»Chapter Sixteen

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Nachdem das letzte Wort meine Lippen verlassen hatte, breitete sich eine Stille aus. Nicht nur im Wagen, sondern auch in mir drin. Ich hatte alles preisgegeben. Hatte mich geöffnet. Mir all den Schmerz von der Seele geredet.

Und ich fühlte mich erstaunlich gut. Es war eine befriedigende Stille, nichts unangenehmes oder gar peinliches. Ich hatte nicht das Gefühl, als dass ich mich schämen müsste.

Ich senkte den Blick und betrachtete meine Arme. Die Dunkelheit, die um mich herum herrschte verbarg die Details, die meine Haut zierten, doch sie waren da. Natürlich waren sie es.

Aber plötzlich, wie aus dem Nichts, störten sie mich nicht mehr. Vielleicht lag es daran, dass ich meine Arme in diesem Moment als ganz normal ansehen konnte, oder an der Tatsache, dass ich gerade einem fremden Menschen meine Lebensgeschichte erzählt hatte, aber irgendetwas veränderte sich in diesem Augenblick.

In diesem unbedeutenden Moment in Aidens stehengebliebenen Auto am Waldrand.

"Ich glaube, ich kann mir denken, was danach passiert ist", flüsterte Aiden.

Ich schluckte. "Ab diesem Zeitpunkt verbrachte ich die nächsten 2 einhalb Jahre im Keller. Ich bekam kein Sonnenlicht zu Gesicht, hungerte und litt. Es hat mich depressiv gemacht. Wenn Menschen monatelang kein Sonnenlicht erblicken, verfallen sie in die Depression. Ich habe gekämpft, so lange, bis ich nicht mehr konnte. Es hat mich kaputt gemacht, Aiden. 30 Monate lang wurde ich jeden Tag gefoltert, beleidigt und gedemütigt. Und das von meinem eigenen Stiefvater."

Ich hörte Aiden ausatmen. Ich wusste nicht, was gerade in ihm vorging, was er dachte, wie er sich fühlte, aber ich wusste dass ihn meine Erzählung mitleiden ließ.

"Weißt du, was das Schlimmste an der ganzen Sache war?", flüsterte ich leise in die Stille, während eine Träne still meine Wange runterfloss. "Es waren nicht mal die Peitschen, oder der körperliche Schmerz. Vielmehr war es das Gefühl, wehrlos zu sein. Es aktzepieren zu müssen, etwas so Schreckliches, obwohl man es nicht möchte. Es waren schreckliche Zeiten, Zeiten, die ich am liebsten aus meinem Kopf löschen würde. Aber ich kann es nicht. Egal was ich tue oder versuche, die Erinnerung wird immer bleiben. Es sind nicht die Narben die man sieht die am schlimmsten sind."

"Es tut mir leid, dass ich nachgehakt habe. Ich hatte ja keine Ahnung, dass..." Aiden brach ab. Er konnte es nicht sagen.

Ich zuckte mit den Schultern. "Wie denn auch? Niemand würde so etwas erwarten."

"Das stimmt. Das würde niemand. Wie geht es dir? Jetzt, wo Steve wieder da ist und du... Oh mein Gott."

"Was?", fragte ich verwirrt.

"Steve und Mr. Lee. Stecken die etwa unter einer Decke? Deswegen warst du so wird den Wind, als du die beiden zusammen in Lees Büro gesehen hast? Lee hat mich angelogen!"

Ich nickte, fühlte mich plötzlich dumm, dass ich Aiden verdächtigt hatte, auch etwas mit dem Gbazen zu tun zu haben. "Steve ist hier um mich wieder mitzunehmen."

"Als ich die beiden zusammen gesehen habe, meinte Mr. Lee, er habe Steve angerufen, weil er etwas gefunden hätte, dass er wollte. Was es war konnte ich nicht mehr hören, aber das... weiß ich jetzt ja. Als ich Mr. Lee später auf den Mann ansprach, sagte er zu mir, dass er ein entfernter Verwandter von dir und Mr. Lees alter Freund sei."

"Tja, dass mit dem alten Verwandter stimmt nicht ganz, und dass er ein Freund von Mr. Lee ist, wusste ich nicht. Natürlich nicht. Sonst wäre ich schon längst über alle Berge."

"Wir schaffen, das schon irgendwie, Leah. Du bist nicht allein. Du hast mich, Violett und Tommy. Und Jamie. Und... dieser andere Kerl da."

"Jerome", half ich ihm auf die Sprünge.

"Genau. Jerome."

In diesem Moment klingelte ein Handy. Es war meins. Ich hatte ganz vergessen, dass ich das Ding immer noch bei mir trug.

Hastig fummelte ich es aus meiner Tasche und sah Jamies Namen auf dem Display.

Ich nahm seinen Anruf an. "Jamie?"

"Leah!", rief er sofort. "Wo bist du? Ich warte schon seit Ewigkeiten! Du wolltest vor maximal drei Stunden schon Zuhause sein und das ist bestimmt schon das 12. Mal dass ich dich anrufen."

Meine Augenbrauen wanderten in die Höhe. "Ganz ruhig, mir geht es... gut." Und das war nicht einmal gelogen. Ich fühlte mich wirklich gut. In irgendeiner Art und Weise. "Ich hab die Zeit vergessen, tut mir leid."

"Wo bist du? Soll ich dich abholen?" Jamies Stimme überschlug sich. Ich konnte die Wut und Angst herraushören, aber auch Erleichterung.

"Danke, nein. Warte nicht länger auf mich, Jamie. Ich komm bald nach Hause."

"Wann ist bald?"

"Na bald eben."

"Leah..."

"Hör zu, Jamie, ich weiß nicht wann, aber ich komme wieder, mach dir keine Sorgen. Dazu gibt es keinen Grund, hörst du?", versuchte ich ihn zu beruhigen.

"Wo bist denn überhaupt und warum brauchst du so lange?", fragte Jamie.

Ich warf Aiden einen raschen Blick zu, doch der starrte gedankenverloren aufs Steuer und schien meinen Blick gar nicht zu bemerken.

"Ich weiß nicht genau wo ich bin, aber ich bin nicht allein, okay? Bei mir ist alles in Ordnung. Solltest du nicht schon längst schlafen? Es ist schon spät", versuchte ich Jamie abzulenken.

"Ich bin nicht der Einzige, der um ein Uhr morgens schlafen sollte!"

"Es gibt keinen Grund, dir Sorgen zu machen, Jamie. Mir geht es wirklich gut. Es ist alles in Ordnung."

"Okay. Komm bald heim, hörst du?", gab er sich schließlich geschlagen.

"Ja. Mach ich. Bis später." Noch bevor Jamie etwas erwiedern konnte, legte ich auf.

"Tut mir leid wegen der Unterbrechung. Wo... Wo waren wir?"

Aiden antwortete nicht. Stattdessen blickt er immer noch stur gerade aus und regte sich nicht.

"A-aiden? Ist alles okay?"

Doch er regte sich immer noch nicht. Verwirrung überkam mich.

Ich streckte den Arm aus und berührte ihn am Arm, um ihm zu signalisieren, dass ich immer noch neben ihm saß. "Hey, Ai-"

Blitzschnell drehte Aiden sich in meine Richtung und ehe ich mich versah drückte er seine Lippen gegen meine.

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:))))

Wie wärs eigentlich mal mit nem Special über Leahs Flucht? Nur wenn ihr wollt (:

Amy x.

MineWo Geschichten leben. Entdecke jetzt