F I F T Y | | #French&Summer

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Erschöpft hatte ich meine Freitagsschicht beendet. Mit dunklen Ringen unter den Augen drehte ich zu guter Letzt das Schloss der großen Eichentür, und machte mich stillschweigend auf den Nachhauseweg.

Mit vor Müdigkeit hängenden Schultern trottete ich die Straße entlang, als mir plötzlich das kleine Pub ins Auge sprang, in dem Sum und ich uns ausgesprochen hatten. Schlagartig musste ich an sie denken.

Es war nun genau eine Woche vergangen, und ich hatte nichts von ihr gehört. Bei diesen Gedanken an sie, zog sich, wie gewöhnlich, alles in mir zusammen. Ich vermisste sie.

Ich zückte mein Handy. 5:55 Uhr, Samstag früh. Bestimmt war sie noch nicht wach. Welcher Student war das schon?! Aber das bekümmernde Gefühl, das sich in meiner Brust ausbreitete, trieb mich dazu, es trotzdem zu versuchen. Kurzerhand wählte ich ihre Nummer.

Nach wenigen Sekunden hatte sie schon abgehoben. "Guten Morgen Fren!"
"Morgen Sum. Was machst du den schon so früh wach?" Durch den Hörer vernahm ich ihre wunderschöne Lache.

"Die Uni beansprucht mich komplett!"
"Dafür wirkst du aber ziemlich wach."
"Glaub mir, der Schein trügt. Zum Glück kannst du gerade mein Gesicht nicht sehen!" Wieder lachte sie.

"Das ist aber gerade alles, was ich möchte. Ich wollte nur sicher gehen, das du wach bist. Bis in 5 Minuten."
Ich konnte sie noch stutzen hören, aber im nächsten Moment legte ich auch schon auf.

Meine Müdigkeit war wie weggeblasen. Ganz im Gegenteil, ich war voller Leben! Der Gedanke daran, gleich die einzige Frau zu treffen, die ich je geliebt hatte, beflügelte mich in allen erdenklichen Weisen.

Auf dem Weg zu ihrer Wohnung, die übrigens in genau der entgegengesetzten Richtung lag, machte ich kurz Halt an einem Bäcker, um uns Frühstück zu kaufen. Ich besorgte uns zwei Kaffee und diese merkwürdigen, süßen Kringel, die ihr so sehr schmeckten.

Wenig später klingelte ich auch schon an ihrer Haustür. Als sie mir die Tür öffnete, klappte mir direkt die Kinnlade hinunter. Wir hatten halb 7 in der Früh, und sie sah atemberaubend schön aus.

Ihr Gesicht war frei von jeglichem Make-Up, ihre Haare hatte sie zu einem unordentlich Knoten zusammengebunden. Ein lila farbener Morgenmantel zierte ihren Körper, ihre kleinen, süßen Füße steckten in türkisenen Pantoffeln.

"Hey Fren!", strahlte sie mich durch den Türrahmen hindurch an, "komm doch rein." Komischerweise etwas schüchtern trat ich ein.

"Du musst noch total müde sein von der Schicht, ich verstehe ja sowieso nicht, wieso du hier her kommst! Eine Sekunde, ich hole dir eine Decke, dann kannst du dich etwas auf die Couch legen."

Noch während sie vor sich hinprabelte, verließ sie kurz das Zimmer, um mit einer weichen Flauschedecke zurückzukehren. "Hier", sie legte die Decke auf der Couch ab, "du kannst dich etwas hinlegen, während ich uns Frühstück-"

"Nicht nötig", schüchtern hielt ich Kaffeebecher und Frühstückstüte in die Höhe, "dafür hab ich schon gesorgt."

"Oh Fren", mit einem Lächeln, aber auch glasigen Augen, kam sie auf mich zu. "Du hast diese Tradition nie vergessen, oder?"

"Wie könnte ich jemals? Der Codex lautet: Wer als letztes nach Hause kommt, der bringt Frühstück mit. So ist es immer gewesen."

"Ja, zu Hause...", hauchte sie. Ich fragte mich, wie schnell eine Stimmung kippen konnte. Die Vergangenheit schien uns immer und immer wieder einzuholen. Nie würden wir beide den Moment, in dem sie Hals über Kopf aus meinem Leben und unserer gemeinsamen Wohnung gestürzt war, loslassen können.

Kurz wischte sie mit dem plüschigen Ärmel ihres Morgenmantels über ihre Augen, aber dann setzte sie wieder ihr schönstes Lächeln auf. Uns zu liebe. "Vielen Dank, Fren."

lliqhtblueWo Geschichten leben. Entdecke jetzt