What is this what you do to me?

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Endlich brach das Wochenende an. So langsam schaffte ich es zwar, mich in meiner Klasse einzuleben, aber das änderte nichts daran, dass ich mit den wenigsten Kontakt hatte, auch wenn die Mädchen mir immer zuckersüße Lächeln schenkten, wenn sich unsere Blicke mal kreuzten.
Jedenfalls verabredete ich mich mit Tae schon für heute, da seine Familie kurzerhand entschieden hatte, am Samstag seine Großeltern zu besuchen und da konnte er keinen Widerspruch gegen einlegen. Aus diesem Grund kam er auch gleich nach der Schule mit zu mir und wir gingen zusammen mit Hoseok zurück.
'Du bist also Taehyung.', stellte er fest und besah sich meinen neuen Freund eindringlich, während ich in der Mitte lief und die beiden jeweils rechts und links von mir.
'Das ist korrekt.', gab Angesprochener zurück, blickte aber weiterhin nach vorne.
Abwechselnd sah ich zwischen ihnen hin und her. Ich wollte, dass sie sich verstanden, da ich Taehyung mochte, doch Hoseok konnte bei der Wahl meiner Freunde strenger sein als unsere eigene Mutter, denn er wollte vermeiden, dass ich mich mit den falschen Leuten umgab, um nicht auf die falsche Schiene abzudriften und es funktionierte sogar, auch wenn ich selbst mit solchen Leuten nicht unbedingt Kontakt haben wollte, und so hoffte ich, dass er merken würde, dass Taehyung mehr als in Ordnung war, wenn auch vielleicht ein wenig eigen.
'Und du kennst Jimin, weil ihr in dieselbe Klasse geht.'
Es war keine Frage, sondern eher eine Feststellung. Hoseok begutachtete ihn gerade wie ein Pferd, welches man zum Verkauf angeboten hatte, und versuchte, auch nur jeden kleinsten Makel ausfindig zu machen. Und es nervte mich.
'Yep.'
Seine Antwort fiel kurz aus, und nach Hoseoks geschürzten Lippen und hochgezogener Augenbraue nach zu urteilen, zu kurz.
'Und was machst du so in deiner Freizeit?'
Jetzt reichte es mir.
'Yah, hör auf ihn so auszuquetschen, das ist unhöflich!'
Ich konnte mich nicht weiter zurückhalten – meine Menschenkenntnis war nicht die schlechteste und da brauchte ich niemanden, der beurteilen musste, ob diese oder jene Person gut für mich war oder nicht.
Meinen Kopf hatte ich in Hoseoks Richtung gewandt, und mein Ausruf schien ihm nicht zu schmecken, denn sein Blick verfinsterte sich und er presste die Lippen aufeinander. Egal, wie sehr wir uns auch als Brüder liebten, er hasste es, wenn ich ihm widersprach, in dem Fall stand er unserer Mutter in nichts nach.
'Ist schon gut, ich kann verstehen, dass er so viele Fragen hat, schließlich bist du sein Bruder und da macht er sich Sorgen um dich.'
Nun war ich baff, und nicht nur ich, wie ich mit einem erneuten Blick zur Seite feststellen konnte. Auch Hoseok sah ihn überrascht an – keiner von uns hatte Taehyung so eine diplomatische Aussage zugetraut – und wir wussten auch beide nicht, was wir dazu sagen sollen.
'Das ist..', ergiff Hoseok aber nun doch das Wort, da die Stille, die nach Taehyungs letzter Äußerung eingetreten war, so langsam länger und länger wurde, und räusperte sich noch einmal 'schön, dass du es verstehst.'
Taehyung wandte sich ihm daraufhin nur zu und schenkte ihm ein Lächeln, was zum Glück dafür sorgte, dass sich die Situation auflockerte.
Innerlich atmete ich auf. Es wäre schwierig geworden, hätten sich die beiden nicht verstanden, doch dass Taehyung eingelenkt hatte, schaffte diese Problematik jetzt aus der Welt und doch betete ich dafür, dass es kein zweites Mal vorkommen würde.


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'Taehyung, kann ich dich was fragen?'
Mein Vater hatte sich – zu meiner Freude – gestern noch um mein Zimmer gekümmert und es soweit aufgebaut, dass es schon fast 'normal' aussah, so, als würden wir hier schon eine Ewigkeit wohnen. Gleich nachdem ich mit Taehyung und Hoseok angekommen war, verdrückten ersterer und ich uns in mein Zimmer, damit wir endlich das, was wir uns fürs Wochenende vorgenommen hatten, in die Tat umsetzen konnten.
Sein Blick klebte weiterhin am Fernseher fest, als er sprach.
'Natürlich.'
Ich hatte durch ein Kabel meinen Fernseher mit dem PC verbunden, auf dem wir die neueste Staffel von The Walking Dead sehen konnten und gerade lief eigentlich eine Szene, in der man hätte mitfiebern sollen, denn einer der Protagonisten saß in der Klemme und es sah so als, als wenn er keine Fluchtmöglichkeit mehr und sein letztes Stündlein geschlagen hätte, aber wie es nun einmal des Öfteren der Fall war, machten meine Gedanken sich selbstständig und entwickelten sich mit jeder Minute, die verstrich, weiter.
Hoseok hatte noch Namjoon zu uns nach Hause eingeladen, was mir ganz recht war, denn so ließ er wenigstens mich und Taehyung in Ruhe und ich wollte auch nicht, dass die beiden meine Frage, die ich meinem Gast in wenigen Augenblicken stellen würde, mitbekamen.
'Kann es sein, dass du Yoongi persönlich kennst?'
Ich war mir nicht sicher, wie ich die Frage anders hätte formulieren sollen. Einerseits wollte ich schon genauere Auskunft haben, aber andererseits wollte ich Taehyung mit meiner Frage auch nicht zu nahe treten, denn ich erinnerte mich an Yoongis Reaktion, als ich Taes Namen in seiner Gegenwart verwendet hatte.
Und jetzt war es soweit, dass er seine Aufmerksamkeit von dem Fernseher auf mich verlagerte und der Blick, mit dem er mich bedachte, war – mild ausgedrückt – unheimlich. Unruhig rutschte ich auf meinem Bett ein wenig hin und her, um so wenigstens etwas von meiner Fassung wiederzuerlangen, aber es war schwierig.
'Ich weiß nicht, ob ich darüber sprechen soll oder überhaupt darf. Es wäre am besten, wenn du ihn selbst danach fragst, aber ich würde dir ehrlich gesagt davon abraten.'
Der letzte Satz war bald wie ein Hammer, der mich mitten ins Gesicht traf. Was war zwischen den beiden vorgefallen, dass er mir so etwas sagte? Ich konnte es mir nur ausmalen, aber ich merkte, dass ich in einer Schlangengrube herumstach, die ich unter Umständen vielleicht doch lieber in Ruhe lassen sollte, denn sonst könnte sie mir möglicherweise noch zum Verhängnis werden. Somit beschloss ich für mich selbst, das Thema bei Taehyung erstmal nicht wieder anzusprechen und bei Yoongi wahrscheinlich auch nicht, da ich noch so einen Fauxpas von meiner Seite aus vermeiden wollte.
Ich beließ es dabei und wandte mich, so wie er ebenfalls, wieder dem TV-Gerät zu, doch die beste Szene hatten wir, wegen meiner dummen Fragestellung, verpasst, weswegen wir beide ein genervtes Stöhnen von uns gaben.


Taehyung ging relativ zeitig, da er, wie er meinte, noch ein paar Dinge erledigen musste und da ich merkte, dass ich von Sekunde zu Sekunde immer hungriger wurde, trottete ich in die Küche, um mir etwas zu essen zu suchen, wobei ich in ihr auf Namjoon traf, der am Küchentisch saß und gelangweilt auf seinem Handy herumtippte.
'Wieso sitzt du denn hier unten und bist nicht bei Hoseok im Zimmer?'
Er bemerkte erst spät, dass ich den Raum betreten hatte, blickte dann aber sofort auf und stellte das Tippen ein.
'Ah Jimin.', auf seinem Gesicht bildete sich ein Lächeln und er schob augenblicklich sein Handy in seine Hosentasche 'Hoseok ist nur kurz oben, aber er kommt gleich runter, wir wollen noch los.'
'Wohin denn?'
Da war ich ja wirklich gespannt, aber höchstwahrscheinlich war es genauso was, für mich, langweiliges wie ein Club oder eine Bar.
'Ach, nur ein bisschen um die Häuser ziehen.', beantwortete er mir meine Frage mit einem Grinsen und Zwinkern, von dem ich nicht wusste, wie ich sie deuten sollte, aber darüber dachte ich nicht weiter nach, denn wie, als hätte es darauf gewartet, brummte mein Handy, was ich die ganze Zeit über in meiner Hosentasche hatte, und schallte dazu noch laut, sodass es auch Namjoon mitbekam und ich zog es daraufhin aus der Tasche, um zu sehen, wer sich gerade gemeldet hatte.


Von: Yoongi
An: Jimin
Jishit, komm vorbei, wenn du Zeit hast und bring Kaffee mit.


War ich jetzt sein persönlicher Bringdienst?
'Namjoon was bedeutet das?', fragend wandte ich mich an den Älteren und blickte ihm hilflos entgegen, wobei ich ihm mein Handy vor die Nase hielt. Angesprochener kniff die Augen etwas zusammen, um die Nachricht wohl besser lesen zu können und sein konzentrierter Gesichtsausdruck verwandelte sich in einen amüsierten.
'Das bedeutet, dass er dich mag, Jimin. Sonst würde er dich nicht zu sich nach Hause einladen.'
Baff nahm ich mein Handy herunter und blickte nachdenklich Namjoon an. Er..mochte mich? Dieser Gedanke zauberte mir augenblicklich ein Lächeln ins Gesicht. Also fand er mich nicht grässlich oder nervtötend?
'Nebenbei, seine Nachricht heißt so viel wie, dass du kommen sollst. An deiner Stelle würde ich mich beeilen, Yoongi mag es nicht, wenn man ihn warten lässt.'
Aus meinen Gedanken gerissen blinzelte ich mehrmals Namjoon an, bevor ich mir seiner Worte und ihrer Bedeutung bewusst wurde und mein Mund sich zu einem tonlosen O verformte und meine Augen groß wurden.
'Omo!'
Ich wirbelte herum und war schon auf dem Weg nach draußen, als ich Namjoons glucksende Stimme noch ein letztes Mal hinter mir hörte.
'So ist es richtig, renn Jimin renn!'


22:35 Uhr.
Die schwarzen Zahlen auf dem hellen Display meines Handy nahmen nur minimal etwas von dem Licht, was in meine Augen strahlte und sie unangenehm brennen ließ. Bis zu Yoongi hatte ich ungefähr 20 Minuten gebraucht, plus noch einmal fünf drauf, da ich in aller Eile beinahe vergessen hatte, ihm einen Kaffee mitzubringen. Ich war wahllos in einen Coffe-Shop auf dem Weg zu Yoongi hineingerannt und hatte schnell meinen Wunsch geäußert, damit ich mindestens genauso schnell meinen Weg weiter fortsetzen konnte. Dabei gingen mir Namjoons Worte immer wieder durch den Kopf 'Das bedeutet, dass er dich mag..'.
Ich konnte nicht aufhören, über diesen Satz nachzudenken und zu schmunzeln. Es machte mich glücklich, dass das, was ich für ihn empfand, auf Gegenseitigkeit beruhte und er mich in seiner Nähe haben wollte.
Ich war so sehr mit meinen Gedanken beschäftigt, dass ich mich an den weiteren Weg nicht erinnern konnte, sondern war erst wieder bei Sinnen, als ich vor Yoongis Haustür stand und diese so ansah, als wäre sie ein Kunstobjekt, welches es sehr genau zu studieren galt. Kurz schüttelte ich den Kopf, um ein wenig klarer denken zu können. Der Becher in meiner Hand, in der sich der Kaffee befand, war immer noch warm und dampfte vor sich hin und wenn ich hier noch weiter stehen würde, wäre er innerhalb von einer halben Stunde kalt.
Deswegen betätigte ich die Klingel und hörte das Schellen, was drinnen ertönte und blieb an Ort und Stelle stehen. Zum Glück musste ich nicht lange warten, denn nach ein paar Sekunden vernahm ich auf der anderen Seite der Tür sich nähernde Schritte und Sekunden später war die Tür auch schon auf und Yoongi winkte mich nur herein.
'Schnell, es ist kalt draußen.'
Gleich nachdem er das gesagt hatte, betrat ich sein Haus und schloss die Tür hinter mir, den Becher noch immer in der Hand haltend.
Yoongi war im Wohnzimmer, wie ich schätzte, verschwunden und ich zögerte kurz, bevor ich ihm folgte. Als ich um die Ecke bog, sah ich ihn auf dem Sofa sitzen, vor ihm auf dem niedrigen Holztisch mehrere Blätter an Papier, wobei einige davon nicht mehr ihre ursprüngliche Form, sondern die einer Kugel aufwiesen, da Yoongi sie zusammengeknüllt hatte, da sie wahrscheinlich unbrauchbar waren.
Der Fernseher lief nebenbei und zeigte diverse Musikvideos, zu denen die passende Musik spielte und der Raum somit nicht in Schweigen gehüllt war, was mir recht war, da es mich beruhigte.
Für einen Moment blieb ich noch im Türrahmen stehen, ehe ich mich zu Yoongi begab und den Becher vor ihm auf dem Tisch abstellte.
'Weswegen sollte ich vorbeikommen?'
Er beantwortete mir meine Frage nicht sofort, sondern kritzelte weiterhin mit zusammengezogenen Augenbrauen auf dem Zettel herum, und fluchte leise, weil er wohl nicht weiterkam und nahm den Zettel daraufhin in die Hand, um auch diesen zu einem Ball zu formen und von dem Tisch zu schmeißen.
Er legte den Stift auf diesem ab und fuhr sich durch die Haare, wobei seine Augen geschlossen waren.
'Ich denke ein wenig Gesellschaft würde mir weiterhelfen.'
Nachdem er diese Worte gesagt hatte, lief ich zu ihm herum und setzte mich neben ihn, jedoch mit einem gewissen Abstand, denn ich wollte ihm nicht auf die Pelle rücken.
'Wobei? Hast du Probleme beim Texte schreiben?'
Er war meiner Bewegung gefolgt und seine Augen lagen noch immer auf mir, sahen mich an mit einem Ausdruck, den ich nicht zu deuten wusste. Ungefähr ein Meter trennte uns und mit einem Mal runzelte er die Stirn.
'Wieso sitzt du soweit weg? Ich beiße schon nicht, Jishit.'
Da bin ich mir nicht so sicher..
Erstaunt erwiderte ich seinen Blick und ich dachte, dass ich wie ein Fisch auf dem Trockenen aussehen musste, denn als er das anmerkte, kann ich mir doch ziemlich blöd vor und ich hätte mich selbst ohrfeigen können.
'Tschuldigung..', nuschelte ich kaum hörbar und rückte etwas näher an ihn heran, damit die Situation nicht noch komischer wurde, als sie ohnehin schon war.
Kaum saß ich näher an ihm dran, wanderten seine Augen wieder zum Tisch und betrachteten das weiße, noch unbeschriebene, Stück Papier.
'Ja, ich komme gerade nicht weiter. Ich weiß auch nicht warum, aber im Moment häuft es sich.'
Nachdenklich fokussierte er das Blatt und kaute auf der Innenseite seiner Wange herum.
Ich fing an zu überlegen, was erstens der Grund dafür sein konnte und zweitens was ihm weiterhelfen könnte.
Dann kam mir ein Einfall.
'Vielleicht musst du mal was anderes machen?'
Er war weiterhin auf sein Blatt konzentriert und wandte den Blick von ihm auch nicht ab.
'Zum Beispiel?'
Das war eine gute Frage.
'Keine Ahnung..was machst du denn sonst außer schreiben und Basketball spielen?', stellte ich die Gegenfrage, schließlich wusste ich eigentlich so gut wie gar nichts über Yoongi.
'Schlafen.'
Ok, das war nicht die Antwort, die ich mir erhofft und mit der ich gerechnet hatte.
'Ich glaube nicht, dass das unbedingt hilfreich ist..'
Zum Ende des Satzes hin wurde ich leiser, da ich mir schon wieder dumm vorkam. Konnte ich mich denn nicht normal aufführen? Nur einmal?
'Egal.', er drehte sich zu mir herum, rutschte ein wenig zu der seitlichen Lehne des Sofas, streckte seine Beine aus und verschränkte die Arme hinter dem Kopf.
'Erzähl mir was über dich, vielleicht lenkt mich das etwas ab.'
Bitte? Ich sollte etwas über mich erzählen?
'Was denn?', wollte ich von ihm wissen und blickte ihn fragend an, woraufhin er nur mit den Schultern zuckte.
'Irgendwas.'
Diese Aussage half mir nicht gerade weiter. Mein Leben war nicht sonderlich interessant, jedenfalls unterschied es sich nicht von dem Leben anderer. Was wollte er also hören?
'Also, ich bin in Busan mit Hoseok zusammen aufgewachsen und erst vor einer Weile hierher gezogen. Die Gegend war schön, keine Frage, und gerade Hoseok kannte dort viele Leute..'
Ich wollte noch ein wenig weiter ausholen, was Hoseok anging, doch er unterbrach mich.
'Weswegen bist du hierhergezogen?'
'Mein Vater hatte ein besseres Jobangebot bekommen, was aber nur für Seoul galt, und deswegen sind wir jetzt hier.'
Er zog eine Augenbraue hoch.
'Aha? Gefällt es dir denn wenigstens hier?', fragte er mich und ließ mich dabei keine Sekunde aus den Augen.
'Es ist ganz ok hier, ich muss mich nur noch etwas eingewöhnen.', erwiderte ich schulterzuckend und sah im Raum umher. Dass er seinen Fokus so auf mich legte, und ich auch ausnahmsweise mal normal mit ihm sprechen konnte, war komisch.
Auf einmal wurden seine Augen groß und ich meinte, gesehen zu haben, wie etwas in ihnen aufblitzte.
'Ich hatte gerade einen Einfall!'
Schwungvoll drehte er sich herum, wobei er seine Füße wieder auf den Boden abstellte und sein Stift flog nur so über das Papier, als er seine Gedanken festhielt.
'Du solltest öfter vorbeikommen, wenn ich mit dir rede, fallen mir gleich tausende von neuen Sachen ein.'
Bei seinem Satz griff er zu dem Becher Kaffee und nahm einen großen Schluck, wonach er ihn wieder absetzte.
'Si-sicher.'
Toll, stottern kommt natürlich immer gut, Jimin.
Wieso mussten meine Sprachkenntnisse bei ihm jedes Mal aufs Neue wieder versagen? Ich klang bald so, als hätte ich ein Fischstäbchen im Mund, wenn ich mit ihm sprach und ich war nur dabei, mich zu bla-
'Du bist süß.'
Moment. Wie bitte?
'W-was?'
Hatte er das gerade wirklich gesagt? Unmöglich, es war Min Yoongi, DER Min Yoongi, der solche Dinge niemals sagte. Ich musste mich verhört haben, etwas anderes war nicht möglich.
'Ich habe gesagt, dass du süß bist.'
Ok, ich hatte mich doch nicht verhört.
Ich musste knallrot wie eine Tomate anlaufen, denn ich spürte, wie mir gefühlt mein gesamtes Blut in den Kopf schoss.
'Danke..schätze ich?'
Gott Jimin, was ist denn bitte mit dir los?! Er hat dir nur gesagt, dass du süß bist, sowas tun Freunde nun mal untereinander. Doch waren wir das? Freunde? Konnte man das wirklich schon nach einer so kurzen Zeit behaupten?
Aber das einmal außer Acht gelassen, wieso freute ich mich dann so über seine Worte?
Ich entschied mich dafür, nicht weiter darüber nachzudenken, sondern mich wieder ganz Yoongi zu widmen, der in der ganzen Zeit kein einziges Mal von seinen Blättern aufgesehen hatte, sondern in Ruhe weiter auf ihnen rumschrieb und Dinge notierte.
Bei seinem Satz, der mich so aus der Fassung brachte, hatte er nicht vom Papier aufgesehen, beinahe so, als hätte er das eben mal so nebenbei geäußert. Als wäre das, was er gesagt hatte, keine große Sache gewesen.
Wusste er eigentlich, wie sehr er mich damit in Verlegenheit gebracht hatte? Aber ihm schien das herzlich egal zu sein, dass er schrieb ohne Pause weiter auf seinem Zettel rum und ich hob meine Beine hoch auf das Sofa, setzte mich in den Schneidersitz und beobachtete ihn, wie er konzentriert seiner Tätigkeit nachging. Noch immer lief die Musik leise im Hintergrund und beschallte den Raum, doch das bekam ich lediglich nebenbei mit, denn ich war viel zu sehr damit beschäftigt, Yoongi anzustarren.
Von der Seite sah er genauso gut aus wie von vorne und ich nahm mir die Zeit, um sein Seitenprofil genauer zu studieren.
Wieso realisierte ich erst jetzt, dass er so ein perfektes Gesicht hatte? Seine Haut war rein, seine Wangenknochen etwas ausgeprägter und seine Augen wirkten im ersten Moment zwar müde, aber sie konnten auch den puren Hass ausstrahlen, wie ich später noch die Erfahrung machen sollte. Unter der Beanie, die er auf dem Kopf trug, und die mir erst jetzt ins Auge sprang, schauten einzelne Haarsträhnen heraus und glänzten im Licht der Lampe, die auf dem Beistelltisch neben dem Sofa stand.
Trotz seiner teilweise kalten Ausstrahlung wirkte er so ruhig, dass er auf mich gar nicht wie ein Monster wirkte, so wie es die anderen Schüler zu mir meinten, und dennoch hatte ich Respekt vor ihm, denn ich wusste nicht, zu was er eventuell fähig sein konnte, und doch faszinierte mich sein Anblick.


Wir saßen lange so auf dem Sofa. Er schrieb weiter an seinen Texten, während ich ihn beobachtete und erst, nachdem mein Handy nach mehreren Stunden klingelte und Hoseok mich fragte, wann ich denn nach Hause kommen würde, wurde mir klar, wie viel Zeit verstrichen war.
'Omo, es ist schon so spät, meine Eltern werden mich umbringen!'
Panisch sprang ich vom Sofa auf und blickte aufgeregt zwischen meinem Handy und der Uhr über dem Fernseher hin und her, so als würde mir mein Telefon nur einen blöden Streich spielen und mir die Uhr die richtige Zeit verraten, doch leider wurde meine Bitte nicht erhört und die beiden teilten sich exakt die gleiche Stellung der Uhrzeiger.
Yoongi blickte mich aber nur verständnislos an, was ich dann bemerkte, als mein Blick kurz zu ihm huschte.
'Ich würde dir ja vorschlagen, hier zu schlafen, aber ich denke, dass das nicht unbedingt die beste Idee ist.'
Ich wollte etwas dazu sagen, doch er sprach sofort weiter.
'Notfalls sagst du einfach, dass ich dich aufgehalten habe.'
Jetzt blieben mir die Worte im Hals stecken. Das würde er wirklich auf sich nehmen, auch, wenn Hoseok ihm vielleicht den Kopf abreißen würde?
'Ich bring dich noch zur Tür.'
Langsam stand er vom Sofa auch und lief an mir vorbei zur Tür, durch die ich vor ein paar Stunden hineingekommen war und ich folgte ihm. Er machte vor ihr Halt und öffnete sie mir, wobei er selbst zur Seite trat, damit ich mich auf den Rückweg machen konnte.
'Jishit.'
Gerade, als ich die Wohnungstür durchschritten hatte, sorgte seine Stimme hinter mir dafür, dass ich mich noch einmal zu ihm umdrehte und ihm fragend entgegensah.
'Ja?'
Seine Augen gaben mir keinen Aufschluss darüber, was er gerade denken oder fühlen mochte, doch das mussten sie auch nicht, denn Sekunden später teilte er es mir anders mit.
Er hatte sich sein Beanie vom Kopf gezogen und sie mir einen Moment später auf den Kopf gesetzt. Irritiert sah ich ihm dabei zu, wie er sich wieder entfernte mit den Worten 'Damit du nicht frierst, es ist kalt draußen.', und dann schloss sich auch schon die Tür und ließ mich allein in der Dunkelheit stehen.
Ich hatte keinen Plan, was ich davon halten sollte. Er war mir eben so nah gekommen, dass ich, zugegebenermaßen, etwas Angst bekam, doch diese war nicht berechtigt. Das, was er getan hatte, war eine freundschaftliche Geste gewesen, eigentlich etwas völlig legitimes, was nun normal zwischen zwei Menschen war, die sich verstanden...doch warum schlug dann mein Herz so schnell?

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