Excuse me!

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Total fertig ließ ich mich in mein Bett fallen. Mein erster Schultag war anstrengend gewesen. Nachdem ich Hoseok gefunden hatte, aßen wir noch zusammen etwas, bis diese blöde Schulklingel uns wieder voneinander trennen musste und ich mich erneut in mein Klassenzimmer begab.
Die Stunden darauf waren allesamt langweilig gewesen und ich saß letzten Endes die Zeit einfach nur ab. Taehyung neben mir war zwar ruhig, doch das änderte nichts daran, dass ich ihn irgendwie seltsam fand, doch er schien trotzdem unglaublich lieb zu sein, weswegen ich mich bestimmt mit ihm verstehen würde.
Doch dieser Junge vom Flur ließ mir keine Ruhe. Nach unserer ersten Begegnung hatte er sich in meinen Kopf gebrannt und in mir tat sich die Frage auf, weswegen ihn die Leute als Monster betitelten. Was er wohl getan hatte, um so genannt zu werden? Klar, er wirkte ziemlich cool, aber ich konnte mir nicht vorstellen, was er schlimmes verbrochen haben sollte.
Seine Augen waren für mich am einprägsamsten. Sie waren so dunkel wie die See in der Nacht und ich überlegte, welche Geheimnisse sie wohl verbergen mochten. Ob es nur mir so ging oder ob er auf andere auch diese Wirkung hatte?
Ich fand ihn jetzt schon auf eine Art und Weise interessant, die ich nur schwer beschreiben konnte, aber ich glaubte nicht, dass ich den Mut aufbringen könnte, einfach auf ihn zuzugehen und in ein Gespräch zu entwickeln. Seinem Ruf nach würde er mich wahrscheinlich zusammenfalten wie eine Pappschachtel und nein, darauf hatte ich nicht wirklich Lust. Also beschloss ich, dieses Thema vorerst ruhen zu lassen und mich auf wichtigere Dinge zu konzentrieren, und eines dieser Dinge war, noch meine Sachen aus meinen Umzugkartons zu räumen.
Wir waren erst vor ein paar Tagen nach Seoul gezogen. Mein Vater hatte ein besseres Jobangebot bekommen und da dieses nicht auch für Busan galt, mussten wir also unseren Wohnort wechseln. Vorher war ich noch nie umgezogen und Hoseok genauso wenig, weswegen es sich als schwierig gestaltete. Schließlich dauerte es auch etwas von Busan bis nach Seoul und da ich die schlechte Angewohnheit hatte, wenn ich zu lange untätig rumsaß, bald an die Decke zu gehen, war die Fahrt dementsprechend anstrengend gewesen.
Stöhnend hievte ich mich also wieder von meinem viel zu bequemen Bett auf begab mich zu den ganzen Kartons, die ich mit einem vernichtenden Blick betrachtete. Leider wusste ich, dass mir das nicht helfen würde, dass sich diese Kartons von selbst ausräumten, und so musste ich dann doch selbst auspacken, verlor aber genauso schnell wieder die Lust daran, sodass ich gerade mal zwei von diesen blöden Dingern leer bekam.
Immerhin besser als nichts., war mein Gedanke und nachdem ich mir den Staub abgeklopft hatte. Hätte ich gewusst, dass umziehen so dreckig sein konnte, hätte ich nicht am Morgen geduscht, also rannte ich noch ins Bad, um wenigstens die Staubschicht von meinem Körper zu bekommen und danach verkroch ich mich auch schon in meinem Bett, da der morgige Tag bestimmt nicht einfach werden würde.

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War diese Schule unendlich groß?!
Seit einer gefühlten Ewigkeit streifte ich jetzt schon durch die Gänge und suchte den Raum, in dem ich jetzt Unterricht haben sollte.
Biologie stand auf dem Plan, und da wir für dieses Fach ein eigenes Labor hatten, mussten wir dementsprechend von A nach B pilgern. In meinem Fall eher von A über T und dann über D bis nach B.
Taehyung meinte zu mir, als wir noch im Klassenraum standen, dass ich schon einmal vorgehen sollte, er würde gleich nachkommen, und ich Penner glaubte ihm das auch noch.
So war ich also auf mich allein gestellt und hatte keine Ahnung, wo ich eigentlich genau hin musste. Dann fiel mir ein, dass ich noch diesen Zettel mit meinem Stundenplan drauf dabei hatte, auf dem auch die dazugehörigen Räume standen und ich zog meinen Rucksack nach vorn, um ihn herauszukramen. Doch das war eine ganz blöde Idee, denn dadurch war ich so unaufmerksam, dass ich volle Kanne gegen irgendjemanden rannte, aufgrund des Aufpralls nach hinten fiel und auf meinem Hinterteil landete.
'Au!', entfuhr es mir und mit einem gequälten Gesichtsausdruck rieb ich mir meinen schmerzenden Hintern.
'Yah, kannst du nicht aufpassen?!'
Erschrocken über die plötzlich so laute Stimme sah ich auf und mein Herz sackte mir in die Hose. Vor mir stand niemand geringeres als den, den sie als Monster bezeichneten – Min Yoongi, wenn es sich dann um ihn handelte, der mich mit wütenden Augen anfunkelte.
Ich musste zugeben, dass seine Stimme einen schönen Klang besaß, auch, wenn er mich mit ihr gerade so anherrschte.
Vollkommen aus der Bahn geworfen brachte ich keinen einzigen Satz zustande sondern sah einfach nur stumm zu ihm auf.
Sein Blick durchbohrte mich förmlich und ich schluckte. Seine Augen wirkten dunkler, als sie ohnehin schon waren und mein Herz schlug mir zum Hals. Was würde er jetzt tun?
'Ah, verzeih bitte!', vernahm ich Sekunden später eine Person hinter mir 'Er ist noch neu hier und hat keine Ahnung. Es wird nicht wieder vorkommen.'
Yoongi guckte über mich hinweg und auch ich drehte mich perplex um und erblickte Taehyung, der mir zur 'Rettung' kam, wie er es später nennen würde. Er rannte auf uns zu und verbeugte sich bei seinen Worten mehrmals ehrfürchtig.
Yoongi sagte nichts mehr, sah mich nur für einen kurzen Moment noch an, ehe er seine Augen nach vorne richtete und an mir vorbeiging.
Seine Präsenz verschwand mit jedem Meter, den er sich von mir entfernte und ich traute mich wieder zu atmen. Seine Ausstrahlung war unbeschreiblich. Sie umhüllte ihn wie dicker, wabernder Nebel, versperrte einem die freie Sicht auf ihn und man konnte nur vermuten, was hinter dieser Nebelschwade lag.
'Jimin! Hast du keine Augen im Kopf?', unsanft riss Taehyung mich mit seiner dröhnenden Stimme aus meinen Überlegungen und holte mich in die Wirklichkeit zurück.
Er hatte nach meinem Arm gegriffen und half mir gerade auf – ich hatte ja überhaupt nicht bemerkt, dass ich immer noch auf dem kalten Boden saß und ließ mich erst los, als ich wieder stand.
Du kannst froh sein, dass dir nichts passiert ist!', ermahnte er mich und hob belehrend seinen Zeigefinger.
'Schrei doch nicht so, ich bin icht taub.', konterte ich daraufhin und verschränkte meine Arme vor der Brust.
'Man Jimin.', seufzend fasste er sich an den Kopf 'Wenn du so weitermachst, wirst du hier noch vor die Hunde gehen. Versuch einfach..', er fuchtelte wild mit den Armen in der Luft herum 'nicht aufzufallen.'
'Verstanden.', versprach ich ihm, doch ich hatte noch eine Frage 'Ist er immer so?'
Taehyung seufzte nur.
'Er ist jedenfalls bekannt dafür, dass man nur schwer mit ihm zurechtkommt.', meinte er und sah sich um 'Wie auch immer, lass uns zum Labor gehen.'
Ich nickte und folgte ihm auf dem Fuß, da ich vermeiden wollte, dass mir sowas wie eben gerade noch einmal passierte, darauf konnte ich nämlich getrost verzichten.

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'Hoseok, muss ich wirklich mit?', jammernd lief ich neben ihm her und versuchte, mich aus der unangenehmen Situation zu ziehen.
'Ich bestehe darauf!'
'Aber was ist, wenn sie mich nicht mögen?'
Es ging gerade darum, dass Hoseok mich jetzt, in der Pause, seinen 'neuen Freunden', wie er sie nannte, vorstellen wollte. Eigentlich war ihm klar, dass ich nicht auf Fremde zugehen konnte, aber dafür war, seiner Meinung nach, ja er da.
Mit einem Mal blieb er stehen und auch ich machte Halt.
'Hey, die sind alle voll in Ordnung, du musst sie nur kennen lernen.'
'Na gut na gut.', gab ich nach, woraufhin er mein Handgelenk packte und mich grinsend mit sich zog. Das würde wohl meine Feuertaufe werden und Hoseok war in vielen Dingen unnachgiebig, ergo würde er mich nicht so einfach davonkommen lassen.
Während wir so weiter in die Cafeteria gingen, dachte ich darüber nach, was im Labor passiert war.
Nachdem Taehyung mich dort hingeführt hatte, begaben wir uns direkt hinein und ich setzte mich neben ihn in die hinterste Reihe.
Unser Lehrer hielt uns gerade einen Vortrag über das Immunsystem und wie es funktionierte, doch das war nebensächlich, weil Taehyung meine Aufmerksamkeit auf sich zog, da er angefangen hatte an dem menschlichen Skelett, was in einer Ecke des Raumes stand, rumzuspielen und zwar so lange, bis das Ding laut klappernd in sich zusammenfiel und alle irritiert ihren Blick zu ihm wendeten. Ihm war es anzusehen, dass es ihm mehr als peinlich war, doch unser Biolehrer war die Ruhe in Person und nahm Taehyungs 'Störung' ganz gelassen, sodass er ohne eine Strafe davonkam. Ich hatte mich natürlich darüber kaputt gelacht, wofür ich von Taehyung ein gespieltes Weinen und Schmollen zur Schau gestellt bekam und ich nur noch lauter lachen musste, weswegen meine Mitschüler noch einen zweiten Blick nach hinten warfen und ich wahrscheinlich knallrot war, weil ich mir das Lachen daraufhin so verkneifen musste, da ich es nicht drauf anlegen wollte, dass unser Lehrer MICH aus dem Raum schmeißen würde, wenn ich noch weiter wie ein Huhn gackerte.
Ja, Taehyung war doch ganz witzig und ich mochte ihn.
Die restliche Stunde verlief ohne einen weiteren Zwischenfall und nachdem die Glocke uns in die Pause entließ, eilte Taehyung aus dem Raum und ließ mich mit einem 'Wir sehen uns später ChimChim!', stehen.
Ich war minimal verwirrt wegen seinem plötzlichen Verschwinden als auch über den Spitznamen, den er mir kurzerhand verpasst hatte, aber das machte nichts, da Hoseok mich eh abholen wollte, doch er hatte mir nicht gesagt, wohin er wollte, bis zu dem Zeitpunkt, in dem ich mich jetzt befand.
Wenn ich nachdachte, war ich oftmals in meiner eigenen Welt, was der Grund dafür war, dass ich den ganzen Weg komplett abwesend gewesen war und erst realisierte, dass wir da waren, als Hoseok mich losließ und schwungvoll die große Tür, die in die Cafeteria führte, aufriss und sich alle anwesenden Augen promt auf uns richteten. Dass Hoseok auch immer so dramatisch sein musste und die Tür nicht einfach wie ein normaler Mensch öffnen konnte!
Doch er genoss die vielen Blicke und steuerte gleich auf einen Tisch zu, an dem zwei Personen saßen. Ich lief ihm hinterher, da ich auch keine Ahnung hatte, was ich sonst machen sollte und blieb neben ihm stehen, als er selbst vor dem Tisch zum Stillstand kam.
'Hi Leute, das hier ist mein Bruder Jimin.', rief er und zeigte grinsend auf mich.
'Hey, ich bin Namjoon, Hoseok hat uns schon so einiges von dir erzählt.', freundlich lächelnd reichte mir der Schwarzhaarige seine Hand, die ich sofort schüttelte.
'Ich hoffe nur Gutes.', nuschelte ich und richtete meinen Blick gen Fußboden.
'Hey ja, ich würde nie etwas schlechtes über dich erzählen!', rief Hoseok empört und schlug mir spielerisch gegen den Hinterkopf.
'Ich bin Jungkook.', stellte sich der Junge, der direkt neben ihm saß, vor und ich musste zugeben, dass er echt eine Augenweide war.
Dass ich schwul war, wusste ich erst seit einer Weile, jedoch war mir vorher das Ein oder Andere aufgefallen, was darauf schließen ließ. Zum Beispiel verbrachte ich meine Zeit viel lieber mit Jungs und himmelte auch eher K-Pop-Sänger als Sängerinnen an. Klar hatte ich es mal mit einem Mädchen versucht, doch als ich sie geküsst hatte, verspürte ich rein gar nichts. Ok, bis auf einen Würgereiz gar nichts. Seitdem versuchte ich es nicht mehr mit ihnen und blockte jeden Versuch von einem Mädchen, mir näherzukommen, ab.
Hoseok hatte mein Geständnis, dass ich schwul war, mehr als locker aufgenommen, denn er selbst war bisexuell und hatte auch schon die ein oder andere Beziehung mit Vertretern beider Geschlechter, die aber schnell wieder in die Brüche gingen, weil er sich nicht gerne einengen ließ.
Ich für meinen Teil hatte noch keine Beziehung, weil es niemanden gab, an den ich mich hätte binden wollen. Und weil ich bis jetzt noch keine Gedanken an eine Partnerschaft verschwendet hatte.
Ich setzte gerade an, um noch etwas auf die Begrüßungen zu erwidern, doch Namjoon unterbrach mich kurzerhand.
'Wir warten noch auf jemanden.', suchend scannte er daraufhin den Raum ab und anscheinend wurde er auch fündig, denn seine Augen wurden mit einem Mal groß und er fing an zu lächeln, während ich herannahende Schritte hinter mir hörte.
'Ah, da kommt er ja. Jimin, darf ich vorstellen, das ist-'
'Min Yoongi.'

The MonsterWo Geschichten leben. Entdecke jetzt