»Chapter Four

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"Wolltest du mich gerade bestehlen?", wiederholte Jamie seine Frage. Mit einer schnellen Bewegung hatte er die Einkaufstüte über den Boden rutschen lassen, sodass sie an der Wand stehen blieb.

Betreten senkte ich den Kopf und ließ den Geldbeutel mitsamt Geld unauffällig zurück auf den Tisch fallen.

"Ich deute das als 'Ja'", fuhr Jamie fort, trat auf mich zu. Verdammt, warum muss seine Stimme so kalt und abweisend klingen?

Ich war dumm und leichtsinnig, ja, aber er sollte es mir nicht unter die Nase reiben, mit diesem Blick, dieser Tonlage...

"Du brauchst also Geld?"

Ich nickte. "Ja."

Wäre es jetzt angemessen mich bei ihm zu entschuldigen? Zögerlich hob ich den Blick vom Boden.

Sein Gesichtsausdruck wirkte völlig gleichgültig, war in irgendeiner Art und Weise kalt, aber auch etwas enttäuscht.

Shit, shit, shit.

"Weißt du, anstatt mich zu beklauen, hättest du mich auch einfach danach fragen können. Hättest du mich drum gebeten, hätte ich dir welches gegeben."

Ich antwortete nicht.

"Was hättest du mit dem Geld gemacht?"

Ich seufzte. "Kleidung und Sachen für die Schule gekauft."

Jamies Gesichtszüge  wurde tatsächlich weicher. "Leah, du hättest mich fragen sollen. Klauen ist keine Lösung."

"Du warst nicht da", verteidigte ich mein Verhalten, obwohl ich wusste, dass ich Scheiße gebaut hatte. "Es tut mir leid", rutschte mir dann doch raus.

Jamie winkte ab. "Lass gut sein, Ley."

"Nenn mich nicht so", knurrte ich und zog mir unauffällig die Ärmel des Pullovers über die Hände. "Nie wieder."

Doch er verdrehte nur die Augen. "Was bist du denn so empfindlich? Und überhaupt, hast du irgendwie Krater am ganzen Körper oder warum zeigst du nie Haut?"

Oh, keine Krater, Kleiner. Es ist schlimmer...

"Wir sollten gehen", sagte Jamie nach kurzer Zeit, in der ich einfach nur da stand und stumm vor mich hin guckte.

Ich hob den Kopf. "Wohin?"

Jamie klatschte in die Hände und schwang sich vom Sofa hoch. "Ich dachte du brauchst ein paar Klamotten und Schulsachen?"

"Ich habe kein Geld", stellte ich fest und verschränkte die Arme vor der Brust.

"Ich aber" Ein kleines Grinsen umspielte Jamies Mundwinkel. "Keine Sorge, ich zahl das für dich. Keine große Sache."

"Danke", murmelte ich. "Das ist... lieb. Aber..."

"Aber...?" Amüsiert blickte er mir entgegen.

Warum war er denn jetzt so gut drauf? Ich wollte ihn gerade verdammt nochmal bestehlen!

"Ich bin verabredet", erwiderte ich knapp.

"Verabredet, hm?" Jamie verschränkte die Arme vor der Brust. "Du? Mit wem wenn ich fragen darf?"

Ich presste die Lippen zusammen. "Mit drei Leuten aus meiner neuen Schule. Sie haben mich zum Sportplatz in der Nähe der Schule eingeladen."

"Als ob."

"Das war beleidigend", feuerte ich kühl zurück und ahmte seine Position nach.

"Du weißt wie ich das meine. Warum sollten sie sich mit dir treffen wollen? Warum gehst du überhaupt hin? Du bist... so... bindungsunfähig!"

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