Eine Woche später, an einem besonders kaltem Donnerstag, stieß ich gerade rechtzeitig die Türen zum schützenden Café auf. Heute sollte es einen Schneesturm geben, weshalb ich mich extra früher zu meinem Lernplätzchen aufgemacht hatte. Dieser Winter war echt heftig.
Mit zitternden Knien ging ich zum Tresen, um mir eine Pumpkin-Spice-Latte zu bestellen. Freundlich sagte ich der Dame hinter der Verkaufstheke, was ich gerne bestellen würde, doch sie blickte mich nur trotzig an, während sie mir meinen 5 Dollarschein aus der Hand riss. Als sie dann meinen Kaffe vor mir auf den Tresen knallte, murmelte sie noch so etwas wie "eine verdammte Woche", und bediente dann mit gereiztem Blick den kleinen Jungen hinter mir.
Ich hatte keine Ahnung was ich falsch gemacht hatte, oder was in sie gefahren war. Sie schien noch jung zu sein, ich würde sie auf mitte Zwanzig schätzen. Trotzdem machte ich mich schnell auf dem Weg zu meiner gewohnten Lern-Niesche, um von ihr weg zu kommen. Ich hatte keine Lust auf irgendwelchen Ärger.
Ich zog an dem Röhrchen meines Kaffees und sah plötzlich Jake in der Niesche sitzen. Als ich ihn entdeckte, musste ich breit lächlen. Ich freute mich wirklich sehr ihn zu sehen. "Hey, Jake!", rief ich und ging lächelnd auf ihn zu. "Hey Tiana!" Auch er lächelte mir zu. Ich setzte mich geschwind und holte meine Ordner hervor, bevor ich ihn wieder ansah und mein Getränk an den Mund führte. "Bist du wieder zum Englisch lernen hier?" Er schüttelte den Kopf.
"Nein, dieses Mal nicht zum Lernen. Ich hab meinen Englischtest schon hinter mir."
"Und?"
"13 Punkte." Er lächelte stolz.
"Wow, das ist ja großartig! Herzlichen Glückwunsch!"
"Danke, Tiana."
Ich lächelte. Ich mochte die Art, wie er meinen Namen sagte.Er sah heute sogar noch besser aus, als das letzte Mal. Sein dunkles, verwuscheltes Haar war unter einem grauen Woll-Beanie versteckt, seine dunkelbraunen Augen funkelten und er war frisch rasiert. Ich erkannte es vorallem an der frischen Mischung von Rasierwasser und herbem Deogeruch, die zu mir rüberzog. Dazu stand ihm sein schwarzer V-Neck Pulli und die schwarze Hose mit den schweren Stiefeln so gut, das ich ihn am liebsten die ganze Zeit angestarrt hätte. Neben ihm kam ich mir äußerlich total fehl am Platz vor.
"Also bist du nur auf einen Kaffee vorbei gekommen? Was für ein Zufall, das man sich ausgerechnet dann sieht!" Ich freute mich wirklich sehr ihn wieder zu sehen. Als ich das letzte Mal das Café verlassen hatte, war ich so fasziniert von ihm, das ich mir einbildete, ihn meinen Namen rufen zu hören.
Verlegen kratze er sich im Nacken. "Ehm, naja, ich bin auch nicht auf einen Kaffe vorbei gekommen." Verwundert blickte ich auf die heiße Schokolade, die vor ihm auf dem Tisch stand, aber ich dachte mir nichts weiter dabei.
"Oh, was führt dich dann hier her?"
"Um ehrlich zu sein, habe ich auf dich gewartet."
"Auf mich?!" Ich versuchte nicht nach außen dringen zu lassen, wie überrascht ich war. Wieso sollte er denn auf mich warten? Und trotz all meiner Verwunderung, war ich absolut geschmeichelt. Bei dem Gedanken daran, das er auf mich hier gewartet hatte, in der Hoffnung ich würde wieder kommen, wurde mir total warm ums Herz. Das passierte mir nicht alle Tage.Er fasste sich ein Herz und blickte mich wieder an. Ich schenkte ihm mein schönstes Lächeln. Ich wollte jetzt nicht schüchtern sein.
"Ja, ich habe hier auf dich gewartet, weil ich mir dachte, dass du wieder zum lernen kommen würdest." Nun lächelte er auch.
"Und warum?", traute ich mich zu fragen und gleichzeitig hatte ich etwas Angst vor der Antwort. Was wenn er mich nur um weitere Hilfe beim Lernen beten würde? Wenn es nicht um mich ging?
"Nun...um ehrlich zu sein, habe ich mich gar nicht richtig für das Lernen bedankt. Das war wirklich sehr lieb von dir."
Ich versuchte die Traurigkeit, die sich in mir breit machte, zu ignorieren. "Ja, ich habe das gerne getan."Dann erblickte ich plötzlich den zweiten Becher, der auf dem Tisch stand. Sofort wurde ich unsicher. "Oh wartest du auf noch jemanden? Ich wollte nicht stören!"
"Ich-"
"Dann sollte ich gehen", meinte ich und zwang mich zu einem Lächeln. Ich wollte nicht, dass er das Gefühl hatte, er wäre an etwas schuld. "Entschuldige, das ich mich einfach so unhöflich hier hin gesetzt habe."
"Tiana-"
Hastig packte ich meine Sachen wieder zusammen. Bestimmt hatte er ein Date mit einem Mädchen. Es war dumm von mir zu glauben, er würde nur auf mich warten. Wahrscheinlich wollte er bloß zwei Vorhaben in einem Wisch erledigen. Zum einen, sich bei mir zu bedanken...zum anderen, sein Date hier zu treffen.
Wir hatten uns erst einmal getroffen, aber trotzdem fand ich ihn so sympathisch, das es mich mehr als traurig machte ihn mit einem anderen Mädchen unterwegs zu wissen."Wir sehen uns", sagte ich und lächelte schwach, bevor ich meinen Becher ergriff und zur Tür ging. Ich würde schon ein anderes Café finden.
Ich warf noch einen unwillkürlichen Blick zur Verkauftheke, wo mich die junge Verkäuferin böse angrinste. Was war bloß los mit ihr?!
Ich wandte schnell meinen Blick ab und trat hinaus. Ich vergaß, der Schneesturm.Na toll.
- lliqhtred
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- 28.08.16 um 15:06 Uhr
#originaltextWritten while listening to "Overnight" by Jake Miller ♡
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lliqhtblue
Short StoryWenn du nichts anderes mit deinen Gedanken und Inspirationen anzufangen weißt, als sie aufzuschreiben. Wenn ein Buch dein einziger Ausweg ist. - Eine Sammlung an Kurzgeschichten und Inspirationen • • • • • • • • • • • • • • • • • •...