Gefühlen nicht verlieren.
In so kurzer Zeit war er mir so wichtig geworden und ein Verlust wäre für mich äußerst schmerzhaft. Und ich ging zwar davon aus, dass er mich auch mochte, jedoch nicht so sehr wie ich ihn.
Konnte ich vielleicht wirklich unsere Freundschaft retten, wenn ich mich in Jungkook verlieben würde?
Ich war mir zwar etwas unschlüssig, aber es war einen Versuch wert, oder nicht?


Daraufhin scheuchte ich Hoseok auf meinem Zimmer. Ich brauchte jetzt Ruhe. Ruhe, um darüber nachdenken zu können, was ich nun als nächstes tun wollte. Aber bevor ich überhaupt dazu kam, klingelte mein Handy, welches auf dem Schreibtisch lag und ich nahm es in meine Hand.
Auf dem Display konnte ich in großen Buchstaben den Namen JUNGKOOK lesen, und ich wunderte mich darüber, dass er anrief, denn die Melodie dudelte weiter fröhlich vor sich hin und ich gebot ihr schlussendlich Einhalt, indem ich auf 'Annehmen' drückte.
'Hey Jungkook.'
'Hallo Jimin', durch das Telefon klang seine Stimme etwas gedämpft, aber irgendwie genauso nervös wie ich eben bei meinem Gespräch mit Hoseok.
'Gibt es etwas Bestimmtes, weswegen du anrufst?'
Ich war völlig im Unklaren darüber, weswegen er nicht einfach eine SMS schrieb, wie er es sonst immer tat. Es musste etwas sein, dass entweder wichtig war oder einer schnellen Antwort bedurfte, und so war ich wirklich neugierig darauf, aus welchem Grund er denn anrief.
'Ich wollte dich etwas fragen..', begann er, verstummte jedoch gleich wieder.
'Klar, frag einfach.', ermutigte ich ihn. Es konnte ja nichts allzu Schlimmes sein, denn Jungkook hatte nur die normalen Teenagerflausen im Kopf und die waren bei Gott nichts Ungewöhnliches.
Am anderen Ende der Leitung wurde es für einen Moment still und ich ging fast davon aus, dass Jungkook aufgelegt hätte, doch als ich ihn dann tief einatmen hörte, hätte ich mich schon auf etwas gefasst machen müssen.
'Jimin, sag mal..ich habe ja bald Geburtstag und..'
'Jaa?', hakte ich nach und war gespannt darauf, was jetzt kommen sollte.
















'..hättest du Lust auf ein Date?'

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